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Baron von Hagen (deutsch)

Interview

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Published on:
06.12.2006, 00:00 
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Für Baron von Hagen wird der kommende Samstag ein ganz besonderer Tag. Wenn er am 09.12. in Soest in den wXw Ring steigt um gemeinsam mit Murat Bosporus gegen Ares und Claudio Castagnoli anzutreten, weiß er, dass sein Karriereende nur noch drei Gongschläge entfernt ist. Und dabei ist es gerade mal zweieinhalb Jahre her, dass er seine Stiefel zum ersten Mal geschnürrt hat.

CAGEMATCH: Hagen, nach deinem kometenhaften Aufstieg folgt nun ein abruptes Ende. Nach dem verlorenen Titelmatch im Oktober gegen Ares hast du zum Jahresende deinen Rücktritt erklärt. Wie hast du dich in diesem Moment gefühlt?

BARON VON HAGEN: Es war in dem Moment schon überwältigend, aber da der Entschluss länger stand war ich relativ gefasst. Als ich zum Publikum gesprochen habe, habe ich dann ehrlich gesagt was ich empfinde. Es war dann irgendwie ein Mischmasch der Gefühle. Sowohl Positive als auch Negative.

CAGEMATCH: Du hast zwar gesagt, dass du wegen gesundheitlicher Probleme aufhören musst, aber viele deiner Fans rätseln immer noch, was genau dich denn nun plagt. Die Gerüchte reichen ja von einer Nackenverletzung bis hin zum exzessiven Steroidemissbrauch. Klär' uns doch bitte auf.

BARON VON HAGEN: Ja, also das ich Steroide genommen habe ist offensichtlich. Waschbrettbauch, aus hundert Metern und in Abenddämmerung sichtbare Venen auf den Armen...

Nein, also der Grund ist klar. Ziemlich schwere Verschleißerscheinungen im Rücken- und Nackenbereich, die eben bereits unangenehme Begleiterscheinungen hatten und mir quasi in kurzer Zeit die Wahl aufzuhören abgenommen hätten. Und da habe ich dann eben selber frühzeitig die Entscheidung getroffen, solang es noch meine eigene Entscheidung war.

CAGEMATCH: Da wir das nun geklärt haben, lass uns doch einen Blick auf dein am Samstag anstehendes, letztes Match werfen. Gemeinsam mit Murat Bosporus, den du als deinen Tag Team Partner ausgesucht hast, wirst du auf die Swiss Money Holding in Originalbesetzung - sprich Ares und Claudio Castagnoli - treffen. Was erwartest du dir selbst von diesem Match?

BARON VON HAGEN: Ich erwarte einen guten Kampf und ich weiß, dass alle Beteiligten den liefern können. Ich denke, dass ich mit den drei besten Schwergewichten der wXw Vergangenheit und Gegenwart den Ring teile und will zeigen, dass ich mit ihnen mithalten kann.

CAGEMATCH: Wo du es schon ansprichst... Wenn du siehst, was Murat, Ares und Claudio, die ihre ersten größeren Erfolge ja allesamt in der wXw gefeiert haben, mittlerweile erreicht haben, denkst du, dass du, vorausgesetzt deine Verletztung hätte dich nicht eingebremst, ebenfalls den Sprung nach Japan oder Amerika geschafft hättest?

BARON VON HAGEN: Na ja, ich denke es gibt viele Europäer derzeit, die das Talent haben, den Sprung in eines der großen Wrestlingländer zu schaffen. Ich kann es für mich schwer einschätzen, man weiß nie, was noch gekommen wäre und man sollte eigentlich auch nicht zu viel darüber nachdenken. Ich war nur etwas über zwei Jahre Aktiver, es wäre natürlich noch einiges an Steigerungs- und Verbesserungspotential für mich da gewesen.

CAGEMATCH: Du sagst, es gibt derzeit viele Talente in Europa. Wer davon hat denn in deinen Augen die Fähigkeiten die Lücke, die du bei der wXw zweifellos hinterläßt, adäquat zu schließen?

BARON VON HAGEN: Ich denke, dass mich keiner ersetzen kann. Das klingt im ersten Augenblick arrogant, aber es ist einfach so, dass ich ein Individuum bin und man niemanden eins zu eins ersetzen kann.

Aber darauf zielt die Frage auch nicht ab, wie ich gemerkt hätte wenn ich gleich ordentlich gelesen hätte. Also: Die wXw hat an einer Sache keinen Mangel, nämlich an jungen Talenten. Im Bereich der Schwergewichte fallen mir spontan Adam Polak und Bad Bones ein. Adam ist einer der unterschätztesten Wrestler Europas und verbessert sich stetig, wenn er wieder genesen ist sehe ich für ihn die Chance, sich als Einzelkämpfer in Europa zu etablieren.

Bad Bones ist ein akribischer Arbeiter im Ring und auch im Kraftraum. Er kann sowohl hart einstecken als auch austeilen und hat eine unglaubliche Präsenz. Wenn er gesund bleibt ist er in naher Zukunft ein Spitzenmann.

Ein weiterer Mann mit großem Potential als Schwergewicht wäre Wesley Croton. Er hat einen fantastischen Ringerhintergrund, große Technik und gute körperliche Fitness. In einigen wichtigen Bereichen hat er allerdings noch Steigerungspotential.

Den wXw Leichtgewichtsnachwuchs will ich erst gar nicht ansprechen, da dieser eigentlich schon weitesgehend in der Liga etabliert ist.

CAGEMATCH: Adam Polak, Bad Bones, Wesley Croton... alles Namen, die schon seit einiger Zeit bei der wXw zu sehen sind. Aber was ist mit einer externen Lösung? Was ist zum Beispiel mit einem Absolute Andy, der ja mittlerweile auch versucht in Essen und Soest Fuß zu fassen?

BARON VON HAGEN: Andy ist mit Sicherheit zu DEN kommenden deutschen Schwergewichten zu zählen. Und als solches hat er natürlich auch große Chancen sich in der wXw zu etablieren. Wenn wir mal von der "Jugendlösung" abweichen, kann ich mir auch einen Eric Schwarz als mehr als adäquaten Ersatz vorstellen.

CAGEMATCH: Nach diesem Blick in die Zukunft nun ein Sprung in die Vergangenheit. Wie bist du auf Wrestling aufmerksam geworden und wann hast du dich entschlossen, dass du selbst in den Ring steigen willst?

BARON VON HAGEN: Auf die Gefahr hin viele Leute zu schocken, aber mein erster Wrestlingheld war Hulk Hogan. Und ich schäme mich nicht es zuzugeben.

Außerdem bin ich schon früh mit japanischen Wrestling konfrontiert worden und es hat mich damals erschüttert, weil es viel echter war als das, was die WWF bot. Unterhalten wurde ich aber von beiden Formen des Wrestlings. Später wuchs dann das Interesse an den japanischen Produkten und ich begann mich auch in Europa umzusehen. Ich fing an intensives Muskelaufbautraining zu betreiben und nahm schließlich an einem Trainingscamp der holländischen FCW teil.

Der Wunsch war einfach in mir, zu trainieren und es dann irgendwann in den Ring zu schaffen, und ehe ich mich versah wollten Promoter mich einsetzen. So in der Art wie jedes Kind im Sommer diesen Jahres Fussball schaute und auch einmal in der Nationalelf spielen wollte, habe ich eben davon geträumt in den Ring zu steigen. Und mein Traum wurde wahr.

CAGEMATCH: Doch bei dem Trainingscamp der FCW blieb es ja nicht. Soweit ich weiß hast du die Gelegenheit genutzt und auch mit Leuten wie Karsten Kretschmer, Dave Taylor und Kendo KaShin trainiert.

BARON VON HAGEN: Das ist korrekt. Die Trainingseinheiten mit Taylor und KaShin waren sehr fordernd, aber am meisten gelernt habe ich zweifelsohne von Karsten Kretschmer, der in Hamburg großartiges Training bietet und damit der deutschen Wrestlingszene einen guten Dienst erweist.

CAGEMATCH: Wie ist es zu erklären, dass du es innerhalb von zwei Jahren bis an die Spitze einer europäischen renomierten Liga wie wXw geschafft hast, während andere "Experten" seit sechs, sieben Jahren auf einen Niveau herumkrebsen, dass selbst mit Wohlwollen betrachtet nur knapp über der Armutsgrenze anzusiedeln ist? Ist das eine Frage des Talent oder eine Frage des Willens sich stetig zu verbessern?

BARON VON HAGEN: Talent spielt immer eine Rolle, natürlich aber auch Sachen wie Glück, Timing und Ernsthaftigkeit. Ich denke vor allem Letzteres fehlt bei vielen. Meine Vermutung ist, dass es viele gibt die denken, man könnte Wrestling als kleine Nebensache ohne großen Aufwand betreiben. Ergebnis ist, dass diese Leute auf einem bestimmten Niveau trainieren und wenig eingesetzt werden. Wenn dann stehen sie meistens nur mit den gleichen Gegnern im Ring. So ist natürlich jegliche Form der Weiterentwicklung, unabhängig vom Talent, komplett gehemmt. Man muss, wenn man in diesem Sport bestehen will, einiges opfern und aufwenden, und da gibt es in Europa noch ein paar Leute, die gegenüber mir weitaus mehr opfern mussten und geopfert haben, um es im Wrestling zu schaffen.

CAGEMATCH: Du hast es ja nicht nur geschafft dich in Deutschland sondern auch im restlichen Europa durchzusetzen. Neben Belgien, den Niederlanden und Frankreich warst du auch in England, Österreich und der Schweiz aktiv. Wo hat es dir am meisten Spaß gemacht in den Ring zu steigen?

BARON VON HAGEN: Also Spaß hatte ich denke ich überall, nur auf verschiedene Weise. In der wXw in Essen hatte man teilweise Hexenkesselatmosphäre und man steht schon manchmal im Ring und denkt: "Moment... das sind NUR 150 Leute?" Es fließen Energien durch die Adern von denen man nie dachte, dass sie in einem stecken. Auch in Bad Vöslau in Österreich hatte ich einen riesigen Spaß, ein sehr emotionales Publikum, dass den Ring mit Keksen bombardierte.

Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass ich den meisten Spaß vor lauten und emotionalen Zuschauern hatte. Die gibt es überall, aber ich würde hier ganz weit vorne wXw in Essen, ICWA in Frankreich und eben Rings of Europe in Österreich nennen. Überall ein Publikum das mitgeht, überall auf völlig unterschiedliche Art und Weise.

CAGEMATCH: Neben den vielen verschiedenen Orten hast du es auch mit vielen verschiedenen Gegnern im Ring zu tun gehabt. Die Palette reichte von absoluten Topleuten wie Doug Williams, Jun Akiyama, Ares und Murat Bosporus bis zu Newcomer wie Go Shiozaki und Tengkwa. Gegen wen hast du deiner Meinung nach die besten Matches bestritten?

BARON VON HAGEN: Ich denke, die Antwort auf die Frage ist überraschend, aber meine meiner Meinung nach besten Matches hatte ich in Norderstedt, meinem Wohnort in Hamburg. Aber im Prinzip bin ich mit jedem Kampf zufrieden nach dem ich den Eindruck habe, 100% abgerufen zu haben.

CAGEMATCH: In der Tat überraschend. Die Catch Wrestling Show in Norderstedt war ja auch einer der wenigen Anläße, zu dem das Publikum wirklich geschlossen hinter dir stand. Oft genug durftest du dir auch Tiraden a lá "Deine Mutter ist Kugelstoßerin" anhören. Macht es für dich einen großen Unterschied, ob die Fans für oder gegen dich sind?

BARON VON HAGEN: Bei allen sportlichen Aspekten ist das Spiel mit dem Publikum ein wichtiger Bestandteil im Wrestling. Ob für oder gegen dich, um dein Leistungsmaximum abrufen zu können, braucht man ein lebhaftes Publikum, das einen anpeitscht, einem hilft weiter zu machen, wenn die Beine nicht mehr wollen. Klar sind einige Sprechchöre nicht von allerhöchstem Niveau, aber sie sind voll mit Emotionen und helfen Zuschauern, Spaß an Kämpfn zu haben und helfen den Aktiven, sich selbst zu pushen. Kurz gesagt: Es macht keinen Unterschied, solange die Zuschauer "im Match" sind.

CAGEMATCH: Immer viel anhören darf sich auch Adam Polak. Heute liegt der Fokus der Fans eher auf deinen Einzelkämpfen, den Durchbruch hast du jedoch als Tag Team Wrestler geschafft. Welchen Anteil hat dein Team Partner an deinem Aufstieg gehabt? Es wirkt oft so, als stehe er etwas zu sehr in deinem Schatten.

BARON VON HAGEN: Es stimmt schon, dass ich mehr Aufmerksamkeit bekomme als Adam und auch Vries, um das dritte HCCC Mitglied in die Betrachtung einzuschließen. Das ändert aber nichts daran, dass ich persönlich beide für bessere Wrestler halte.

Adam hat eine unglaubliche Chemie mit dem Publikum und ein absolutes Wrestlinghirn. Er kann überall bestehen, ob in Zirkuszelten in Belgien, auf Kirchplätzen in Frankreich oder in kleinen vernebelten Discotheken. Ohne Adam wäre ich nicht da, wo ich hingekommen bin. Vries ist ein fantastischer Techniker. Außerdem ist er unheimlich zäh und beherrscht ein unerschöpfliches Arsenal an Tricks und Kniffen, was man aufgrund seiner schmächtigen Statur nicht wirklich denkt.

Mein Stil ist vielleicht einfach der, der momentan den Zuschauern am meisten zusagt, was aber nichts an der gehobenen Qualität der beiden ändert.

CAGEMATCH: Einen Großteil deiner Erfolge und der damit verbundenen Aufmerksamkeit hast du ja bei Westside Xtreme Wrestling errungen. Warum hat man dich bei anderen deutschen Ligen wie PWA, EWP und auch GSW nicht berücksichtigt?

BARON VON HAGEN: Die Ligen haben denke ich eine andere Vorstellung von Wrestling und eventuell damit verbunden eben auch Wrestlern, die sie einsetzen wollen. Die Ligen hatten kein Interesse an mir und es hat mir keine schlaflosen Nächte gebracht, dass besagte Ligen nicht bei mir angefragt haben, belassen wir es dabei.

CAGEMATCH: Na gut. Halten wir uns nicht mit den Versäumnissen anderer auf und kommen zum Ende dieses Interviews. Gibt es noch etwas, was du den Fans, die am Samstag nach Soest kommen, um deinem letzten Match beizuwohnen, sagen willst?

BARON VON HAGEN: Ich denke, gesagt wurde genug. Jetzt geht es eben darum, Taten folgen zu lassen. Und dies wird Samstag passieren.
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