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WWE: Fall Benoit - Weitere Polizei-Razzien, Drogenpolitik unter Beschuss

(30.06.2007) Neuigkeiten, verfasst von The Mountie

Veröffentlicht am:
30.06.2007, 09:37 Uhr

Weitere Polizei-Razzien: Phil Astin, der Hausarzt Benoits, steht weiter im Fadenkreuz der Ermittler. Am Freitag gab es zwei weitere Razzien der Drogenfahndung, eine zusätzliche in Astins Praxis und eine im Haus seiner Mutter, wo Astin offenbar öfters verkehrt. Die Ermittler mussten sich gewaltsam Zutritt in das Haus verschaffen, da niemand ihnen öffnete. Offenbar sind Astin und seine Mutter untergetaucht, von beiden ist laut Medienberichten seit zwei Tagen nichts zu hören. An Astins Praxis hängt ein Schild, dass er bis zum 6. Juli im Urlaub verweile.

Es scheint, als ob gegen Astin akuter Verdacht bestehe, dass er Benoit willfährig mit Rezepten versorgt hätte. Neben Steroiden wurden auch Narkotika aller möglichen Wirkungsgrade im Hause Benoit vorgefunden – verschrieben von Dr. Astin. Es erscheint als sicher, dass Astin mit einer Anzeige rechnen muss.

Auch der Wikipedia-User, der frühzeitig Nancys Tod vermeldete, bekam mittlerweile Besuch von der Polizei, die seinen Computer beschlagnahmte. Obwohl recht offensichtlich ist, dass es sich dabei um einen virtuellen Dumme-Jungen-Streich handelte, der auf makabre Weise von der Realität eingeholt wurde, müssen die Ermittler ihrer Pflicht nachgehen und prüfen ob der User schon vorab von der Tragödie wissen konnte. Ein Polizeisprecher aus Fayette County beklagte sich gegenüber ABC News, wie sehr diese Angelegenheit ihre Ermittlungen behindert hätte, da man unheimlich viel Zeit aufwenden um zu beweisen oder zu entkräften, dass sich der User einen Spaß gemacht hat. Die Identität dieses Users ist nicht veröffentlicht worden und wird es auch nicht, ehe die Polizei ihre Ermittlungen in der Hinsicht abgeschlossen hat.

Drogenpolitik unter Beschuss: Welche Rolle haben Steroide und andere Medikamente in der Benoit-Tragödie gespielt? Im Moment kann man über diese Frage eigentlich nur spekulieren, dennoch sind die Ereignisse für fast alle Medien ein Anlass das ewige Thema Drogen und Wrestling zu diskutieren. Fast alle kritischen Fragen zu dem Thema beantworten die Verantwortlichen mit dem Verweis auf ihre nach dem Tod von Eddie Guerrero implementierte Wellness Policy – und dass Benoits letzter Drogentest negativ ausgefallen ist. Man muss dazu aber wissen, dass es im Wrestling wie auch in anderen Sportarten das Problem gibt, dass ein negativer Drogentest nicht heißt, dass man „sauber“ im objektiven Sinne ist. Ein negativer Drogentest kann nämlich genauso gut heißen, dass die Testmethoden Mängel haben – und die Schwächen der WWE-Drogentests und der dahinter stehenden Philosophie fallen immer mehr Mainstream-Medien auf.

Ein Kommentar der New York Sun weist offen auf die beiden größten hin: „Die WWE stuft nicht nur Athleten mit einem massiv erhöhten Testosteron-Level als clean ein, sie erlaubt es ihnen auch alle Drogen zu nehmen, die sie in die Finger kriegen, so lange sie irgendwo einen Arzt finden, der ihnen ein Rezept gibt. Das ist keine Drogenpolitik, das ist ein Feigenblatt.“

Zum Thema Testosteron muss man wissen, dass die WWE einen weit höheren Testosteron-Spiegel duldet als es in anderen Sportarten üblich ist. Der Testosteron-Epitestosteron-Quotient, die übliche Maßgabe gilt in der WWE erst ab einem Wert von 10:1 als Verstoß. Nach den Richtlinien der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA ist 4:1 das Limit, normal ist ein Wert von 1:1. Dr. Gary Wadler - ein Mitglied der WADA zeigte sich gegenüber AP entsprechend kritisch gegenüber der Wellness-Politik und bemängelte vor allem, dass die Liga das Progeamm nicht detailliert diskutieren mag.

Im Kern hat die Wellness-Politik zwei entscheidende Schwächen: Man kann sich ihr entziehen, wenn man den künstlichen Muskelaufbau nicht hoffnungslos übertreibt und mit Mitteln wie Wachstumshormonen betreibt, die nicht direkt nachweisbar sind – oder indem man sich für die Mittelchen die man nimmt ein fragwürdiges Rezept von einem „Mark Doctor“ beschafft. Neu sind diese Probleme nicht: Der erste große Steroidskandal Anfang der Neunziger kam ins Rollen, weil der später verurteilte Dr. George Zahorian fröhlich Steroidrezepte an WWF-Stars ausstellte, die keine medizinische Basis hatte. Und zu dieser Zeit wurden auch der Ultimate Warrior und der British Bulldog von der massiv unter öffentlichem Druck stehenden McMahon-Company gefeuert, weil sie unter dem Verdacht standen, Steroidtests mit Wachstumshormonen zu umgehen. Die WWE kann also nicht behaupten, dass ihr die Probleme nicht bewusst sind und muss sich daher umso mehr die Frage gefallen lassen, ob sie wirklich ein Auge darauf hat – oder ob es ihr nicht eher sogar ganz recht ist, dass ihre Athleten die Schlupflöcher nutzen.