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Rezension: 111 Gründe Wrestling zu lieben

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Published on:
01.06.2016, 15:53 
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111 Gründe Wrestling zu lieben - Eine Liebeserklärung an die großartigste Sportart der Welt ist ein relativ neu erschienenes Buch im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, die bereits andere Bücher der 111 Gründe... Serie veröffentlicht haben, darunter "...American Football zu lieben" oder "...Boxen zu lieben". Der Autor Mark Halupczok ist laut den Angaben im Buch selbst Wrestlingfan und 1975 geboren. Im folgenden wird das Buch etwas genauer unter die Lupe genommen. Ist es tatsächlich eine Liebeserklärung? Ist es ein Buch der Marke "muss man haben"? Oder doch der Marke "Trash-Abteilung"?

In der Schule habe ich einst gelernt, dass eine Erörterung mit den Kontras beginnt, doch eins sei vorweg genommen, ich fange eher mit dem positiven an, damit der Spaß am Ende folgt. Für den Leser also eine bessere Einteilung. Zudem ist dies keine Erörterung, sondern eine Rezension, die ich relativ frei halten werde.

Aber nun zum Buch selbst. Wenn man das Cover sieht, dann bekommt man schon erst einmal ein positives Gefühl zum Buch, denn die Lucha Maske erinnert etwas an den Lucha Underground Hype. Und eine Liebeserklärung ans Wrestling? Kann ja nichts schief laufen, denn was bringt uns alle hier bei CAGEMATCH zusammen? Die Liebe zum Wrestling. Und wenn man im Inhaltsverzeichnis die Gründe so durchliest, die da zum Beispiel "Weil man es auf so viele unterschiedliche Arten spielen kann" (Gut, spielen klingt auf den ersten Eindruck auch gewöhnungsbedürftig, doch man weiß, worauf es hinaus läuft), "Weil Wäscheleinen gefährlich sein können", "Weil es ein Herz für Monster hat" oder aber die Überpunkte "Legendäre Matches" und "Elf Wrestler, die man einfach lieben muss", da freut man sich auf den Inhalt.

Gleich im Vorwort schreibt der Autor dann auch etwas über die Anforderungen ans Wrestling, um so einem interessierten Leser, der Wrestling vielleicht nicht verfolgt, aber mal in das Buch reinlesen will. So schreibt er: "Die körperlichen Anforderungen [...] sind immens. Und sie steigen stetig weiter [...]. Aber im Vordergrund steht natürlich der Spaß". Eine durchaus gelungene Einleitung und man ist echt positiv gestimmt ob der kommenden knapp 250 Seiten. An dieser Stelle sei auch direkt gleich gesagt, dass sich der Inhalt sehr schnell und flüssig liest, ich selbst habe es jetzt an zwei Tagen durchgelesen, einer langen Zugfahrt sei Dank.

Dass im Wrestling-Geschäft nicht alles heiter Sonnenschein ist, verschweigt der Autor nicht. Das ist aber auch gut so, sonst wäre es eine als "Fake" (da ist das böse Wort) empfundene Lobhudelei, die jede Person, die Wrestling nicht mag, noch weiter bekräftigen würde. Ein Vorfall dabei ist die Situation um Rey Mysterio Jr. und Perro Aguayo Jr., bei der er betont, dass es ein Unfall war, auch wenn er den Grund etwas anders darstellt, als es war, und dass Unfälle im Wrestling einfach passieren können, da "trotz Absprachen und gut trainierter Athleten ein Restrisiko bleibt". Finde ich in der Form wirklich gut.

Ein letzter Punkt den ich auch hervorheben will ist der 88. Grund "Weil die Menschlichkeit steigt", bei der Halupczok, bei der er über Michael Cole spricht, der auf das kommentieren einer RAW Show verzichtet hatte, als Jerry Lawler im Krankenhaus war und lieber über dessen Gesundheit und Updates dazu gesprochen hat.

Ich glaube selbst bei den positiven Dingen liest man schon etwas heraus, dass mir in Summe dieses Buch nicht gefallen hat. Denn es gibt vieles, was auch richtig, richtig schlecht war. Sowohl der Fakt, dass man oftmals denkt, Halupczok ist doch kein Wrestling-Fan sondern jemand, der sich über den Sport lustig machen will, es sind so unglaublich viele Typos in dem Buch, dass man meinen könnte, es hat keiner noch einmal über den Text gelesen (Wer kennt nicht die größte japanische Liga NPJW?), es sind einige Fakten falsch, manche Move-Bezeichnungen möchte ich hinterfragen (Ein "Snap Suplex" sei ein in einem Zug ausgeführter Suplex, allerdings ist der "Snap Suplex" ein schnell durchgezogener, bei dem ich den Gegner nicht zwingend gesamt in die Höhe stemme, aber was weiß ich schon) und manchmal würde ich auch gerne eine Ohrfeige austeilen.

Denn als ich beim 62. Grund angekommen bin "Weil es sogar richtig ernst wird", dachte ich, jetzt geht es um Vader oder sonstige "harten Hunde" des Geschäfts. Aber nein, er spricht vom Unfall von Owen Hart, bei dem dieser tragisch ums Leben kam. Und jetzt hinterfrage ich das ganze mal sehr genau. Das Buch heißt "111 Gründe Wrestling zu lieben", ein Grund ist "Weil es sogar richtig ernst wird", und der Autor schreibt von einem Todesfall? Ist das wirklich sein ernst? Ich war nach diesem Punkt echt beinahe soweit, das Buch weg zu legen, dem Autor eine Mail zu schreiben und obwohl wir von CAGEMATCH ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen haben, zu sagen, dass wir das nicht veröffentlichen. Denn das hat mich echt zur Weißglut getrieben. Da ich auch weiß, dass ich etwas impulsiv sein kann, wollte ich natürlich die Rezension doch schreiben.

Und auch wenn es in Summe nicht gut ist, so weit unter die Gürtellinie ging es auch nicht noch einmal. Es wird nur viel ad absurdum geführt, als bei den möglichen Matches auf einmal das Ladder Match auftaucht, bei der es laut dem selbst-ernannten Wrestling-Fan um Geldkoffer, Titelgürtel, oder aber – und jetzt haltet Euch fest – um Gutscheine für die Nagelpflege geht. Wieso eine Liebeserklärung schreiben, bei der ich mich selbst über alles mögliche lustig mache? Es wird beinahe in jedem Kapitel mindestens einmal geschrieben, dass man es ruhig versuchen soll zu Hause, dabei aber doch bitte aufpassen solle.

Aus "Mad Dog Vachon" wird "Mad Dog Vahon", klar, man kann mal einen Buchstaben verschlucken, aber bei Vachon bleibt das konsequent der Fall, Hulk Hogan heißt im realen Leben auf einmal Terry Borella, die berühmte Hulkamania gab es wohl nie, denn sie heißt korrekterweise natürlich "Hulkster-Mania". Die "Sweet Chin Music" von Michael Shawn "Michaels" Hickenbottom (ja, jedes mal, wenn ein Wrestler genannt wird, ist der bürgerliche Name mit dabei), ist also eine Form des Big Boots.
Die WCW und ECW gingen 2002 baden. Moment mal, wieso gab es dann bei der Survivor Series 2001 WCW vs. WWE, wenn Vince die Liga aus Florida erst im Folgejahr kauft? Achja, er kaufte ja schon 2001 die Ligen, der Autor hat seine Fakten nur – mal wieder – nicht ordentlich recherchiert. Wobei ich auch ehrlich sagen muss, so etwas muss ich als Wrestling-Fan nicht recherchieren, so etwas weiß ich, zumindest wenn ich damals schon Fan war.

In Summe bleibt beim Leser auch folgende Quintessenz hängen:
- Das Wrestling ist gefährlich
- Die Wrestler bringen sich selbst um, weil sie Drogen nehmen
- Ein Wrestler kann nie aufhören
- Ein Wrestler bringt sich um
- Überdosis
- Tod
- Drogen

Achja, habe ich die Drogen genannt?

Ich will diese Fakten, dass gerade die Stars aus den 80ern und 90ern leider in vielen Fällen viel zu früh von uns gegangen sind, nicht widerlegen, das war nun einmal so. Allerdings verstehe ich nicht, wieso in einem Buch mit diesem Titel so viel auf den negativen Aspekten der in meinen Augen wirklich "großartigsten Sportart der Welt" (s. Untertitel des Buches) herumreiten muss und die guten Aspekte, was einen so daran fasziniert, einfach weg lässt. Gut, vielleicht mag Mark Halupczok das Wrestling nicht wirklich und will einfach nur Geld machen (Ups), oder er hat irgendwann mit den positiven Gründen angefangen und später die Lust am Schreiben verloren, aber Geld machen will er dennoch (Ups).

Meine Empfehlung: Liest dieses Buch nicht, diese Zeit bekommt Ihr nicht zurück. Leider bin ich nicht so redegewandt wie meine Kollegen der "Das könnte jetzt weh tun"-Kolumne, doch Henne und Flex würde ich sogar wirklich bitten, lest Euch das Buch durch und schreibt darüber eine Kolumne, das wird absolut hervorragend. Also die Kolumne, nicht das Buch.