This text is hidden because it is only available in German language. Please click this line if you do not care and want to view it anyway.
Mit dem Verhältnis zwischen dem amerikanischen und japanischen Wrestlingmarkt ist es so eine Sache. Zwar ist man sich den Vereinigten Staaten der potentiellen Abnehmerschicht im Reich der aufgehenden Sonne durchaus bewusst, weswegen diverse Mainstream-Promotions sich immer wieder daran versuchen japanische Stars in ihr Roster einzugliedern. Auf der anderen Seite kamen und kommen diese trotz entsprechender Bemühung selten über eine Nebenrolle im Programm der jeweiligen Liga hinaus. Neben den Unterschieden in Sprache und Kultur steht den Gästen aus Fernost dabei meist vor allem der Stilunterschied zwischen Puresco und dem entertainment-lastigen US-Mainstream Wrestling im Weg.
Dass es ein japanischer Gastwrestler es deshalb in einer US-Promotion mit nationaler TV-Präsenz zum World Champion bringen könnte, scheint deshalb in den meisten Fällen undenkbar. Ebenso dürften die meisten amerikanischen Athleten mit Bodybuilder-Figur nur selten als unbeschriebene Blätter in Fernost Fuß fassen können und versuchen sich als "Gaijin" maximal dann, wenn sie nach einem Engagement beim US-Marktführer WWE zumindest einen gewissen Werbemehrwert mitbringen können. Dass es auch von diesen beiden Regeln ihre sprichwörtlichen Ausnahmen gibt, stellte Ende des 20. Jahrhunderts jedoch ein Duo unter Beweis, deren Namen seitdem sowohl in den amerikanischen als auch in den japanischen Wrestling-Analen eng miteinander verknüpft sind: Mike Awesome und Masato Tanaka.
Schon im japanischen ECW-Pendant Frontier Martial-Arts Wrestling hatten sich Awesome, der in Japan als Gladiator antrat und Tanaka eine erbitterte Fehde geliefert, die 1998 schließlich auch auf die anderer Seite des Pazifiks überschwappen sollte. Als Awesome, der in Amerika bis dahin sowohl in der WCW als auch ECW nie über die Rolle des Jobbers hinausgekommen war, zu Extreme Championship Wrestling zurückkehrte, folgte ihm sein Rivale aus Übersee auf dem Fuße – und verdarb seinem Heimatland umgehend die Heimkehr. Nach einer Auftaktniederlage Awesomes gegen Tanaka bei Hardcore TV, für welche dieser sich umgehend mit einer Powerbomb durch einen Tisch revanchierte, verlegten die beiden ihr nächstes Aufeinandertreffen auf eine größere Bühne: Doch bei Heatwave 1998 musste sich Mike Awesome seinem Rivalen geschlagen geben und seine Rückkehr in die Staaten wohl vorerst als gescheitert verbuchen – erst Recht nachdem ihn kurz darauf eine in Japan erlittene Knieverletzung für ein knappes Jahr außer Gefecht setzte.
Zwei fatale Minuten für die Human Suplex Machine
Tanakas ECW-Aufenthalt lass sich derweil weitaus beeindruckender. Ehemaliger ECW Tag Team Champion, kein verlorenes Singles Match und als Präsent für seine Rückkehr nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in seiner Heimat nun für Anarchy Rulz 1999 Top Herausforderer auf den ECW World Heavyweight Titel von Taz, welcher in den letzten neun Monaten alle sonstigen Herausforderer auf seinen Gürtel erfolgreich aus dem Weg geräumt hatte. Während Tanaka von den Zuschauern zu seiner Rückkehr mit Luftschlangen begrüßt wurde, tauchte Mike Awesome in Begleitung von Jeff Jones, welcher sich zuletzt auf der ligaeigenen Website noch über seine mangelnde TV-Präsenz ausgelassen hatte, im Publikum auf. Taz forderte umgehend auch diesen auf am Match teilzunehmen. Einem Wunsch, dem ECW-Boss Paul Heyman nach weiteren Provokationen des World Champions schließlich nachkam.
Zunächst schien es als ob der augenscheinliche Plan des World Champions, welcher angesichts der sich mehr oder mehr verhärtenden Gerüchte über die Wechselabsichten der Human Suplex Machine zur WWF mit lauten Unmutsbekundungen der Fans begrüßt worden auf, aufgehen würde. Mit seinem alten Rivalen Awesome in der Partei schien Tanaka nämlich keinen Gedanken mehr an seinen ursprünglichen Gegner zu verschwenden, sondern empfing seinen Erzfeind schon als dieser über die Ringabsperrung schritt mit einem Flying Crossbody. Erst als der gänzlich unbehelligte Taz seinen beiden Kontrahenten hämisch Applaus spendete, drehte sich das Blatt – mit erheblichen Folgen für die Taz Machine: Für einige Moment ließen Awesome und Tanaka ihre Animositäten ruhen, gingen gemeinsam auf Taz los und konnten – zur Überraschung aller Anwesenden – den World Champion binnen zwei Minuten eliminieren.
Derweil war auch das übrige ECW-Roster neugierig geworden und versammelte sich am Ring, um zu sehen wie die beiden als Außenseiter ins Match gegangenen Herausforderer nach der neunmonatigen Regentschaft von Taz den neuen ECW World Heavyweight Champion unter sich ausmachten. Tanaka und Awesome lieferten sich derweil, die von ihnen wohl zu erwartende Schlacht – reihenweise Chairshots und zerbrochene Tische inklusive, bei der Awesome schließlich seinen Rivalen nach einer Top Rope Awesome Bomb durch einen Tisch erstmals auch auf amerikanischem Boden besiegen konnte. Zur Belohnung bekam der vom Publikum frenetisch gefeierte Rückkehrer schließlich von einem zu Tränen gerührten Taz den World Titel überreicht.
Bäumchen-wechsel-dich als Festtagsschmaus
Da Awesomes erster PPV-Herausforderer nach Titelverteidigungen über Rhino, New Jack und Mikey Whipwreck erneut Masato Tanaka sein sollte, kam es beim November to Remember 1999 zu der ungewöhnlichen Situation, dass der bisher so dominant auftretende neue ECW Champion allgemein als Außenseiter erachtet wurde. Immerhin sprachen die Zahlen allesamt für den Herausforderer: Tanaka hatte weiterhin nie Singles Match in Amerika gegen den ehemaligen Gladiator verloren, keiner hatte den Champion öfter besiegt als er und nicht zuletzt war es Awesome war es nie gelungen seinen japanischen Rivalen zwei Mal in Folge zu besiegen. Doch beflügelt von seiner jüngsten Erfolgsserie ließ sich Awesome auch von derartigen Statistiken nicht aufhalten und konnte seinen Titel nach einem Frogsplash und einer anschließenden Sit-Down Awesome Bomb vom obersten Ringseil verteidigen.
Nach zwei derart eindrucksvollen Siegen über seinen japanischen Rivalen schien der Eindruck zu entstehen, dass der ECW World seinen langjährigen Widersacher endlich überflügelt hätte. Doch genau in diesem Moment schlug Tanaka zurück. Zur Eröffnung der ECW on TNN-Ausgabe zu Heilig Abend 1999 erhielt er – erneut vor versammelten ECW-Roster - eine weitere Chance Awesome zu bezwingen. Obwohl Awesome einem Tornado DDT durch einen der längst zum Standartwerk der Paarung Tanaka-Awesome gewordenen Tische standhielt, gelang Tanaka anschließend die Sensation: Mit dem Roaring Elbow konnte er seinen Widersacher tatsächlich bezwingen und sich so als erster Japaner der ECW-Geschichte den World Heavyweight Titel umschnallen.
Selbst Awesome schien die Leistung seines Nemesis Respekt abzuringen, bot er dem neuen Champion doch im Anschluss einen Handshake an. Doch als Tanaka diesen annahm wurde er umgehend von seinem Rivalen niedergestreckt und anschließend mitsamt World Titel zum Unmut der Zuschauer per Awesome Bomb durch einen Tisch geschmettert. Dass das nächste Aufeinandertreffen der beiden daher nur eine Frage der Zeit sein sollte, lag damit auf der Hand. Tatsächlich ließen man dafür gar die geringstmögliche Zeit verstreichen: Schon eine Woche später, pünktlich zum Jahresabschluss, bekam Mike Awesome seine Revanche und setzte schon nach einer knappen Woche einen Schlussstrich unter die Titelfreuden Masato Tanakas.
Vom Dauerduell hinein ins Tag Team Chaos
Nach den rasanten Titelwechseln zwischen Heilig Abend und Neujahr blieb es in den ersten Wochen des neuen Jahrtausends zunächst verhältnismäßig ruhig um die Rivalität zwischen Awesome und Tanaka. Während letzterer kurzfristig seinem alten Tag Team Partner Balls Mahoney in dessen Kleinkrieg mit den Baldies zur Seite stand, bahnte sich auf Seiten des ECW Champions zunehmend eine Auseinandersetzung mit Rob Van Dam an. Da dieser sich jedoch kurz vor seinem Match gegen Awesome eine schwerwiegende Beinverletzung zuzog, sprang Anfang Februar einmal mehr Tanaka als Herausforderer ein. Doch obwohl Awesome dieses Mal auf die tatkräftige Unterstützung seines zuvor von Spike Dudley ausgeschalteten ständigen Begleiters Judge Jeff Jones verzichten musste, gelang es ihm einmal mehr Tanaka zu besiegen und seinen Titel erfolgreich zu verteidigen.
Damit schien der Zwist um den World Titel zwischen Awesome und Tanaka eigentlich endgültig entschieden. Dennoch sollten beide schon bald erneut aufeinandertreffen – diesmal jedoch auf komplizierterem Wege. Ausgangspunkten war zunächst ein Missverständnis zwischen Tanaka und Dawn Marie, dem ansehlichen Valet der Impact Players. Dawn unterbrach eine japanisches Interview Tanaka, da sie sich durch dessen unverständlichen Lärm gestört fühlte. Tanaka, der von Maries Schimpftirade kein Wort verstand, missinterpretierte die heißblütige Unterbrechung und drückte der Schönheit einen saftigen Kuss auf die Lippen. Ein erhebliches Missverständnis, welches die Impact Players Justin Credible und Lance Storm umgehend mit einer saftigen Tracht Prügel für den japanischen Superstar beantworteten.
Grund genug für Tanaka noch am selben Abend Tommy Dreamer, welcher sich jüngst mit seinem eigentlichen Tag Team Partner Raven überworfen hatte, in dessen anstehendem ECW Tag Team Titelmatch gegen die Impact Players beizustehen. Eine Entscheidung, welche Storm und Credible ihre Attacke gegen den Japaner wohl schnell bereuen ließ. Mit einem Neckbreaker konterte Tanaka nach nicht einmal fünf Minuten den That’s Incredible aus und sicherte sich und Dreamer anschließend mit dem Diamond Dust die Tag Team Titel. Ein Champion-Gespann, dass Tanaka über kurz oder lang auf Konfrontationskurs mit Tommy Dreamers ewigem Rivalen Raven bringen sollte – und dieser hatte sich als neuen Tag Team Partner niemand geringeren als Mike Awesome erwählt.
Eine kleine Revanche – und ein großer Nachschlag als One Night Stand
So brauchte es erneut nur eine weitere Ausgabe von ECW on TNN ehe auch Tanakas Tage als Tag Team Champion wieder gezählt waren. Zwar gelang es ihm seinen Rivalen weitesgehend in Schach zu halten, doch den siegbringenden Evenflow DDT Ravens gegen Dreamer vermochte auch Tanaka nicht verhindern. Derweil hatten sich auch die Impact Players mit einem Sieg über Tanakas Landsleute Jado & Gedo wieder zu den Top Herausforderern auf das Tag Team Gold gemausert. In aller Konsequenz sollte es deshalb bei Living Dangerously zu einem entscheidenden Three Way Dance aller Teams kommen.
Hier gelang es Tanaka noch einmal sich für den World Titelverlust an Awesome zu revanchieren und dessen Team nach knapp fünf Minuten mit dem Roaring Elbow gegen seinen Rivalen zu eliminieren. Gegen die Impact Players konnten jedoch auch er und Dreamer nicht standhalten. Weitere fünf Minuten einen Piledriver gegen Tommy Dreamer später konnten sich Lance Storm und Justin Credible die ECW Tag Team Titel zum zweiten Mal umschnallen.
Obwohl Masato Tanaka bei Living Dangerously der Pin gegen Awesome gelungen war, sollte es zu keinem weiteren Aufeinandertreffen der beiden in der ECW kommen. Kurz nach Living Dangerously kehrte Awesome der Liga Richtung WCW den Rücken und verlor bei seinem letzten Auftritt in der Heyman Promotion den ECW World Heavyweight Titel an den eigens aus der WWF zurückgekehrten Taz – ausgerechnet den Mann dessen anstehende Titelverteidigung gegen Masato Tanaka dessen Rivalität mit Awesome überhaupt erst auf das nächste Level gehoben hatte. Dafür bekamen Tanaka und Awesome bei der von World Wrestling Entertainment abgehaltenen ECW-Revival Show One Night Stand im Jahr 2005 noch einmal die Gelegenheit einen Schlusspunkt unter ihre langjährige Fehde zu setzten. Nachdem die beiden Rivalen sich erneut eine gewaltige Schlacht lieferten, in deren Verlauf zahlreiche Stühle und Tische nicht ungenutzt blieben, ging schließlich Mike Awesome als Sieger aus einem Match hervor, welches nicht nur der letzte Kampf der beiden Rivalen, sondern tragischerweise auch das letzte Match in der Karriere des zweifachen ECW World Champion bleiben sollte.