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Rising Stars? - Teil 2: John Morrison, Kofi Kingston und Matt Hardy

Kolumne

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Published on:
18.07.2009, 13:23 
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John Morrison: Vor wenigen Monaten haben sich die Wege von Morrison und The Miz getrennt - und seitdem haben beide im Singles-Bereich wohl für mehr Aufsehen gesorgt als alle anderen WWE-Kollegen in diesem Zeitraum. Doch anders als bei Miz scheint bei Morrisons Aufstieg nicht die Bremse angelegt worden zu sein. Es gibt gar Anzeichen, dass er in ganz naher Zukunft um den World Title mitspielt. Die Hoffnung, die in Morrison gesetzt wird, verwundert nicht bei den Anlagen, die er mitbringt: Er hat den Look, er hat das Superstar-Gimmick, er hat das Charisma, er hat die Athletik. Er hat so viel, dass man ihn eigentlich schon fast kritisieren muss, dass er jetzt nicht schon weiter ist. Es ist immer ein wenig ein Problem Morrisons gewesen, dass er seine Begabungen nicht so gut umgesetzt hat, wie er es eigentlich könnte. Im Ring etwa hinkte Morrisons handwerkliches Können seinen athletischen Anlagen immer etwas hinterher. Diese Lücke scheint sich aktuell zu schließen, aber ein Kardinalproblem ist Morrison geblieben: die chronisch geringe Einbindung des Publikums in seine Matches.

Schon als Heel fiel auf, dass sich Morrison während seiner Matches eigentlich nicht wie ein Heel verhielt und so auch kaum entsprechende Reaktionen bekam. Als Babyface hat er unter umgekehrten Vorzeichen dasselbe Problem - weshalb die Zuschauer oft auch nur auf seine besonders spektakulären Spots lauter reagieren. Bezeichnend, dass der einzige hörbare "Morrison"-Chant, den es bisher gab, auf seinen 540-Grad-Salto bei Judgment Day gefolgt ist. Dabei gibt es weit einfachere Mittel, die Zuschauer hinter sich zu bringen, Morrison scheint da aber das Gespür dafür zu fehlen. Mittlerweile hat er sich zumindest angewöhnt, nach bestimmten Offensivaktionen den Arm hochzureißen, wenn er vom Publikum etwas hören will - was aber vorsichtig gesagt noch ausbaufähig ist. Morrison muss da vorankommen, denn für mich hat die WWE richtig erkannt, dass er als Babyface besser eingesetzt ist. Zum einen, weil sein spektakulärer Stil besser dazu passt, zum anderen, weil ich ihn mir als wirklich verhassten statt lustig herumalbernden Heel nicht vorstellen kann. Als Face ist es aber auch schwieriger, ganz nach oben zu kommen (und sich dort zu halten) denn als Heel - weil es komplizierter ist, ein Publikum nachhaltig von sich zu begeistern als es dazu zu bringen, einen zu hassen. Ein Top-Babyface mit dem nötigen Fan-Rückhalt lässt sich nicht am Reißbrett schaffen, das hat die WWE schon oft genug lernen müsse, es muss lange gedeihen - und Morrison ist da aktuell noch nicht mehr als eine zarte Knospe. Bis zu seinem endgültigen Durchbruch wird wohl noch einige Zeit mehr verstreichen, als es die meisten der von ihm gerade so verzückten Internet-Fans denken.

Kofi Kingston: In seinem Debütjahr 2008 war er einer der Überraschungshits: Mit innovativen Aktionen und mitreißender Energie hat sich die "Jamaican Sensation" aus Ghana als Publikumsliebling etabliert. Schon früh aber wurde Kingstons Aufstieg von der Frage begleitet, wie nachhaltig der sein kann. Und tatsächlich hing er nach der ersten Begeisterung auch eine Weile ziemlich in der Luft, ehe mit dem Gewinn des US Titles wieder offenbar wurde, dass die WWE weiter gewillt ist, aus diesem jungen Talent etwas zu machen. Nur: ist aus Kingston wirklich mehr zu machen, als er jetzt schon ist? Das Fragezeichen ist ziemlich groß. Sein Gimmick als freundlich grinsender Ausländer ist sehr, sehr Achtziger und würde nach meiner Überzeugung auch nicht funktionieren, wenn er im Ring nicht so viele Fans umhauen würde. Aber trotzdem kommt irgendwann die Frage: Ja, er hüpft schön - aber sonst?

Ein Lösungsansatz der oft kommt, lautet: "Nun, die Writer müssen sich nun eben gute Storys mit ihm einfallen lassen." Klar, auf die Writer lässt sich im Zweifel jedes Problem abladen, aber fragen wir doch mal von der anderen Seite aus: Wie viel kann Kofi wirklich zu interessanten Storys beitragen? Am Mikrofon jedenfalls nicht viel - was schon mal ein Argument ist, die begrenzte kreative Energie eher anderswo zu investieren. Kingston hat dasselbe Problem wie ein Vladimir Kozlov: Sein Charakter ist eindimensional und nur sehr bedingt entwicklungsfähig - und er ist in einem anderen nur schwer vorstellbar. Kingston hat nur gegenüber Kozlov den Vorteil, dass ihn wegen seines Stils prinzipiell weiter mehr Fans gut als schlecht finden werden. Das Zeug zum Topcarder sehe ich bei ihm aber letztlich nicht.

Matt Hardy: Ganz klar: als junges Talent geht Jeff Hardys älterer Bruder nun nicht mehr durch. Trotzdem ist sein Name, den man diskutieren muss, wenn es um die Frage geht, welche Wrestler den Sprung von der Midcard in den Main Event noch schaffen können - zumal ja weder Matt noch seine Fans die Hoffnung aufgegeben haben, dass er noch irgendwann zum World Champion gekrönt wird. Sein Heel-Turn in diesem Jahr hat ihn aber definitiv von diesem Ziel entfernt, statt ihn näher heranzubringen. Matt hat sich bemüht, in die Rolle des diabolischen großen Bruders hineinzuwachsen, aber überzeugt hat er letztlich wohl nur diejenigen, die sich auch überzeugen lassen wollten. Zuletzt ging die Entwicklung dann Richtung Chicken-Heel, was Matt besser liegt, aber definitiv kein Weg aus der Midcard hinaus ist.

Früher oder später wird Matt zurückgehen in die Rolle als Babyface, die ihm eben doch am besten steht - was zwar nicht logisch wäre, was wiederum aber die Liga noch nie aufgehalten hat. Doch es wird auch dann wohl nichts mehr mit dem World Title. Dass die WWE Matt geturnt hat, war schließlich als Zeichen zu verstehen, dass sie den Babyface-Matt für ausgereizt hielten. Und ob Matt die Liga von der Haltung noch einmal abbringen kann, erscheint mir unwahrscheinlich. Matts schlagende Argumente waren immer seine nie abebbenden Zuschauerreaktionen und seine Verlässlichkeit im Ring. Dort aber entsteht der Eindruck, dass Matt langsam abbaut. Zwar ist weiterhin Matts Vorzug, dass er auch mit schlechten Gegnern immer passable Kämpfe hinbekommt, wirklich herausragend war aber schon länger kein Match mit Matt mehr. Stattdessen blieb in jüngerer Vergangenheit - sei es gegen Jeff, gegen Jack Swagger oder Montel Vontavious Porter - doch immer wieder der Eindruck hängen, dass mehr drin gewesen wäre. Die Folgen der TLC-Jahre und die ständigen kleinen Verletzungen machen sich im Alter, in dem Matt mittlerweile angelangt ist, offenbar verstärkt bemerkbar. Das macht es Matt nicht leichter, sich den World Title doch noch mal umzuschnallen - ein Traum, der wohl ein Traum bleiben wird.