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Claudio Castagnoli (deutsch)

Interview

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Published on:
18.10.2005, 00:00 
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CAGEMATCH: Claudio, was war der wichtigste Grund dafür, dass du in die USA gegangen bist? War es das Geld?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Geld? Habe ich soeben Geld gehört? Ich hoffe dir ist klar, dass du hier mit einem SMHler sprichst. Gut, schon haben wir einen Punkt geklärt.

CAGEMATCH: Dann vielleicht das Prestige?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Schon eher. In Europa haben wir ja bereits einiges erreicht. Aber wie Ares, Marc Roudin und ich im vergangenen Jahr bewiesen haben, gab und gibt es noch eine Menge zu erreichen. Man siehe nur wie die beiden Italien gewissermaßen erobert haben. Amerika als „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ ist aber noch einmal eine Stufe höher: Es ist es ein Abenteuer, die Möglichkeit etwas Neues zu erreichen, sich neue Ziele zu stecken.

CAGEMATCH: Wie wurdest du als Schweizer von den US-Kollegen aufgenommen?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Amerikanische Wrestler haben immer Respekt vor ihren europäischen Kollegen, weil sie wissen, dass sie im Ring etwas drauf haben. Ich hatte das Glück, dass ich gute Trainer hatte und diesem Vorurteil auch ein wenig entsprechen konnte. Aber natürlich will auch jeder beweisen dass er besser ist als der neue Typ da aus dem Land der Schokolade.

CAGEMATCH: Gab es Kulturschocks oder sonstige skurrile Ereignisse?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Kulturschocks eher weniger. Ich war schon vorher mehrmals in den USA, so dass ich wusste was auf mich zukommt. Ein paar Europäer aus einem anderen Land des Käses hatten da wohl mehr Probleme und seitdem sah man sie auch nicht mehr wieder. Skurrile Ereignisse gibt es dagegen am Laufmeter. Ich meine wir SMHler haben einen gewissen Standard. Und wie man oft sieht haben den Amerikaner nicht. Keine Manieren, keine gute Kinderstube und so weiter. Die Schweiz ist ein Traum für sie und wir kommen aus diesem Traumland! Das spricht wohl für sich selbst.

CAGEMATCH: Wie sieht dein Tages- bzw. Wochenablauf drüben so aus?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Es gibt hier dreimal Wrestlingtraining unter der Woche. Dazu bin ich praktisch jeden Tag im Gym anzutreffen. An den Wochenenden sind dann die Shows. Meist geht die Reise schon am Freitag los das heißt meine einzigen „freien“ Abende sind Mittwoch und meistens Sonntag.

CAGEMATCH: Weil du jetzt in den USA bist, kannst du deinen Year End Award als bester Euro-Wrestler nicht verteidigen. Wer verdient es denn deiner Meinung nach, dein Nachfolger zu werden?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Ares natürlich. Warum, muss ich eigentlich nicht groß erläutern: Ich sage nur Champion in Italien, wXw Champion, Misawa, Marifuji, Kobashi…

CAGEMATCH: Apropos Nachfolger: Ist Marc Roudin ein würdiger Ersatz für dich bei der Swiss Money Holding?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Wenn er das nicht wäre, hätten wir ihn nie aufgenommen. Was viele nicht verstehen, Marc Roudin ist nicht der „nächste Double C“ mein „Nachfolger“ oder so was. Er ist der erste Marc Roudin und war auch schon dabei als ich noch in Europa war. Er ist sehr gut in dem was er macht und wird gerne unterschätzt. Man sollte froh sein wenn man ihn zu seinen Leuten zählen kann da er immer hundert Prozent gibt.

CAGEMATCH: Hoffst du, dass es irgendwann eine Reunion der Swiss Money Holding in den USA gibt?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Natürlich hoffe ich das. Wie überall würde sich die SMH wie die Spreu vom Weizen trennen und die Leute würden sehen was für Klasse wir haben.

CAGEMATCH: Was hast du während bisher in den USA gelernt, was du in Europa nicht lernen konntest?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Der vielleicht größte Vorteil und etwas wofür ich sehr dankbar bin und eine unglaubliche Erfahrung ist regelmäßig mit Skayde zu trainieren, dem Headtrainer von Toryumon Mexico. Dieser Mann ist einfach unglaublich! Ich habe allgemein das Glück mit Leuten zu trainieren, die ihr Handwerk genauso lieben wie ich und es auch ausgezeichnet verstehen. Aber auch in Europa gibt es gute Schulen und Lehrmeister, wo man unendlich viel von lernen kann.

CAGEMATCH: Was ist der wichtigste Unterschied zwischen der europäischen und der amerikanischen Indy-Szene?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Die Distanzen sind größer und es gibt viel mehr Wrestler. Der Talentpool ist unglaublich. Es gibt so viele extrem gute Leute, die in Europa oft völlig unbekannt sind. Es ist ein ständiger Kampf und Wettlauf, das hohe Niveau zu halten.

CAGEMATCH: Ein besonders hohes Niveau wird ja immer wieder Ring of Honor attestiert – wo du vor kurzem dein Debüt für bestritten hast. Was war das für ein Gefühl, bei dieser von der Fachwelt so verehrten Liga antreten zu dürfen?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Was bitte bedeutet Fachwelt? Das ROH oder Moonsault Message Forum oder in diesem Fall das Cageboard? Oder vielleicht hast du Draht zu höheren Wrestling Persönlichkeiten, welche dir das bestätigt haben?

CAGEMATCH: Wenn du so fragst, natürlich das Cageboard…

CLAUDIO CASTAGNOLI: Wie auch immer: ROH ist definitiv eine Liga, wo im Moment die Creme de la Creme des US Independent Wrestlings zu finden ist. Und seien wir ehrlich, ich bin dabei mir meinen Ruf zu erarbeiten und da ist das natürlich eine gute Plattform.

CAGEMATCH: Warst du denn zufrieden mit dem Match gegen Nigel McGuiness?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Ich hab verloren, wie soll ich da zufrieden sein? Ich bin nicht jemand der sagt „Oh ich hab verloren, aber das macht nichts“. Ich bin ein Gewinner! Swiss Money Holding steht für Erfolg! Also wird jetzt noch härter gearbeitet, damit so was nicht wieder geschieht.

CAGEMATCH: Was willst du bei ROH noch reißen?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Dasselbe wie überall: So weit wie möglich nach oben kommen. Wo die SMH Fuß setzt, da geht es nach vorne. Und wenn nicht dann hat das alles seine Gründe und ist vielleicht nur Strategie.

CAGEMATCH: Interessanterweise hast du am selben Tag bei RoH debütiert wie Matt Hardy. Hast du ihn denn hinter den Kulissen kennen gelernt?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Natürlich, eigentlich kam er nur, weil ich auch da war. Deshalb haben wir backstage zusammen Kaffee getrunken und angeregt über europäische Politik diskutiert. Er war super freundlich zu allen und jedem und ist ein durchaus guter Mensch.

CAGEMATCH: So ganz glaube ich dir das nicht.

CLAUDIO CASTAGNOLI: Es stimmt auch nicht: In Wirklichkeit hat er sich vom Rest von uns völlig abgeschottet, weil er sich für sich etwas Besseres hält. Er redete mit niemandem und wenn, dann war er total unfreundlich.

CAGEMATCH: Auch das wirkt nicht ganz authentisch.

CLAUDIO CASTAGNOLI: Ist es auch nicht. Keine dieser Versionen ist korrekt, denn es gehört nicht hierhin.

CAGEMATCH: Was hältst du von der Art und Weise, wie er vor seinem WWE-Comeback mit dem Internet gespielt hat?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Die Storyline war in dem Sinne genial, weil alle doch so smarten Fans auch darauf reingefallen sind.

CAGEMATCH: Das Internet ist ganz allgemein aus der Wrestlingwelt nicht mehr wegzudenken – was bekanntlich nicht jedem Wrestler gefällt. Wie stehst du dazu?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Es kommt darauf an. Das Internet ist gut um sich Informationen zu beschaffen und auf dem Laufenden zu bleiben.

CAGEMATCH: Aber?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Wenn sich jeder der einen Report tippen kann für einen Fachmann hält und seine Meinung für das Non Plus Ultra ist es einfach lächerlich. Es ist immer wieder amüsant zu sehen wie wichtig sich Fans nehmen. Fans mit Gimmicks. „Hi, ich bin ‚KachelMann’ vom Board so und so…“ Diese Fans haben keinen Schimmer was abgeht. Oder sie haben einmal etwas mitbekommen und halten sich jetzt für was Besonderes.

CAGEMATCH: Deine Botschaft an diese Art von Anhängern?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Bleibt Fans, nicht mehr und nicht weniger! Es ist so was schönes ein reiner Fan zu sein. Glaubt ja nicht das Wrestler einen smarten Fan bevorzugen. Zu dem Thema gibt es auch von Ares eine etwas ältere aber doch hervorragende Kolumne auf swissmoneyholding.ch.

CAGEMATCH: Vermisst du denn die europäischen Fans, im Speziellen die der wXw?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Ob ich die pseudo-smarten, Bier trinkenden Schreihälse vermisse, die ständig damit beschäftigt sind, Chants zu grölen, die oft nichts mit dem Match zu tun haben, sondern nur sich und ihre ach so geile Clique over bringen? Ein bisschen schon, aber nicht laut sagen!

CAGEMATCH: Die Wichtigkeit von Gimmicks wird von den „smarten“ Fans tendenziell eher klein geredet. Was meinst du: Wie wichtig war bzw. ist das Gimmick des profitgierigen Schweizers für deine Karriere?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Nur vier Worte: Es ist meine Karriere!

CAGEMATCH: Warum trittst du dann in den USA nicht als Double C sondern unter deinem vollen Namen an?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Nun, das ging teilweise schon in Europa los. Ich dachte das sei der richtige Schritt, weil der Name den Leuten im Kopf bleibt. Und das sollte er auch!

CAGEMATCH: Was für einen Geschmack hat denn Claudio Castagnoli, der Wrestlingfan?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Im Moment gucke ich mir ziemlich viel CMLL an. Aber das ändert sich oft. Ich schaue auch viel World of Sport und was ich gerade in die Hände bekomme. Einen Lieblingsstil kann ich nicht so richtig ausmachen, ich mag einfach gutes Wrestling - und das gibt es in vielen verschiedenen Stilen. Wenn ich etwas wählen müsste, dürfte es wohl das britische Wrestling sein. Jim Breaks ist wohl mein Allzeit-Favorit. Los Guererros del Infierno stehen bei mir im Moment hoch im Kurs.

CAGEMATCH: Das Wrestling ist ja kein ganz ungefährliches Hobby: Eine falsch getimte Aktion kann einen wie Droz in den Rollstuhl befördern oder Schlimmeres – der Fall Dan Quirk hat es allen noch einmal ins Bewusstsein gerufen. Wie gehst du als Wrestler mit der stetig präsenten Gefahr um?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Man lernt damit zu leben und sich so gut es geht, davor zu schützen. Es ist wie im alltäglichen Leben. Man kann über die Straße gehen und von einem Auto angefahren werden. Und das passiert deutlich mehr als ein Unfall im Ring. Die Gefahr ist immer da, wenn man sich jedoch davon einschüchtern lässt, hat man praktisch verloren.

CAGEMATCH: Was für Ziele hast du dir denn noch gesteckt?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Die WWE ist natürlich immer ein Ziel - für mich ist es irgendwie aber nicht das primäre. Japan ist so ziemlich der Traum eines jeden Wrestlers. Auch nach Mexiko würde ich sehr gerne gehen. TNA ist eine interessante Alternative zur WWE und sicher würde ich mich auch da über ein Engagement freuen.

CAGEMATCH: Noch bist du ja in der Indy-Szene. Die ist allerdings kurz davor, mehrere MVPs zu verlieren: CM Punk, James Gibson und Spanky sind in der WWE beziehungsweise auf dem Weg dorthin, Bryan Danielson denkt an Rücktritt. Kann die Szene das verkraften?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Nun, diese Leute waren ja nicht seit dem Beginn der Indy-Szene da, oder? Es gab vor ihnen Topleute und es wird auch nach ihnen Topleute geben. Klar wird der Verlust im Moment einige Ligen schmerzen. Aber man muss auch sehen, dass die WWE für die genannten Personen ein großer Sprung nach vorne ist.

CAGEMATCH: Der Pro Wrestling Torch hat dich kürzlich in die Top 5 von IWA Mid South eingeordnet. Wie wichtig ist dir Anerkennung von solcher Seite?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Ich muss ehrlich sagen, dass ich das gerade eben zum ersten Mal gehört habe.

CAGEMATCH: Ian Rotten, der Promoter von IWA Mid South, wo du regelmäßig antrittst, hat erklärt, dass IWA MS aus finanziellen Gründen womöglich zum Jahresende seine Pforten schließen muss. Was ist da schief gelaufen?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Ian hat sich da wohl ein wenig an der Börse verspekuliert. Und auch seine Investitionen in letzter Zeit waren etwas fragwürdig. So sind zwei Swimmingpools und ein Ferienhaus doch ein wenig viel.

CAGEMATCH: Als du nach Amerika gegangen bist warst du in Europa so etwas wie der Häuptling im Dorf. In den USA musstest du wieder bei Null anfangen. Wie bist du mit der Situation umgegangen?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Ich musste nicht ganz unten anfangen, da mich einige aus Europa kannten. Trotzdem war es ein wenig frustrierend – ebenso wie die Tatsache, dass meine Kontakte zum „alten Dorf“ abbrechen und man in Vergessenheit gerät.

CAGEMATCH: Bereust du denn deinen Sprung über den großen Teich?

CLAUDIO CASTAGNOLI: Nein, dem anfänglichen Frust bin ich mit harter Arbeit begegnet. Niemand von der Swiss Money Holding ist arbeitsscheu, ansonsten wäre keiner von uns da, wo wir heute sind. Ein guter und auch weiser Freund von mir pflegt zu sagen: „Cream rises to the top“ – Sahne schwimmt immer nach oben.
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