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Misawa ist tot - was bleibt?

Kolumne

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Published on:
15.06.2009, 00:22 
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Mitsuharu Misawa ist tot.

Diese Nachricht ging Samstag Nachmittag in einem Eiltempo um die Welt. Mich persönlich erreichte die Nachricht, als mein Freund Jesper mich während eines Fußballspiels mit Freunden anrief.

Bis heute Abend bin ich außer Stande, zu erfassen, was gestern Abend in Hiroshima vor sich gegangen ist. Es gab bereits ähnliche Momente. Vor zwei Jahren überraschte der Tod von Chris Benoit uns alle, 2005 erfuhr ich kurz vor einer wXw Show, dass Eddie Guerrero tot aufgefunden wurde. Ich empfand damals ähnliche Leere, ähnliche Hilflosigkeit wie ich sie heute Abend, einen Tag nach Misawas tragischem Tod empfinde. Vor allem aber sitzt der Schock über dieses Ereignis bei mir noch so tief, dass eine Beschäftigung mit diesem Thema für mich noch immer Beschäftigung mit einem Ereignis bedeutet, dass ich aktuell weder für real halten kann, noch es verarbeiten kann. Dennoch ein kleiner Blick auf das, was Misawa dieser, unserer Wrestling Welt gegeben hat.

Mitsuharu Misawa wurde am 18. Juni 1962 in Koshiyaga geboren. Sein Weg begann im Amateur-Wrestling. Dort erzielte er im Jahr 1980 den fünften Platz bei den Freistilweltmeisterschaften. Misawa feierte 1981 sein Pro Wrestling-Debüt bei All Japan Pro Wrestling, von 1984 bis 1990 wrestelte er als Tiger Mask der zweiten Generation, bevor er sich von Toshiaki Kawada während eines Matches demaskieren ließ. So sehr er auch als Tiger Mask II überzeugte, erst seine Demaskierung leitete den Erfolg ein, der schließlich dafür sorgte, dass der Name Mitsuharu Misawa einer derer ist, die als Synonym für Puroresu gesehen werden können. Am 22. Juli 1992 konnte Misawa zum ersten Mal die Triple Crown, den bedeutensten Titel von All Japan, gewinnen und hielt den Titel nahezu zwei Jahre lang. Weitere vier Male sollte er bis 1999 diesen Titel gewinnen.

Markanterweise bedeutete der Tod von Giant Baba für Misawa einen Wendepunkt. Eigentlich sah sich Misawa bereits an der Spitze von All Japan, doch nach Differenzen mit der Witwe Babas und nach einer Entmachtung durch weitere Offizielle von AJPW gründete Misawa im Jahr 2000 Pro Wrestling NOAH. Welche Bedeutung dieser eine Wrestler, der die Führungsperson bei All Japan verlor, für die weiteren All Japan Wrestler hatte, manifestierte sich daran, dass alle Wrestler der Liga, mit Ausnahme von seinem langjährigen Rivalen Toshiaki Kawada und Masanobu Fuchi, Misawa auf die Arche folgten und sich bessere Zeiten unter der Leitung ihres Steuermanns Mitsuharu Misawa erhofften. Neun Jahre lang führte Misawa NOAH erfolgreich, er gewann dabei 3 Mal den wichtigsten Titel seiner neuen Liga, den Heavyweight Titel in der Version Global Honored Crown und lieferte sich im Jahr 2003 das wohl beste NOAH Match aller Zeiten, als Kenta Kobashi Misawa nach dem Burning Hammer bezwingen konnte. Damals landete Misawa auf dem Kopf, auch bei seinem Match an der Seite von Go Shiozaki gegen Bison Smith & Akitoshi Saito am Samstag landete Misawa nach einem Backdrop auf dem Kopf und konnte sich nicht mehr bewegen.

Mittlerweile kursiert ein Video, das die Wiederbelebungsmaßnahmen unmittelbar nach dieser Aktion zeigen, im Internet. In diesem Video kommen die Gefühle, die ich weiter oben schon beschrieb, in einer Deutlichkeit wieder zum Tragen, die erschreckend ist. Zunächst ist es die Stille, die Leere, die den Zuschauer wahnsinnig macht. Es überwiegt der Schock. Der Schock über das, was man da im Ring sehen muss. Man sieht muskulöse Männer, von denen einer einfach auf der Matte liegt und sich nicht mehr bewegt.

Schließlich ist da noch die Hilflosigkeit. Misawa liegt im Ring. Um ihn herum scharren sich Helfer, Wrestler und schließlich, nach etwa vier Minuten scheinbar auch so etwas wie Sanitäter, nachdem die Zuschauer in ihrer Hilflosigkeit Minuten zuvor schon lautstark den Namen ihres Helden skandierten. Ich bin mir sicher, dass alle Zuschauer in der Halle die Ernsthaftigkeit dieser Situation erkannten, doch ihr „MI-SA-WA“ Chant zeugte von einer gewissen Hoffnung. Der Hoffnung, dass Misawa doch noch einmal aufsteht und dem Tod entrinnt. Oder war es doch nur die Verzweiflung? Die Verzweiflung und das gleichzeitige Erinnern an bessere Zeiten? An Zeiten, in denen ein „MI-SA-WA“ Chant bedeutete, dass man einen Kämpfer im Ring nach vorne prescht, ihm bekundet, dass man ihn bewundert und dass man sich wünscht, neue Glanzleistungen zu sehen.

Doch all das ist nun vorbei. Misawa ist tot. Uns allen bleibt die Erinnerung an einen großartigen Wrestler. Uns bleibt die Erinnerung an Mitsuharu Misawa, der gemeinsam mit Toshiaki Kawada und Kenta Kobashi einige der bedeutensten Matches der Wrestlinggeschichte lieferte.

In diesem Sinne:

MI-SA-WA !