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Jericho, die Legenden und die Wiedergeburt des Drachen

Fehde

Fehdendaten
Titel:
Jericho, die Legenden und die Wiedergeburt des Drachen
Partei 2:
Zeitraum:
Januar 2009 - April 2009
"The Wrestler", Darren Aronofskys traurige Ballade über den abgehalfterten Randy "The Ram" Robinson, der nicht loslassen kann von seiner Profession, war in der Kinosaison 2008/09 ein unverhoffter Überraschungshit. Besonders bei Kritikern kam das Drama an und wurde mit Preisen überhäuft - etwa dem Goldenen Löwen der Filmfestspiele von Venedig oder auch den Golden Globe für Hauptdarsteller Mickey Rourke, dessen Leben sich in der Geschichte von Randy The Ram genauso widerspiegelte wie die Biografie vieler Wrestler. Rourke wurde sogar für den Oscar nominiert - klar, dass diese Erfolgsgeschichte nicht an der größten Wrestlingliga der Welt vorbeigehen konnte.

Dabei soll Vince McMahon den Film Gerüchten zufolge eigentlich eher kritisch gesehen haben. Kein Wunder, vermittelte er doch viele nicht direkt angenehme Wahrheiten über sein Gewerbe. Aber durch den Erfolg des Films und die Tatsache, dass sich ihr Hauptdarsteller für einen Gastauftritt in der Liga zur Verfügung stellte, kam die WWE kaum darum herum, um "The Wrestler" eine Story für WrestleMania 25, ihre größte Show des Jahres 2009 zu spinnen.

Die Geschichte begann nicht in einem Wrestlingring, sondern auf dem Roten Teppich der Screen Actors Guild Awards, für die Rourke nominiert wurde. Eine TV-Reporterin sprach Rourke dort auf das schon damals kursierende Gerücht um einen WrestleMania-Auftritt an, was Rourke bestätigt und den ehemaligen World Champion Chris Jericho warnte, dass er ihm in den Hintern treten würde.

Harte Worte gegen Flair

Just dieser Jericho meldete sich darauf bei RAW zu Wort und sprach ein wenig über den Film, Rourkes Training bei WWE Hall of Famer Afa und die Freundschaft, die er durch den Film mit dem unvergleichlichen Ric Flair geschlossen hätte. Jericho erkannte Rourkes schauspielerische Leistung an, aber er warnte Rourke, dass es einen Unterschied geben würde, einen Wrestler zu spielen und ein Wrestler zu sein - und dass er ihn besser nicht verärgern sollte, denn das wäre das letzte, was er wollen würde.

CNN-Talkmaster Larry King brachte Jericho und Rourke kurz darauf in seiner Talkshow zusammen. Jericho wiederholte dort seine Anwürfe gegen Rourke und akzeptierte die von Rourke ausgesprochene Herausforderung - von der der Hollywood-Star dann aber zurückruderte.

Jericho holte darauf beim nächsten RAW zur Grundsatzkritik an Rourke und seinem Film aus. Er erklärte, dass dieser Film die falsche Botschaft aussenden würde, indem er Wrestler glorifizieren würde, die nicht loslassen könnten, obwohl ihre Zeit abgelaufen ist - Leute wie Roddy Piper, Jimmy Snuka oder auch den schon erwähnten Flair. Jericho ereiferte sich darüber, wie Ric Flair seit seinem Rücktritt im Jahr zuvor sein Leben verbringen würde - wie er in billigen Indy-Klitschen herumgeisterte und Shoot-Interviews an billige Websites verhökern würde, für ein bisschen Geld und für ein bisschen Scheinwerferlicht, ohne dass der Nature Boy offenbar nicht leben könnte. Jericho ging sogar so weit, dass er die WWE aufforderte, Flair und Konsorten den Status Hall of Famer zu entziehen.

Flair lässt sich nichts vorschreiben

Ric Flair hörte aufmerksam zu und tauchte beim RAW darauf persönlich auf, um Jerichos Vorwürfe zu beantworten - sein erster WWE-Auftritt seit dem Sommer zuvor, wo er auch schon mit Jericho aneinandergeraten war und ihn für seine Attacken auf Shawn Michaels zu einem Parkplatz-Fight gefordert hatte. Flair begrüßte zunächst euphorisch das von ihm so vermisste WWE-Publikum, um schnell von Jericho unterbrochen zu werden. Jericho zeigte Bilder von Flair Verabschiedungszeremonie im Jahr zuvor und wie Jericho ihn dabei umarmte. Er erklärte dann, dass er das nie getan hätte, wenn er gewusst hätte, was für eine peinliche Jammergestalt Flair nach seinem WWE-Abschied geworden wäre. Er hätte ihm stattdessen ins Gesicht geschlagen.

Flair antwortete, dass sein Rücktritt nichts daran ändern würde, dass er das Wrestling und die Fans lieben würde - und dass er sich von Jericho nicht vorschreiben lassen würde, wie er seine Zeit zu verbringen hätte. Jericho meinte darauf, dass Flair die Fans traurigerweise nicht mehr interessieren würde und dass er damit aufhören sollte, sich zu ihrer Unterhaltung zum Affen zu machen wie ein Hund, der seine alten Kunststücke aufführen würde. Flair verpasste Jericho darauf eine und ließ sich von den Fans dafür feiern.

Eine üble Attacke auf Piper

Jericho hörte allerdings deshalb nicht auf, Gift und Galle gegen Flair und seine legendären Kollegen zu spucken - was ihm beim nächsten RAW eine Konfrontation mit dem mehrfach beim Namen genannten Roddy Piper einbrachte. Piper meinte zu Jericho, dass er nicht verstehen würde, wieso er sich dazu veranlasst führt, Leuten wie ihm ungefragt Ratschläge zu erteilen.

Piper erklärte, dass Jericho "The Wrestler" - bei dem Piper im Kino in Tränen ausgebrochen ist - nicht verstanden hätte. Es gehe in dem Film um Schmerz gehen würde, um Leidenschaft und um Ehre und den Respekt, den sie vor den Fans hätten und sie vor ihnen. Piper erinnerte an seinen Auftritt beim Royal Rumble 2008, bei dem er durch den Jubel der Zuschauer für einen Moment noch einmal das Gefühl hätte, dass die alten Zeiten wieder aufleben würde - und er würde sich dieses Gefühl von niemandem nehmen lassen. Ja, er sei alt, habe ein künstliche Hüfte und ihm tue alles weh, aber wenn die Fans es von ihm verlangen würde, würde er noch zum Ring kriechen, um ihnen eine Show zu bieten. Als er Jericho dann die Hand schütteln wollte, trat der stattdessen auf ihn ein, bis er am Boden lag - und meinte zu ihm, dass er nun ja für seine ach so geliebten Fans auf dem Boden kriechen könne.

Der Dragon ein "Sellout"?

In der Woche darauf knöpfte sich Jericho die nächste Legende vor, Flairs alten Weggefährten Ricky "The Dragon" Steamboat - just in dem Moment, als die WWE dessen Einführung in die Hall of Fame bekanntgab. Jericho warf Steamboat vor, ein "Sellout" zu sein, jemand der sich seine ganze Karriere über verkauft hätte. In der WWF hätte er sich seinerzeit als Karate-Kid-Kopie und Zirkusfreak zum Affen gemacht, heute hätte er sich in seinem Backstage-Job wieder an die WWE verkauft und würde nun mit der Hall-of-Fame-Aufnahme den Knochen hingeworfen bekommen - als guter Hund, der immer nach der Pfeife der Liga getanzt hätte. Steamboat wäre ein Scheinheiliger, so wie die anderen Legenden auch.

Der Dragon ließ das so nicht stehen und fragte Jericho, ob er den überhaupt wisse, was ein Scheinheiliger wäre. Ein Scheinheiliger wäre jemand wie Jericho, der die Fans in einem Moment beschimpfen und im nächsten Moment umarmen würde - je nachdem, wie es ihm beliebt. Jemand wie Jericho, der ihn einst als Kind um ein Autogramm gebeten hätte und ihn nun beleidigen würde. Steamboat dagegen wäre sich immer treu geblieben und hätte den Fans nie den Rücken zugewandt. Er, Flair, Piper - sie alle wüssten, was sie wären: Sie wären etwas, was Jericho vielleicht nie sein würde: Hall of Famer. Auf diese Replik hin ging Jericho auch auf Steamboat los und schlug ihn mit dem Kopf voran gegen den Eingangsbildschirm.

Auch Snuka wird beschimpft und attackiert

Beim nächsten RAW schaffte Jericho dann das Set von Pipers Interviewshow Piper’s Pit heran, um in dessen Vertretung eine Sonderausgabe des legendären Segments zu moderieren. Als Gast lud er Pipers alten Erzfeind ein: "Superfly" Jimmy Snuka. Auch der Mann von den Fidschi-Inseln wurde von Jericho verbal in die Zange genommen. Er hielt ihm vor, mit über 60 immer noch durch die Independents zu tingeln und seinen entstellten Körper immer noch durch den Ring zu quälen, weil er immer noch denken würde, dass die längst vergangenen Zeiten noch aktuell wären.

Jericho holte dann etwas hervor, dass Snuka an die alten Zeiten erinnerte. Die Kokosnuss, mit der Piper ihn einst bei Piper’s Pit niederschlug und damit ihre legendäre Fehde einläutete. Snuka nahm Piper die Kokosnuss allerdings ab und bäumte sich damit vor ihm auf, worauf Jericho den Rückzug antrat - nur um Snuka dann hinterrücks das Pit-Set auf den Rücken zu werfen und auf ihn einzuprügeln.

Jerichos Herausforderung

In der kommenden Woche widmete sich Jericho dann wieder mal dem Geschehen im Ring und trat gegen Kofi Kingston an, um sich für das Money In The Bank Match bei WrestleMania zu qualifizieren. Mitten in dem Match ertönte dann aber die Musik von Ric Flair, der auf der Einmarschrampe auftauchte und von dem Jericho sich so sehr ablenken ließ, dass er einem Überraschungs-Rollup Kingstons zum Opfer fiel und gepinnt wurde. Ein wütender Jericho forderte Flair darauf auf, aus dem Ruhestand zu treten und ihm beim RAW in der Woche darauf gegenüberzutreten.

Jericho rechnete fest damit, dass Flair diese Herausforderung annehmen würde, weil sie ihm das Gelegenheit gab, wieder in das Scheinwerferlicht zu treten, ohne dass Flair nicht auskommen würde. Flair aber überraschte Jericho mit der Ansage, dass sein Karriere-Ende unumstößlich wäre und er seinen Abschied nicht entwerten würde. Er wüsste aber drei Leute, die nur zu gerne mit Jericho in den Ring treten würden: Piper, Steamboat und Snuka. Das Quartett ging dann gemeinsam auf Jericho los und schlug ihn schnell in die Flucht.

Der gedemütigte Jericho sprach darauf für WrestleMania eine Herausforderung aus: Er in einem Handicap-Match gegen Piper, Steamboat und Snuka - mit Flair in ihrer Ecke. Und Mickey Rourke, der Mann, der die ganze Sache ausgelöst hätte, würde er ein Erste-Reihe-Ticket besorgen, damit er miterleben könne, wie er die Wrestlingwelt ein für alle Mal von seinen vier Buddys befreien würde.

Ein linker Haken aus Hollywood

Flair nahm die Herausforderung beim nächsten RAW im Namen seiner drei Freunde an - und kündigte an, dass sie alle am Ende über Jericho thronen würde und Rourke das mit ihnen feiern würde. Jericho schlug Flair darauf nieder und verpasste ihm eine blutige Tracht Prügel. Als Höhepunkt der Demütigung nahm er sich dann auch noch die Armbanduhr, die Flair bei seinem Abschied von Vince McMahon geschenkt bekommen hatte, und zertrat sie.

Diese Attacke bewog eine weitere Legende dazu, sich Jericho vorzunehmen und ihn für seine Taten zur Rechenschaft zu ziehen: RAW-Kommentator Jerry Lawler, der Jericho beim letzten RAW vor WrestleMania zu einem Match forderte - allerdings in den Walls of Jericho abklopfen musste. Lawler wehrte sich dann jedoch mit einem Faustschlag erfolgreich gegen Jerichos Versuch nachzulegen, worauf der dann den Ring verließ und es auch ablehnte, Lawler noch einmal gegenüberzutreten. Jericho erklärte, dass er die Legenden bei Mania vernichten würde und hinterher nur noch ein Name als Synonym für dieses Wort stehen würde: seiner.

Das Legenden-Trio lieferte Jericho jedoch einen härteren Kampf, als er gedacht hätte: Trotzdem gelang es ihm, Snuka mit den Walls of Jericho und Piper mit dem Running Enzuighiri auszuschalten. Es blieb der Dragon, der sich für sein Alter in begeisternder Form zeigte, Jericho mit Chops, seinen immer noch blitzsauberen Armdrags und sogar einigen Flugaktionen traktierte und unter dem Jubel der Zuschauer mehrmals drauf und dran war, Jericho zu pinnen - ehe er sich dann aber doch dem Codebreaker beugen musste. Sofort nach dem Pinfall machte sich dann Flair in den Ring, um Jericho Respekt einzuprügeln, wurde aber auch letztlich vom Codebreaker niedergestreckt.

Jericho hatte sein Werk also vollbracht - wollte nun aber noch eine Zugabe geben. Er forderte Rourke auf, seinen Zuschauerplatz zu verlassen und im Ring von Mann zu Mann gegenüberzutreten, um zu zeigen, wie hart er wirklich wäre. Rourke nahm die Herausforderung an - und überraschte Jericho mit der Schlagtechnik, die er sich in seiner Zweitkarriere als Boxer angeeignet hatte. Als Jericho dann selbst einen Schlag anbringen wollte und danebenschlug, öffnete er für Rourke die Deckung, um ihn mit einem linken Haken zu Boden zu schicken. Der geprügelte Jericho verließ den Ring, während sich Rourke mit Flair feiern ließ.

Steamboat liefert eine Zugabe

Trotz der Niederlage der Legenden gefiel Steamboat mit seiner Leistung so sehr, dass er beim RAW nach der Show noch einmal in den Ring durfte - als Teil eines WrestleMania All-Star Ten Man Tag Team Matchs, das er und vier andere Publikumslieblinge gegen ein Team um Jericho gewann.

Zwei Wochen darauf fühlte sich Steamboat dann sogar veranlasst, Jericho seinen Dank auszusprechen. Ohne ihn hätte er diese Gänsehautmomente bei WrestleMania und am Tag danach nicht mehr erleben können. Jericho witterte aber wieder nichts Gutes und hielt Steamboat vor, dass er es nicht lassen könne, auf seine Kosten das Spotlight zu suchen. Er hätte darauf keine Lust mehr und er forderte Steamboat bei Backlash zu einem Einzelmatch, in dem er ihn endlich von seinem Leid erlösen würde. Steamboat akzeptierte.

Auch bei Backlash lieferte der Wrestlingrentner Jericho einen großen Kampf und war wieder mehrmals drauf und dran, seinen klar favorisierten Gegner zu überraschen. Am Ende jedoch reichte aller Einsatz nicht und Steamboat musste in den Walls of Jericho abklopfen. Die Fans allerdings verabschiedeten den Dragon mit Standing Ovations zurück in den Ruhestand.
- Der ursprüngliche Wunsch der WWE war ein WrestleMania-Match zwischen Jericho und Mickey Rourke. Rourke war zunächst aufgeschlossen, wie man dem ersten Statement entnehmen konnte. Er zog allerdings zurück, nachdem ihm sein Umfeld dringend riet, seine gerade wieder in Fahrt gekommene Karriere durch ein Wrestlingmatch wieder zu gefährden - zumal das Wrestling im Unterhaltungs-Mainstream weiter als Schmuddelkind gilt.
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