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Inside The Cage Classics #178: Anarchy Rulz 1999 – Wie man einen Mike Awesome an einem Abend zum glaubwürdigen Main-Eventer macht

Kolumne

Artikeldaten
Veröffentlicht am:
24.02.2017, 17:45 Uhr
Kategorie:
Serie:
Inside The Cage Classics (Alle Folgen der Serie auf einen Blick)
Verfasser:
Inside The Cage Classics #178: Anarchy Rulz 1999 – Wie man einen Mike Awesome an einem Abend zum glaubwürdigen Main-Eventer macht

Endlich mal wieder ein ECW-PPV. Die Wochen vor der Show waren turbulent. Extreme Championship Wrestling debütierte auf TNN, die Dudley Boyz wanderten Richtung WWF ab, Taz war ebenfalls kurz davor und mit Raven kehrte einer der größten Stars zurück. Eddie und JoMo schauten sich die Show an und sammelten dabei die folgenden Eindrücke:

Ein Mike Awesome aus dem Nichts + der Push des Justin Credible geht weiter

JoMo: Wenige Wochen vor dem PPV sickerte durch die Medien, dass der amtierende ECW World Heavyweight Champion Taz einen Vertrag beim Marktführer aus Stamford unterschrieben hat und seine Heimat-Promotion Ende des Jahres verlassen würde. Dementsprechend kühl war der Empfang für Taz durch die Fans, welche sich als loyale Familie sahen und den Abgang nicht nachvollziehen konnten. Für den Abend selbst war einen Titelverteidigung Tazs gegen Masato Tanaka geplant. Mike Awesome, der Erzfeind des Japaners war jedoch in den Zuschauerreihen und sein Manager Jeff Jones forderte dessen Aufnahme in das Match, wenn man hier in einer "Fighting-Company" sei. Gottseidank durfte Awesome mitmachen, denn man bekam ein sehenswertes und auch geschichtsträchtiges Match zu sehen. Innerhalb weniger Minuten pinnten die eigentlichen Erzfeinde Taz gemeinsam und der sonst so dominante Champion war plötzlich geschlagen. Das restliche Roster war inzwischen auf der Eingangsrampe und applaudierte der Human Suplex Machine. Auch die Fans waren wieder besser gestimmt und ein weinender Taz verabschiedete sich symbolisch und fordert die Jungs im Ring auf Gas zu geben. Und dies sollten die Beiden auch tun. Es wurde ein weiteres legendäres Awesome/Tanaka-Spotfest und verdammt war das geil! Getrennt finde ich die Beiden gar nicht so überragend, doch zusammen waren sie fast immer grandios. Mike Awesome konnte am Ende letztlich neuer ECW World Heavyweight Champion werden und war aus dem Nichts binnen einer Nacht plötzlich ein etwas größeres Licht in der Wrestlingwelt. Bleibt nur eine Frage. Warum traute man sich nicht das Match als Main-Event einzusetzen? Das Match zwischen Justin Credible und Sabu gefiel mir dagegen überhaupt nicht. Beide hatten keine Chemie, Sabu botchte wieder bisschen vor sich hin und der Push von Credible war einfach nicht nachzuvollziehen. Warum setzte man nicht eher auf Lance Storm? Um seinen Push fortzusetzen durfte der frühere Aldo Montoya auch hier gewinnen und die nervige Geschichte sollte weitergehen.

Eddie: Lustig zu sehen am Anfang, wie Taz Catchphrase einfach einem No-Sell der Fans unterliegt, während diese sonst immer einstimmig mitgegröhlt haben. Klar, die ECW Fans waren sauer wegen dem Vertrag, doch das war schon krass. Ebenfalls sehr überraschend war es für mich, als es kaum Reaktionen gab, als Taz dann doch gepinnt wurde. Die Kommentatoren versuchen noch, das zu verkaufen, doch die Fans sind eher geschockt, anstatt dass sie sich freuen oder sauer sind – either way, das hat gefehlt und das fand ich total schade. Das Match, dass dann zwischen Awesome und Tanaka entsteht ist einfach hervorragend. Viele Szenen davon wurden 2005 beim One Night Stand der WWE aufgegriffen, was ich auch total lustig fand. Was ich auch nicht verstehe ist, wieso man das Match nicht als Main Event bringt. Da gingen so viele Pops verloren, weil man wusste, es geht noch weiter. Wenn ich als Fan weiß, das war es jetzt, dann raste ich im Main Event nochmal richtig aus, das konnte man hier nicht. Awesome wird hier im übrigen perfekt als würdiger Champion präsentiert. Durchhaltevermögen, Power, Schnelligkeit, den gilt es im Nachgang erst einmal zu schlagen.
A propos würdig präsentiert: Justin Credible ist ebenfalls einfach nur noch over gebracht hier. Wenn er es nicht schon gewesen wäre, in diesem Match gegen Sabu wird er auf ein neues Level gehoben. Was für ein Kämpferherz und ebenfalls ein Durchhaltevermögen er hier beweist, obwohl er blutet wie nochmal was. Dass das Match nicht das beste war, das streite ich nicht unbedingt ab. Ich fand nur den Effekt daraus genial.


Raven und Dreamer als Team + RVD in einem enttäuschenden Main-Event

JoMo: Die Rückkehr vom Raven zur ECW war wirklich cool umgesetzt. Sein größter Erzfeind Tommy Dreamer brauchte einen Partner und dann wurde das ausgerechnet der Rabe. In den Folgewochen hielt die Allianz der Beiden und sie wurden in mehrere Storylines hineingezogen. Beim Anarchy Rulz mussten sie ihre ECW World Tag Team Title gegen Rhino und Steve Corino verteidigen. Obwohl die Beiden eigentlich eher gegeneinander als miteinander arbeiteten blieb das Gold am Ende bei Ihnen – sehr zur Freude der anwesenden Fans. In den kommenden Wochen/Monaten verlief das Raven-Comeback meiner Meinung nach nicht so herausragend, wie man es wirklich hätte machen können. Dazu aber mehr in den kommenden Kolumnen. Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass Francine Ende der 90er noch einmal schärfer aussah als zuvor und wirklich das beste Valet zu dieser Zeit war. Richtig enttäuscht war ich vom Main-Event. Eigentlich war geplant, dass Rob Van Dam seine ECW World Television Championship gegen Johnny Smith verteidigen sollte. Das Duell gab es damals auch bei etlichen House Shows und es funktionierte wohl ganz gut. Kurz vor der Show ging Paul Heyman allerdings die Düse und er hatte Bedenken, dass die ECW-Fans den nur in Japan erfolgreichen Smith nicht annehmen würden. Deswegen wurde Smith in einem Angle vor dem Match aus der Show geschrieben und Balls Mahoney durfte stattdessen seinen Platz einnehmen. Zugegeben sahen wir an diesem Abend wahrscheinlich das beste One-on-One Match in der Karriere von Balls, allerdings war das viel zu wenig um einen PPV abzuschließen. RVD verteidigte erwartungsgemäß und der PPV endete für mich wenig zufriedenstellend, da man mit ECW World Heavyweight Title Match als Main-Event so viel hätte richtig machen können.

Eddie: Dieses Tag Team Titelmatch.. Alter Falter. Ein verletzter Steve Corino fängt alleine an, Corino zieht sich eher zurück (das ist noch sinnig, immerhin ist das sein Charakter), doch dann gibt es hier und da einen kurzen Spot, Raven kommt aus dem nichts heraus, versucht in den Ring zu springen, bringt sich beinahe selbst um indem er hängen bleibt, rollt unter dem ersten Seil in den Ring und attackiert die Gegner. Und dann ist es auch schon vorbei und Mancow steht auf der Stage. WHAT? Was war das? Wofür? Wozu? Aber nun gut. Weiter geht's. Aber wer jetzt glaubt, dass der Main Event nochmal richtig eins drauf legen würde. Schnallt euch gar nicht an. Wir fahren gerade innerorts, mit 20km/h, im Dorf, es kommt nichts, also keine Gefahr.
Johnny Smith ist nur da um zusammengeschlagen zu werden, herzlichen Glückwunsch zum easy Paycheck. Das was Balls Mahoney, von dem man natürlich schon sagen muss, dass er zum einen absolut solide im Ring ist, zum anderen von den Fans der ECW auch absolut geliebt wird. RVD ist auch ein Fan-Favorite, so entsteht zumindest eine gute Dynamik bei den Fans. ABER: Wer gibt den beiden denn 20 Minuten? In 10 Minuten wäre das vielleicht eine coole Kiste gewesen. Tauscht man dieses Match auf der Card mit dem Main Event aus, so hätte man eine absolut runde Veranstaltung hinbekommen, die jetzt etwas antiklimatisch wirkt.

Der Rest

JoMo: Bleiben noch vier weitere Matches auf der Card übrig. Super Crazy, Little Guido und Yoshihiro Tajiri standen sich in einem typischen ECW Three Way Dance gegenüber und zeigten ein nettes und stimmiges Match. Für die Midcard perfekt geeignet. Leider kam es aber nicht ganz an vorherige Aufeinandertreffen von Tajiri und Crazy heran. Der Opener zwischen Jerry Lynn und Lance Storm war ganz nett, aber auch irgendwie nichtssagend. Lynn musste nach seinen PPV-Niederlagen gegen RVD hier eine weitere einstecken und Storm brachte der Sieg im Singles-Bereich auch nicht wirklich vorwärts. Der Rest war ziemlicher Mist. Simon Diamond machte erst Schritte als Midcard-Heel und zog dabei ganz brauchbare Reaktionen. Die daraus resultierenden Matches mit Jazz, Tom Marquez, Chris Chetti, Nova und Tony DeVito waren jedoch grausam. Einzig und allein der Auftritt von New Jack war interessant, da dieser den Grundbaustein für seine 2000er Fehde mit Angel setzen sollte. Mehr dazu in den kommenden Kolumnen.

Eddie: Fun Fact am Rande: Die Promo vor dem eigentlichen Beginn endet mit "will be awesome". Mein Kopf so: "I came to play". Sorry, das als kleiner Exkurs meiner Gedankengänge. Zurück zum Rest der Card. Ich fand Jerry Lynn gegen Lance Storm als Opener schon richtig gut. Zum einen finde ich Storm einfach als einen der unterbewertesten Wrestler aller Zeiten und mit Jerry Lynn macht man im Ring nichts falsch. Dass der nichtssagende "Push" von Storm überflüssig ist, das haben wir bereits beim letzten Mal festgestellt. Stell dir vor, du bist professional (lt. Aussage) Wrestler, bekommst aber keine Kämpfe sondern immer nur deine Run-Ins, deine Musik und die Waffen. Ist das nicht eigentlich unbefriedigend? Für New Jack offensichtlich nicht, das ganze Gedöns zog sich zulange, doch New Jack war hier auch von mir der gefeierte Held, da er dem Ganzen ein Ende bereitet. Der richtig gute Three Way Dance setzt dann einen super Schlusspunkt auf die erste Hälfte des Events. Das war wirklich sauberes, feines Cruiserweight Wrestling!

Fazit

JoMo: Am Ende leider nur ein durchschnittlicher PPV. Das ECW World Heavyweight Title Match war grandios. Das Rahmenprogramm außen herum größtenteils solide, doch Credible vs. Sabu und der Main-Event waren für mich als groß promotete Matches einfach zu schwach. Ich gebe 6 Punkte.

Eddie: Ich glaube, wenn man einfach den Mainer mit dem HW Title Match getauscht hätte, dann wären von uns beiden jeweils 1-2 Mehr Punkte gegeben worden. So ist es wie wenn man nach dem Mainer einen Loop durchläuft und dann erst alles davor sieht. Allerdings bin ich einen Ticken gnädiger. Mit dem HW Title, dem Rise von Credible, dem guten Three Way Dance und dem schönen Opener hat man schon einen guten Event geliefert, ich gebe 7 Punkte.

Die PPV-Gesamtwertung