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MVP: Zukunftshoffnung mit dunkler Vergangenheit

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Published on:
21.05.2007, 00:00 
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Er debütierte in einer Rolle als überhypter Schnösel mit großer Klappe und nichts dahinter. Und nachdem dieses Debüt ziemlich verunglückte dachten viele auch, dass das Gimmick Montel Vontavious Porter und der Wrestler dahinter recht nahe beieinander lagen. Mit seiner Matchserie gegen Chris Benoit, der hinter den Kulissen als sein größter Förderer gilt, hat MVP nun jedoch seine Kritiker verstummen lassen. Und dieselben Internet-Fans, die ihn vor einem Jahr als „Power Ranger“ verspotteten, entwerfen nun die ersten Szenarien, wann und wie man MVP seinen ersten World Title geben sollte. So weit ist es noch nicht, aber für den US Title hat es nun bei Judgment Day zumindest schon mal gereicht

Hinter dem Aufstieg von Alvin Burke - wie MVP im wirklichen Leben heißt - steht eine beinahe hollywoodreife Geschichte. Denn wäre sein Leben ab einem gewissen Punkt anders verlaufen, würde er sein Leben heute nicht zwischen Stahlseilen verbringen - sondern hinter Stahlgittern. Neun Jahre seines Lebens verbrachte Burke im Gefängnis - und es wären noch mehr geworden, wenn er sein Leben dort nicht radikal umgekrempelt hätte.

Junges Leben schien ruiniert

Burke wuchs als Kind einer allein erziehenden Mutter in Opa-Locka, Florida auf, einem Moloch wie es Buche steht. Die Pro-Kopf-Rate der dort begangenen Verbrechen ist an kaum einem Ort in den USA so hoch wie dort: Die Anzahl an schweren Körperverletzungsdelikten ist dreimal so hoch wie im nationalen Durchschnitt, die der Raubüberfälle über fünfmal, die der Morde mehr als siebenmal so hoch. Und wie zu viele Kinder aus dieser Gegend schlug Burke eine typische Gangster-Laufbahn ein.

Er flog von diversen Schulen und schloss sich schon im frühesten Teenageralter einer Gang an. Mit 14 sah er das erste Jugendgefängnis von innen, ein Jahr später schien er sich sein junges Leben endgültig ruiniert zu haben, bevor es überhaupt angefangen hatte. Ein Gericht verurteilte ihn zu 18 Jahren Gefängnis wegen Entführung und bewaffnetem Raubüberfall. Über die genauen Umstände der Tat hat Burke noch nie öffentlich gesprochen, nur so viel: „Ich habe viele falsche Entscheidungen getroffen.“

Kriminellen Versuchungen widerstanden

Doch genau da, wo man es am wenigsten erwartet, kam Burkes Leben auf die richtige Bahn. Er attestiert dem Gefängnisaufenthalt im Nachhinein jedenfalls pädagogische Wirkung: „Ich habe dort eine Bildung bekommen, wie man sie in Harvard nicht erhält“, erinnert er sich: „Ich habe viele soziale Aspekte des Lebens gelernt – vor allem, wie ich meine Wut unter Kontrolle halte.“ Burke konvertierte außerdem zum Islam und nahm den muslimischen Alternativnamen „Hassan Hamid Asaad“ an. Burke wurde zu einem Musterinsassen und kam wegen guter Führung schon nach der Hälfte der Zeit wieder auf freien Fuß.

Fast genauso wichtig: Burke fand im Gefängnis ein Lebensziel. Ein Gefängniswärter, der sich als Indy-Wrestler ein Zubrot verdiente, begeisterte Burke für das Wrestling, indem er ihm Tapes mitbrachte und fesselnde Road Stories erzählte. Nach seiner Entlassung verschaffte er ihm auch einen Platz in der Wrestlingschule des früheren WWF-Undercarders Duke „The Dumpster“ Droese. Burkes erste Erfahrungen in einer Liga in Jacksonville waren nicht sehr ermutigend: Er fuhr fünf Stunden mit dem Auto in eine fremde Stadt – nur damit er um seine Antrittsgage betrogen wurde.

Auch sonst musste Burke hart darum kämpfen, das Leben in Freiheit auf die Reihe zu bekommen. Einen festen Job mit seinem Vorstrafenregister zu bekommen war leichter gesagt als getan, er schlug sich als Türsteher und Rausschmeißer in Nacht- und Stripclubs durch.
Zeitweise war Burke pleite und drohte mehr als einmal, wieder in die Kriminalität abzudriften, um leichtes Geld zu verdienen. Doch Burke schwor sich sauber zu bleiben, egal was passieren mochte – und er hielt sich daran.

Aufgeblasene Sportstars als Inspiration

Es sollte sich auszahlen: Burke etablierte sich als Antonio Banks in Floridas Indy-Szene und kletterte die Leiter immer weiter nach oben. Er tourte durch Puerto Rico, bekam Tryout-Matches bei TNA und Ring Of Honor und gelangte schließlich auf den WWE-Radarschirm: Im Oktober 2005 unterschrieb er einen Development-Vertrag. Was für einen Rohdiamanten die Liga damit unter Vertrag nahm, registrierten damals die wenigsten. Banks’ einziges ROH-Match gegen Homicide hatte keinen größeren Eindruck hinterlassen und auch Kenner von Floridas Indy-Szene glaubten, dass es eher seine Qualitäten als Redner denn als Wrestler waren, die ihm die Anstellung bescherten.

Auch in der Farmliga Deep South Wrestling fiel er eher durch die Entwicklung seines Gimmicks auf als durch gute Matches. Er taufte sich der doppeldeutigen Kurzform wegen in Montel Vontavious Porter um, ließ sich stets von einem „Agenten“ zum Ring begleiten und knipste unterlegene Gegner mit einem Fotohandy. Das Gimmick wurde dann in der WWE auf die Spitze getrieben, als er sich mit SmackDown!-GM Theodore Long laut Storyline einen wochenlangen Verhandlungsmarathon lieferte. In diesem schlug er für sich einen gigantisch dotierten Vertrag heraus, nur um in seinem viel beworbenen Debütmatch einen hageren Jobber zu bezwingen. Sein Auftreten hat Porter übrigens einer Reihe von aufgeblasenen Sportstars nachempfunden, die ihm in seiner Zeit als Nachtclub-Angestellter auf die Nerven gegangen sind. „Man wollte ihnen eins aufs Maul geben – nicht weil sie Geld hatten, sondern weil sie Idioten waren“, erinnert er sich.

Im Gegensatz zu besagter Spezies jedoch ist MVP der Fleisch gewordene Wunschtraum eines jeden Wrestlingpuristen: Jede freie Minute verbringt er mit dem Studium alter Tapes, um seine Ringpsychologie zu verbessern – und lässt sich dabei gerade auch von Größen aus Japan inspirieren. Er hat es als Wunschtraum angegeben, einmal im Tokyo Dome mit Masa Chono oder Hiroyoshi Tenzan den Ring teilen zu dürfen. Es ist also kein Zufall, dass MVP mit einem Alleskönner wie Benoit so gut mithalten und die Fans durch technische Finessen und „japanhafte“ Aktionen überraschen konnte. Und es ist erst recht kein Wunder, dass Benoit jemanden wie ihn mit Freude unter seine Fittiche genommen hat, um ihm nach oben zu helfen - trotz seiner dunklen Vergangenheit.
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