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Mounties Einwürfe: Spinnen die? Die Abstürze von Swagger und Ziggler

Kolumne

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Published on:
28.11.2009, 15:09 
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Die WWE ist ein schnelllebiges Geschäft. Wie lange ist es her, dass Dolph Ziggler und Jack Swagger als unaufhaltsam aufsteigende Sterne am Wrestlinghimmel galten? Zwei Wochen? Zwei Tage? Vom Gefühl her jedenfalls nicht viel länger. Jetzt heißt es über beide, die WWE hätte sie für den Moment aufgegeben. Und dass das mehr als nur Gerüchte sind, lässt sich an den jüngsten Matchergebnissen und Entwicklungen der beiden deutlich ablesen.

Es sind Entwicklungen, die überraschen und viele Fans unvorbereitet erwischen und auf erkennbar viel Unverständnis stoßen. Und sie verführen deshalb zu einfachen Analysen a la: "Die spinnen doch, die WWEler. So macht man sich ohne Not seine Talente kaputt. Sie schafft es nicht, die Stars der Zukunft aufzubauen." Ohne jetzt das Netz konsequent durchforstet zu haben, behaupte ich erfahrungsgemäß, dass das dort wohl oft so oder ähnlich zu lesen sein wird. Wie immer lohnt es sich aber, einen differenzierteren Blick auf die Einzelfälle zu wählen, statt vorschnell zu verallgemeinern. Und der führt zu sehr unterschiedlichen Schlüssen.

Fangen wir an mit Swagger: Über den Mann habe ich vor drei Monaten geschrieben, dass er sich auf den Weg zum World Title nur selbst im Weg stehen kann. Und auf die Gefahr hin, dass ich hier jetzt als Wendehals dastehe: Ich hab leider seitdem das Gefühl bekommen, dass genau das eintritt. Ich merke, dass das Bild von Swagger als strahlende Zukunftshoffnung im Moment noch eine starke Leuchtkraft hat. Der Blick für das, was zuletzt schiefgelaufen ist bei ihm noch sehr fokussiert auf den Faktor: "Seit er bei RAW ist, hat ihn die WWE nicht vernünftig gepusht." Die Frage ist nur: Warum hat sich das so entwickelt? Reine Willkür?

Wenn man genauer hinschaut, leider nein. Wenn man mal kritisch zurückblickt, hat er seit der Fehde gegen Christian kein wirklich gutes Match mehr gezeigt. Die Fehde gegen MVP war wrestlerisch eine Enttäuschung, genauso der Dreikampf um den US Title mit Kofi und Miz, wo die Matches ohne ihn besser waren als mit ihm - und wofür die beiden anderen auch push-technisch belohnt wurden. Ich weiß, dass wer will, jetzt einwenden kann: "Wie soll Swagger denn glänzen, wenn man ihn ständig nur in kurze Matches steckt?" Auf die Weise wird häufig Ursache und Wirkung durcheinandergewürfelt und man kommt doch wieder auf das im Zweifel immer populärere Argument "Die WWE ist schuld, dass Wrestler X den Bach runtergeht."

Dass bei Swagger mehr dahintersteckt, muss man aber erkennen an den Blog-Äußerungen Jim Ross', der Swaggers Förderer ist - und nun wahrlich nicht dafür bekannt, unkritisch die Firmenmeinung wiederzukäuen. Es stimmt, was Ross gesagt hat: Swagger hat so viel Potenzial, dass er nicht viel tun muss, um besser als die meisten zu sein. Es reicht nur aber nicht, um in der WWE ganz nach oben zu kommen: Swagger liefert seit längerem nur noch Matches ab, die nicht schlecht, aber auch nicht übermäßig gut sind - und das ist zu wenig. Was viele mit dem Blick auf den reinen Einzelfall, der gerade nicht gut gepusht wird, mal vergessen: Niemandes Weg nach oben ist vorgezeichnet, es ist ein erbitterter Konkurrenzkampf um ein paar begrenzte Plätze. Swagger konkurriert bei RAW etwa mit einem Miz, der wrestlerisch eigentlich weniger veranlagt ist, aber sich im Ring den Allerwertesten bis in sein Innerstes aufreißt, um sich zu verbessern - was ich bei Swagger so zuletzt nicht mehr gesehen habe.

Der De-Push ist eine logische Folge daraus und kann auch einen Hallo-Wach-Erlebnis sein, aber gerade bei einem Big Man wie Swagger birgt er die Gefahr, dass seine Glaubwürdigkeit und sein Gimmick daran endgültig kaputtgeht. Swagger hat nicht viel Zeit den Weckruf zu hören und zurück in die Spur zu finden: Das Potenzial, das prinzipiell in ihm steckt, ist weiterhin riesig - es geht nur irreparabel in die Brüche, wenn er weiter mastersisiert wird.

Bei Ziggler liegt der Fall für mich anders. Der sommerliche Hype um ihn war für mich zwar übertrieben und vorschnell, weil darüber vielerorts übersehen wurde, wo es bei Ziggler noch hakt. Ziggler sticht am Mikrofon und allgemein als Charakter nicht so heraus, dass man um ihn herum die Shows so bedenkenlos aufbauen kann wie auf einen Randy Orton, einen Chris Jericho oder einen CM Punk.Und es ist für mich auch die einzige Erklärung, warum man jetzt einen Mann einbremst, dem das Engagement im Ring und im Auftreten aus jeder Pore strömt - und der sich zuletzt als kompletter Wrestler bewiesen hat.

Natürlich kann immer sein, dass dahinter etwas anderes, von Außen nicht ersichtliches ist. Nach dem, was man weiß, erschließt sich mir aber nicht, warum man Ziggler anscheinend nicht mehr die Chance geben will, an einem Midcard-Titel zu wachsen. So wird nicht nur Ziggler demotiviert, sondern auch andere, die sehen, wie einem unglaublich hart arbeitenden Talent die Glasdecke auf den Kopf geknallt wird. Und das kann wirklich nicht im Interesse der Liga sein.