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Der eine ist zum World Champion der WWE aufgestiegen. Der andere hat bei TNA Wrestling denselben Rang erreicht. Heldenstatus beim inneren Zirkels des Wrestlingpublikums hatten CM Punk und Samoa Joe aber schon lange vorher erreicht. Ein entscheidender Grund dafür waren ihre Duelle um den ROH World Title im Jahr 2004. Die Fehde zwischen Joe und Punk war dabei keine persönliche Blutfehde. Es war eine sportliche, von Respekt geprägte Rivalität, in der es darum ging, wer der bessere ist - die meiste Zeit über zumindest.
Zu Beginn ihrer berühmten Matchserie im Juni 2004 hatte Joe den wichtigsten Gürtel der Liga schon über 15 Monate lang inne. Prominente Namen wie AJ Styles, Christopher Daniels, Homicide, Paul London oder auch beide Briscoe-Brüder hatten vergeblich versucht Joe, den Titel abzunehmen - den er durch Titelverteidigungen in England und Deutschland auch in den Rang des World Titles erhoben hatte. Bei einer Show in Dayton, Ohio würdigte ihn die regionale Wrestlinggröße Les Thatcher dafür, indem er ihm einen neu gefertigten Gürtel übergab - ehe er ihn am selben Abend gegen CM Punk verteidigte.
Punk hatte den Titel damals nie gehalten, trotzdem wurde er damals schon als das Gesicht der Liga begriffen, das der Liga vor allem mit der Aufsehen erregenden Fehde gegen Raven viel Aufmerksamkeit verschafft hatte. Punk sprach vor dem Match daher die Gefühle vieler aus, als er sich als ungekrönten Champion von ROH bezeichnete. Die Gelegenheit, sich die Krone auch tatsächlich aufzusetzen, sollte er nun bekommen.
Die volle Distanz
Punks Strategie in dem Match kristallisierte sich schnell heraus: Er mied, wo er konnte, den Infight mit Joe, bei dem er gegen den schlag- und trittkräftigen Champion den Kürzeren gezogen hätte. Er versuchte den Kampf mit Restholds in die Länge zu ziehen und Joe damit mürbe zu machen. Eine scheinbar probate Strategie gegen einen Kontrahenten, der gewohnt war, seine Gegner verhältnismäßig schnell abzufertigen. Keine seiner Titelverteidigungen war merklich länger als 20 Minuten gegangen. Deshalb und auch wegen Joes Körperbau dachten viele, dass der Champion nicht die Kondition für mehr hatte.
Mit seiner Verzögerungstaktik und gelegentlichen Provokationen steigerte Punk Joes Aggressivität, aber immer, wenn er gerade dabei war, sie auszuspielen, gelang es Punk doch irgendwann wieder, das Momentum seines Gegners zu stoppen. Das Match zog sich und zog sich - und nachdem mehr als eine halbe Stunde verstrichen war, fühlten sich die Kommentatoren an die ausgedehnten Schlachten um den NWA World Title von anno dazumal erinnert. Die Liga taufte den ganzen Event schließlich im Nachhinein "World Title Classic".
Erst nach rund 45 Minuten begann die wirklich heiße Phase des Matches, in der Punk Joe mehrfach am Rand der Niederlage hatte - unter anderem nach einem Shining Wizard und dem Pepsi Plunge. Joe aber bewies Durchhaltevermögen und just als Punk den letzten, vergeblichen Pinfall-Versuch abgeschlossen hatte, lief das Zeitlimit von 60 Minuten ab. Die jubelnden Fans verlangten "five more minutes", stattdessen aber störte Joes Erzfeind Homicide die Stimmung, indem er Joe attackierte und seinen neuen World Title stahl. Punk - obwohl selbst zu dem Zeitpunkt formell noch Heel - umarmte Joe dagegen im Anschluss respektvoll und überreichte ihm die alte Version des Gürtels.
Mehr Risiko, aber dasselbe Ergebnis
Wie man sich nach dem dramatischen Match und dessen Ausgang denken konnte, wollte Punk es aber nicht dabei belassen. Er trat schon bei der nächsten Show an Joe heran und fragte, wann er denn ein Rückmatch bekommen würde. Homicide mischte sich hier jedoch wieder ein, es blieb dabei, dass die Auseinandersetzung mit dem Notorious 187 Joes Hauptbeschäftigung blieb. Bei Scramble Cage Melee im August verknüpften sich die beiden Storyfäden aber, als Joe in einem Three Way gegen Homicide und Punk antrat - wobei es aber nicht um den Titel ging. Punk hatte Joe hier nach dem Pepsi Plunge vor dem Pinfall, Homicide räumte Punk jedoch aus dem Weg und pinnte Joe hinterher selbst. Immerhin hatte Punk so nun aber Gewissheit, dass der Plunge Joe besiegen konnte.
Punk forderte aber weiter sein Rückmatch gegen Joe - und bekam es im Oktober bei einem Heimspiel in Chicago Ridge. Joe hätte hier eigentlich gegen Steve Corino antreten sollen, der aber wurde von der japanischen Liga Zero-One für den Abend abgezogen. Damit war die Bühne frei für das wie eine Box-Revanche gehypete "Joe vs. Punk II" Nachdem Punk hatte realisieren müssen, dass Joe die 60 Minuten durchhalten würde und eine bloße Ermüdungstaktik nicht zum Ziel führen würde, variierte er seine Strategie und ging mehr Risiko, indem er mehr große Moves auspackte - auch solche, die er lange nicht mehr gezeigt hatte. Wie es bei großen Matches oft auch passiert, stahlen beide mit der Zeit auch die Moves des jeweils anderen für den Überraschungseffekt.
Erneut entwickelte sich eine packende Schlacht - die Kommentatoren unterstrichen es, indem sie 15 Minuten vor Schluss ihr Pult verließen, um das Match von den Zuschauerreihen aus zuende zu sehen. Obwohl Punk am Ende immer aggressiver wurde und Nearfall ansammelte, führte ihn wieder nichts zum Ziel. Das Zeitlimit verstrich, als Joe Punk gerade einen Super Muscle Buster vom Seil verpasste hatte und beide erschöpft am Boden lagen. Punk blieb wieder nichts übrig außer Joe den Titel zu überreichen.
Joe meistert die Herausforderung
Trotzdem: Punk wollte die Sache so nicht enden lassen. Er forderte Joe am zweiten Abend des Weekend of Thunder zu einem weiteren Match - einem ohne Zeitlimit, bei dem es diesmal einen klaren Sieger geben sollte. Punk setzte sich mit einem Stuhl in den Ring, bis er eine Antwort von Joe erhalten würde. Er bekam sie: Joe gewährte Punk seinen Wunsch - und verpasste ihm anschließend einen Forearm ins Gesicht. Ihre Rivalität drohte also schon ihre Freundschaft zu gefährden.
Bei All-Star Extravaganza II kam es zu dem großen Showdown, der Punks letzte Chance auf den Titel sein sollte - und der von der Liga auch groß inszeniert wurde. Joe wurde zu dem Match von seinem Zögling Jay Lethal begleitet, Punk von den Schülern der ROH Wrestling School, die er damals leitete. Dazu saß auch der legendäre Ricky Steamboat, der zu einem Mentor Punks geworden war, im Publikum.
Der eigentliche Kampf lief anders als die vorherigen, intensiver. Joe hatte sich auf Punks Taktiken eingestellt und agierte dominanter - auch weil es ihm im Lauf der Zeit gelang, Punk mit einem Kniestoß zum Bluten zu bringen. Punk war diesmal in der Underdog-Rolle, der Joe mit seiner Widerstandskraft zur Verzweiflung brachte. Joes Frust wurde dadurch erhöht, dass er Punk mit einem Würgegriff schon besiegt hatte als, dessen Arm vermeintlich dreimal fiel. Steamboat aber wies den Ringrichter darauf hin, dass dem nicht so war und das Match ging weiter.
Joe war irgendwann so gefrustet, dass er an einer Stelle versuchte, die Seile zu einem Pinfall zu Hilfe zu nehmen - was das bis dahin gespaltene Publikum komplett hinter Punk scharte. Doch es sollte nichts nützen: Letztendlich nahm Joe Punk in den Choke und der Herausforderer wurde darin bewusstlos. Dem Ringrichter blieb nichts übrig, als das Match zu Joes Gunsten abzubrechen. In einer Ansprache an die Fans würdigte er hinterher den Einsatz seines Herausforderers und den Titel. Er hatte seine härteste Herausforderung gemeistert, es war aber zugleich auch sein letztes Hurra als Champion. Bei Final Battle verlor er den Gürtel nach 645 Tagen Regentschaft an den aufstrebenden Austin Aries.
- Das zweite Match des Serie bekam von Rating-Papst Dave Meltzer die Höchstpunktzahl von fünf Sternen - als erstes Match auf US-Boden seit dem Hell in a Cell Match zwischen dem Undertaker und Shawn Michaels im Jahr 1997.