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John Bradshaw Layfield: "I'm a Wrestling........God!"

Biografie

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Published on:
22.01.2005, 00:00 
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Für Forrest Gump ist das Leben bekanntlich wie eine Pralinenschachtel. WWE-Superstar John „Bradshaw“ Layfield vergleicht es lieber mit einem Kartenspiel: „Es bringt nichts, sich über das zugeteilte Blatt aufzuregen – oder über den Kartengeber. Aus den Karten, die man kriegt, muss man das Beste machen.“ Vor seinem Wrestlingdebüt im Jahr 1992 schien es, als hätte es der Kartengeber nicht gut mit John Layfield gemeint: Sein Traum von einer Karriere als Profi-Footballspieler zerplatzte aufgrund einer Knieverletzung. Schlimmer noch: Layfields Besitztümer beschränkten sich auf einen zwölf Jahre alten Pickup Truck und 27 Dollar Bargeld.

BILD1Wie kam es so weit? Der am 29. November 1967 geborene John Layfield wuchs in Sweetwater auf, einer 12.000 Einwohner starken Kleinstadt in Texas. Sein Vater Lavelle Layfield, ein Bankleiter und Prediger für die Church of Christ, war und ist eine lokale Größe in Sweetwater. Als größtes Talent von Layfields Filius entpuppte sich der American Football: John Layfield begann seine Karriere auf der High School seiner Heimatstadt, bei den Sweetwater Mustangs.

Ebenso wie sein Vater besuchte Layfield die Abilene Christian University, um Geschichte zu studieren. Die ACU ist eine mit der Church of Christ verbundene Privathochschule mit strengen Sitten: Mitarbeiter der Universität fuhren beispielsweise Kontrolltouren, um sicher zu stellen, dass die Studenten auch außerhalb des Campus keinen Alkohol trinken. Eine Regel, die Bradshaw, der gerne einmal einen über den Durst kippte, des Öfteren zum Verhängnis wurde.

Den größten Ärger bekam der junge Layfield, als er einen Abend in einer Örtlichkeit namens „Butterfield Junction“ verbrachte – nicht um zu trinken, sondern um zu kämpfen. Sein Gegner war braun und über 300 kg schwer: Nein, es war nicht Mabel, sondern ein ausgewachsener Bär, dem von seinem Dompteur natürlich Zähne und Krallen entfernt wurden! Dem Bezwinger des Tiers winkten 1500 Dollar – Bradshaw konnte dieses ungleiche Aufeinandertreffen allerdings nicht für sich entscheiden. Dabei hatte er noch zwei Monate vorher vor seinen Kumpels geprahlt, dass er einen Bären nach Strich und Faden vermöbeln würde – dass sie tatsächlich einen auftreiben würden, hätte Layfield natürlich nicht gedacht.

Hauptsächlich frönte Bradshaw auf dem College seiner Leidenschaft für den American Football. Als Offensivtackle konnte er bei den ACU Wildcats auftrumpfen und erspielte die sich die prestigeträchtige Auszeichnung ins All-America-Team berufen zu werden. Seine letzten beiden Spiele für ACU bestritt er trotz eines Beinbruchs.

Bradshaw heuerte nach dem Collegeabschluss bei den Los Angeles Raiders an und trainierte mit dem NFL-Team, ehe er für eine Saison in der World League, der heutigen NFL Europe unterkam. Dort verdingte er sich bei den San Antonio Riders. Obwohl er noch immer erhebliche Knieprobleme hatte, erkämpfte er sich einen Stammplatz in der Offensive Line. Vor der zweiten Saison wurde Layfield allerdings in die Wüste geschickt. Er schreibt dies dem Umstand zu, dass die NFL die World League mehr und mehr für sich entdeckte und stärkere Spieler entsandte. Da war kein Platz mehr für den von Verletzungen geplagten John Layfield.

Nachdem der Traum von der Profikarriere geplatzt war, fand sich Layfield ohne Job und (fast) ohne Geld in der Tasche wieder: Seine Spielergehälter hatte er mit vollen Händen ausgegeben – unter anderem für Trips nach Hawaii und Las Vegas. Zwei Entschlüsse reiften in John Layfield: Er brauchte einen neuen Job um wieder Geld zu verdienen und eine neue Einstellung, wie man mit diesem Geld umgeht.

BILD2Layfield ging den Weg, den viele frühere Footballer einschlugen: In das Wrestlinggeviert. Die nötigen Kontakte verschaffte ihm sein World-League-Kollege Randy Thornton. Trainiert wurde Layfield in Minnesota von Brad Rheingans, einem früheren Olympiaringer und AWA-Superstar, der 1987 auch kurzzeitig in der WWF anzutreffen war. Auf sich aufmerksam machte Layfield erstmals in der Global Wrestling Federation, die in seinem Heimatstaat Texas beheimatet war.

Layfield trat in der GWF als John Hawk an und bildete dort mit Bobby Duncum jr. die Texas Mustangs – WCW-Fans dürften den im Jahr 2000 verstorbenen Duncum noch als Mitglied der West Texas Rednecks in Erinnerung haben. Die beiden hatten den Ruf, im Ring ein wenig zu stiff zu sein, weswegen nicht jeder in der GWF gerne gegen die Mustangs antrat.

Gerade einmal zwei Monate nach Hawks Debüt holten sich die Texas Mustangs mit einem Sieg über Black Bart und Johnny Mantel den GWF-Tag-Team-Titel. Das Match fand am 27. November 1992 - John Layfields 25. Geburtstag – statt. Den Titel mussten die Mustangs im Januar des darauf folgenden Jahres an Bad Breed, also Ian und Axl Rotten, abgeben.

Den Tag-Titel einer weiteren texanischen Promotion eroberte John Hawk, als im Juni 1993 zusammen mit dem Equalizer die bis dato amtierenden USWF-Champs Black Bart und Butch Blackheart besiegte. Der ominöse Black Bart war es auch, der an Layfields Seite stand, als er sich zum zweiten Mal die GWF-Tag-Team-Gürtel umschnallen durfte. Der Weihnachtsmann meinte es gut mit Hawk und Black Bart, denn am 25. Dezember konnten die beiden Chaz Taylor und Steve Dane bezwingen. Ein halbes Jahr später mussten John Hawk und sein Partner das Gold wieder abgeben – und zwar an Michael „PS“ Hayes und Jimmy Garvin, die legendären Fabulous Freebirds. Seinen einzigen Einzeltitel außerhalb der WWE holte sich John Hawk Anfang 1995 in Dallas, als er Kevin von Erich für den NWA North America Titel besiegte. Zwei Monate später wurde ihm dieser von Greg „The Hammer“ Valentine wieder abgenommen.

Seine Indy-Karriere führte Layfield rund um den Globus: In der mexikanischen AAA hatte er einige bizarre Auftritte als Vampiro Americano, während er sich den japanischen Fans der Promotion WAR als Death Mask präsentierte. Auch nach Good Old Germany führte Layfields Reise: Mit einem Wohnwagen tourte Layfield für die CWA von Otto Wanz durch die Lande. Seinen größten Erfolg feierte an der Seite von Cannonball Grizzly, mit dem er sich die CWA-Tag-Team-Gürtel holen konnte. Die beiden Rheingans-Schüler holten sich am 5. November 1995 das Gold von August Smisl und Ulf Hermann.

Kurze Zeit später wurde die WWF auf den raubeinigen Brawler aufmerksam und holte John Layfield 1996 nach Stamford. Sonderlich einfallsreich war man allerdings nicht, was sein Gimmick anbelangte: Man verpasste Layfield ein Rancher-Outfit, eine Kuhglocke und den Lariat als Finisher: Fertig war die x-te Stan-Hansen-Blaupause. Begleitet wurde Justin „Hawk“ Bradshaw, wie Layfield getauft wurde, von Zebekiah alias Dutch Mantel, dem heutigen Chefbooker von TNA.

Ein bis zwei Jahrzehnte zuvor wäre dieses Heel-Gimmick womöglich ein Straßenfeger gewesen, aber die Zeit mit der man außerhalb von Texas mit Cowboywrestlern einen Blumentopf gewinnen konnte, war 1996 bereits vorbei. Also schlug sich Bradshaw mit Undercardern wie Freddie Joe Floyd und Hakushi herum. Das einzige Match Bradshaws aus dieser Zeit, dass den Fans in Erinnerung blieb, war sein Kampf gegen den Undertaker bei RAW am 1. April 1996. Hier fiel nämlich der Startschuss der denkwürdigen Fehde des Takers mit Mankind, nachdem dieser den Deadman, der den Kampf bereits in der Tasche hatte, attackierte.

Bradshaw dagegen verschwand schleichend in der Undercard: Auch Aktionen wie sein Turn gegen Zebekiah verhalfen ihm nicht zu mehr Zuschauerinteresse. Der Tiefpunkt war bei „In your House – Beware of the Dog“ erreicht, wo sich Bradshaw vom betagten Jake „The Snake“ Roberts squashen lassen musste. Es folgte ein kleiner Angle mit Savio Vega, den Bradshaw beim „International Incident“ besiegen durfte. Den Rückkampf entschied Savio allerdings in einem Caribbean Strap Match für sich.

Bald darauf wurde der Charakter Justin „Hawk“ Bradshaw beerdigt. Die WWF war aber weiterhin von John Layfield überzeugt und suchte eine neue Einsatzmöglichkeit für ihn. Um die Jahreswende war es dann soweit: Die WWE schaltete einige Promos, in denen Layfields Onkel Blackjack Lanza an einem Lagerfeuer in der Prärie saß und den Tag Teams der WWE mitteilte, dass sie sich umgucken sollten. Bald würden nämlich neue Blackjacks auf die WWE losgelassen. Wer diese „New Blackjacks“ sein würden, konnten sich Kenner der Szene damals schon denken, denn außer Bradshaw hing noch ein weiterer Nachkomme der Blackjack-Sippe bei der WWE in der Luft: Barry Windham, der Sohn von Blackjack Mulligan. Windhams vormaliges Gimmick als mit Tarnfarbe beschmierter „Stalker“ war ebenfalls keine Erfolgsgeschichte vor den Herren.

Bradshaw und Barry Windham schnitten sich ihre Haare kurz, färbten sie schwarz, ließen sich Schnurrbärte wachsen und waren fortan Blackjack Bradshaw und Blackjack Windham, die New Blackjacks. Eigentlich ein durchaus viel versprechendes Gimmick, dessen Potenzial allerdings von der WWE nicht so recht ausgeschöpft wurde: Die beiden Heels hatten eine kurze Fehde mit den Godwinns und einen Auftritt bei WrestleMania 13, wo auch ihr Push anfing zu versanden: Die beiden mussten im Fatal Four Way um den Tag-Team-Titel – in dem sie sich den Headbangers, den Godwinns und dem Gespann Doug Furnas und Philip LaFon gegenüber sahen - recht schnell die Segel streichen.

Es folgte eine Face-Turn der beiden Blackjacks, nach welchem sie es unter anderem mit dem späteren Kultteam „Bad Ass“ Billy Gunn und „Road Dogg“ Jesse James zu tun bekamen. Bald darauf trennten sich die Wege der New Blackjacks. Vollzogen wurde der Split, als Windham seinen Partner nach einem Match gegen Jeff Jarrett attackierte und sich Jarretts NWA-Gruppierung anschloss.

BILD3Nach der logischen Fehde gegen Windham und den Rest der von Jim Cornette gemanagten NWA war Bradshaw wieder eine Weile als Einzelwrestler unterwegs, wiederum war dem Run nicht besonders viel Erfolg beschieden: Aufmerksamkeit erregte Bradshaw nur mit seinem guten Abschneiden beim so genannten „Brawl for All“-Turnier: Abseits der regulären Storylines traten hier die besonders hart gesottenen WWE-Superstars in einer Art Boxkonkurrenz an, bei denen der Ausgang der Matches nicht abgesprochen war. Bradshaw besiegte Mark Canterbury, Marc Mero und Darren Drozdov, unterlag im Finale jedoch dem früheren Tag-Team-Champion Bart Gunn. Peinlich für die WWE: Gunn wurde bei WrestleMania vom pummeligen Profiboxer Eric „Butterbean“ Esch ausgeknockt. Das „Brawl for All“ blieb aus gutem Grund eine einmalige Angelegenheit.

Danach hatte Bradshaw ein kleines Scharmützel mit den abgedrehten Japanern von Kaientai und bildete für kurze Zeit ein Team mit der Hardcore-Legende Terry Funk. Als Funk die Partnerschaft beendete und dafür von Bradshaw attackiert wurde, fand sich Bradshaw in der Rolle des Bösewichts wieder. Es folgte eine kleine Fehde mit Vader, der jedoch zur damaligen Zeit nicht mehr als ein Edeljobber in der WWE war. In einem Falls-count-anywhere-Match bei dem Pay Per View “Breakdown” im September 1998 durfte Bradshaw die Legende tatsächlich besiegen.

Als die WWE erkannte, dass das Ganze nicht das Gelbe vom Ei war, bekam Bradshaw einen neuen Tag-Team-Partner: Faarooq. Bradshaw und der ehemalige Anführer der Nation of Domination malten sich fortan merkwürdige Symbole auf die Brust und nannten sich die Acolytes. Zu Beginn wurden die beiden von Jackyl alias Don Callis gemanagt, dessen sie sich allerdings recht bald entledigten.

Die Acolytes schlossen sich Anfang 1999 stattdessen dem Undertaker an und wurden die ersten Mitglieder der Ministry of Darkness. Der Undertaker war damals mit einem noch finstereren Gimmick unterwegs, als man es von ihm gewohnt ist und war und überhaupt war die Ministry-Geschichte die wohl düsterste Storyline, an die sich die WWE jemals herangewagt hat: Es gab Kreuzigungen, Entführungen, Lynchversuche und als Höhepunkt eine versuchte „Black Wedding“ des Takers mit Stephanie McMahon. Der Ministry gehörten außer den genannten noch Mideon alias Dennis Knight, Viscera - der frühere Mabel – und die Brood, also Edge, Christian und Gangrel an. Beim allerersten SmackDown verbündete sich die Ministry mit der Corporation um Shane McMahon und wurde zur Corporate Ministry.

Das gesamte Gimmick war hoch umstritten, Bradshaw verteidigte seine Rolle in der Storyline jedoch gegen die Kritiker, die die Grenze zum Unmoralischen überschritten sahen: „Ich spiele einen bösen Charakter in einer Seifenoper zur Hauptsendezeit. Böse Menschen tun eben böse Dinge.“ Und weiter: „Wer sich eine Sendung ansehen will, die eine Moral übermittelt, soll sich eine Video von Barney, dem Dinosaurier ausleihen!”

Im Fahrwasser dieser Storyline gelang es den Acolytes Fuß in der Tag-Team-Szene der WWE zu fassen. Schließlich konnten sich die beiden finsteren Gesellen am 25. Mai 1999 das erste Mal das Gold um die Hüften schnallen, als sie das ungleiche, aber überaus beliebte Duo Kane und X-Pac besiegten. Zwischenzeitlich verloren die Acolytes das Gold an die Hardy Boyz, gewannen es aber am 25. Juli 1999 bei „Fully Loaded“ die Belts zurück – Da nützte es den Hardy auch nichts, dass sie ihrem Mentor Michael Hayes in diesem Handicap-Match an ihrer Seite hatten. Die Regentschaft dauerte jedoch nur kurz: Genau zwei Wochen später gingen die Belts zurück auf Anfang – an Kane und X-Pac.

Nachdem die Ministry ausgedient hatte, bekamen auch Bradshaw und Faarooq einen einen neuen Anstrich: Aus den Acolytes wurde die Acolytes Protection Agency – kurz APA. Anstatt dunkle Messen zu zelebrieren, boten sich die beiden nun als Personenschützer an: Die ersten, die ihre Dienste in Anspruch nahmen, waren am 31. Januar 2000 Shane McMahons Kumpels von der Mean Street Posse. Als Schaltzentrale der APA, die später sogar Werbespots schaltete um ihre „Geschäftsidee“ zu vermarkten, diente ihr karg eingerichtetes Büro: Das hatte zwar keine Wände, aber wehe, wenn irgendjemand die Tür nicht benutzte.

BILD4Größere Erfolge im Ring blieben der APA verwehrt. Machte aber nichts: Was der APA viel mehr am Herzen lag, waren ein kühles Bier und eine zünftige Partie Poker: Anstelle von Tag-Team-Gold gewannen die beiden den Ringsprecher Howard Finkel beim Kartenspielen. Trotzdem schloss das Publikum die unterhaltsame APA ins Herz.

Bradshaw und Faarooq hatten ihre Nische gefunden: Sie spielten zwei Charaktere, die im Großen und Ganzen ihrem Wesen entsprachen. Faarooq meinte hierzu in einem Interview: „John und ich gehen auch privat gerne mal in eine Bar. Aber wahrscheinlich geraten wir dabei in nicht allzu viele Schlägereien - die Acolytes schon.” Das Team erwies sich als äußerst langlebig, weshalb John Layfield und Ron Simmons auch privat die dicksten Freunde wurden. Aus gutem Grund: Bradshaw sah seinen Partner häufiger als seine eigene Ehefrau.

Die Krönung des APA-Runs erfolgte während der Invasionsstoryline: Bradshaw und Faarooq stellten sich an die Spitze des Widerstands der WWEler gegen die Alliance, also die storylinemäßigen Überreste der untergegangenen Promotions WCW und ECW. Kurz bevor die Dudley Boys mit ihren ECW-Kollegen der Alliance beitrat, konnte die APA den beiden ihren Tag-Team-Titel abspenstig machen: Der Titelwechsel ereignete sich bei RAW am 9. Juli 2001, die APA benötigte hierbei allerdings die Hilfe von Spike Dudley, der seinen Bruder Bubba Ray mit einer Krücke attackierte.

Der Alliance gelang exakt einen Monat später die Revanche bei SmackDown: Die beiden WCWler Diamond Dallas Page und „Alliance-MVP“ Chris Kanyon holten sich den Titel mit Hilfe von Test, der Bradshaw mit dem Gürtel niederschlug. Eine kleine Revanche an der Alliance gelang Bradshaw am 22. Oktober 2001: Er widerstand den Superkräften von Alliance-Superheld Hurricane Helms und holte sich den mittlerweile abgeschafften Europa-Championtitel mit einer krachenden Clothesline from Hell. Der Gürtel wurde Bradshaw bereits zehn Tage später wieder abgenommen. Alliance-Mitglied Christian besiegte Bradshaw per Beltshot in einem Match, das für Smackdown aufgezeichnet, aber nicht ausgestrahlt wurde – bezeichnend für den Wert des Europameistertitels.

Den Titelgewinn konnte man als Testlauf für Bradshaws nächsten Run als Einzelwrestler werten: Bei der Brand Extension nach WrestleMania X-8 wurde Bradshaw zu RAW, Faarooq hingegen zu SmackDown gelost. Die wieder belebte NWO – Kevin Nash, Scott Hall und X-Pac – nutzte das Vakuum: Die drei besetzten das leer stehende APA-Büro und sprühten ihren Schriftzug an die Tür. Klar, dass Bradshaw das nicht auf sich sitzen ließ: Der Texaner fehdete mit der NWO, musste sich jedoch meisten für die bösen Jungs hinlegen – unter anderem bei Backlash, als er sich trotz der der einmaligen Unterstützung durch Faarooq Scott Hall beugen musste.

Den Großteil des Sommers 2002 verbrachte Bradshaw mit der Jagd nach dem Hardcore-Titel: Diesen konnte er insgesamt 18 Mal – nach offiziellen Angaben aber nur zweimal - erringen. Der Belt besaß aufgrund der anfangs amüsanten, aber bis zum Exzess ausgeschlachteten 24/7-Regel nicht mehr Wert als eine schimmlige Dörrpflaume. Daher lohnt es sich nicht, näher auf die Bradshaws Kurzregentschaften einzugehen.

Eine sinnvollere Verwendung für Bradshaw fand die WWE, als sie ihn gegen die Un-Americans stellten: Als die kanadischen Heels Lance Storm, Christian und Test nach einem Match gegen Kane am 2. September 2002 die US-Flagge in Brand stecken wollten, rettete Bradshaw mit seinem Eingreifen Kane und die Fahne. Die patriotisch angehauchte Fehde musste allerdings gestoppt werden, bevor sie richtig losgehen konnte: Bradshaw zog sich kurz darauf einen Muskelriss zu und war sechs Monate außer Gefecht.

BILD5Kaum einer wäre als Gegner für die Un-Americans besser geeignet gewesen: In seiner Internet-Kolumne auf WWE.com outet sich Layfield regelmäßig und out of character als Ultrapatriot rechtskonservativer Prägung. In seinen ebenso provokanten wie polarisierenden Kommentaren zieht der bekennende Bush-Anhänger gegen alles zu Felde, was seiner Meinung nach unpatriotisch ist: Michael Moore, Irakkriegsgegner und liberale Medien. Layfield untermauert seine Worte aber auch mit Taten: Mehrmals besuchte er in den vergangenen Jahren die US-Truppen in Afghanistan sowie im Irak.

Vor seinem WWE-Comeback musste Bradshaw seinen Ringrost bei der Farmliga OVW loswerden: Hier wurde Bradshaw erneut an die Seite von Ron Simmons alias Faarooq gestellt: Die beiden konnten sich am 10. April 2003 sogar die Southern Tag Team Titel sichern: Sie besiegten Travis Bane - den heutigen Tyson Tomko - und Seven, der den WWE-Fans durch seinen verhunzten Run als Sündenpriester Mordecai ein Begriff ist.

Im Juni 2003 kehrte die APA auf die große Bühne zurück – diesmal im SmackDown-Roster. Sonderlich spektakulär geriet der letzte Run des Teams jedoch nicht: Erwähnenswert sind nur zwei beiläufige Kuriositäten: Einerseits war da eine Fehde gegen die Basham Brothers, bei der Bradshaw dem Basham-Valet Shaniqua einen Clothesline from Hell verpasste. Diese Aktion bewirkte laut Storyline eine dauerhafte Schwellung von Shaniquas Brustgegend – eine mehr oder minder elegante Erklärung für Shaniquas Brustvergrößerung.

Zum anderen wäre da der Bar Room Brawl bei Vengeance: Für diesen äußerst sonderbaren Event wurde in der Halle eigens eine Theke errichtet. Bradshaw setzte sich in diesem ebenso brutalen wie verwirrendem Kampf gegen Faarooq, die Bashams, Sean O’Haire, die Tough-Enough-Sieger John Hennigan (Johnny Nitro) und Matt Cappotelli, den Brooklyn Brawler, die als Conquistadores maskierten Rob Conway und Johnny Jeter, Doink den Clown (Nick „Eugene“ Dinsmore), Brother Love und den Osterhasen durch. Auch der irakische Diktator Saddam Hussein erhielt eine Einladung, blieb dem Scharmützel jedoch unentschuldigt fern.

Ihr endgültiges Ende fand die APA in der letzten SmackDown-Ausgabe vor WrestleMania 20. Weil sich die beiden über den damaligen General Manager Paul Heyman lustig machten, verfügte dieser, dass sie gefeuert seien, wenn sie ihr Titelmatch gegen Rikishi und Scotty Too Hotty verlieren. So geschah es auch, doch Heyman beschränkte sich darauf, Faarooq zu entlassen. Anstatt sich für Faarooq einzusetzen, wandte sich Bradshaw von seinem Partner ab und akzeptierte die Entscheidung. Ironie des Schicksals: Zwei Tage später wurde Ron Simmons aufgrund seiner privaten Probleme tatsächlich aus der WWE entlassen.

Wie das WWE-Leben so spielt, wandelte sich Bradshaws Charakter binnen einer Woche um 180 Grad: Nach WrestleMania überraschte Bradshaw die Fans, als er mit edlem Zwirn und eine 1000 Dollar teuren Stetson bekleidet auf der Bildfläche erschien. Bradshaw ließ sich in einer Luxuslimousine zum Ring kutschieren und wurde jetzt als John „Bradshaw“ Layfield – kurz JBL – angekündigt. Er wies auf seinen Erfolg an der Börse hin und erklärte, dass Typen wie er Regierungen und große Konzerne leiten. Bradshaw sprach davon, einen „Impact“ zu machen. Und er hielt Wort: Noch in derselben Ausgabe attackierte er den WWE-Champion Eddie Guerrero.

Layfields neues Gimmick wurde ihm auf den Leib geschneidert: Schon seit langem hatte er sich hinter den Kulissen einen Ruf als Börsenguru der WWE erarbeitet. Layfield hatte aus seinem Quasi-Bankrott nach dem College gelernt und legte das als Wrestler verdiente Geld langfristig an – und das mit Erfolg. Sein Laptop und ein Stapel Finanzfachblätter sind Layfields treueste Reisebegleiter und wenn seine Kollegen Football schauen, hängt sein Blick zumeist an den Börsenkursen auf CNBC. Layfield wurde 2003 sogar zum Fachautor: Sein im Juli veröffentlichtes Buch „Have More Money Now“, ein Finanzratgeber mit autobiographischen Elementen, verkaufte sich prächtig. Auch die Fernsehsender Fox News und später CNBC engagierten Layfield als Finanzexperte.

In den Wochen nach WrestleMania 20 begann eine intensive Fehde mit Guerrero, in der sich JBL mit seinem neuen Gimmick als eine Mischung aus dem „Million Dollar Man“ Ted DiBiase, J.R. Ewing, George W. Bush und dem republikanischen Politiker Pat Buchanan. Von letzterem übernahm er die abfälligen Kommentare über lateinamerikanische Einwanderer, mit denen er den Champion bis aufs Blut reizte. Zusätzlich wurde die Fehde durch einen Zwischenfall bei einer House Show angeheizt: JBL störte hier die Siegesfeier von Eddie Guerreros Familie, wobei Eddies Mutter kollabierte. Laut Storyline erlitt sie dabei einen leichten Herzinfarkt. Das alles fand bei den Fans nur wenig Anklang, was zu Beginn für den gesamten JBL-Charakter galt.

Eigentlich war JBLs Push eine Idee, die aus der blanken Not geboren wurde. SmackDown wurde durch den Weggang von Brock Lesnar und die verletzungsbedingten Ausfälle von Kurt Angle und Big Show sämtliche Topheels auf einmal los. Diese prekäre Konstellation spülte JBL in einem noch nie da gewesenen Tempo von der Undercard in den Main Event. Kolumnisten und eingefleischte WWE-Anhänger empfanden dies als völlig ungerechtfertigt und übersahen dabei, dass sich John Layfield nach Anlaufschwierigkeiten immer besser in die Rolle einfand.

BILD6Die WWE-Booker arbeiteten den Charakter mit viel Liebe zum Detail aus und gaben JBL viel Zeit für Promos, bei denen er ungeahnte Fähigkeiten am Mikrofon offenbarte. Auch bei seinem ersten Main Event bei Judgement Day lieferte er eine ordentliche Vorstellung ab: In einem brutalen Match, bei dem Eddie wie das sprichwörtliche Schwein blutete, siegte JBL per DQ.

Bei der House Show in München im Juni 2004 fiel jedoch ein Schatten auf JBL: Bei einem Tag Team Match mit Booker T gegen Eddie Guerrero und den Undertaker provozierte Bradshaw die deutschen Fans mit Anspielung auf die unrühmliche Vergangenheit des deutschen Volkes: Stechschritt und Hitlergruß. Was in den deutschen Medien abseits der Wrestlingszene gänzlich unbeachtet blieb, löste in den USA einen Sturm der Entrüstung aus. Die Wrestlingjournaille bezeichnete JBLs wenig geschmackssichere Aktion als illegal – was eine ziemliche Vereinfachung der komplizierten deutschen Rechtslage zu verfassungsfeindlicher Symbolik darstellt.

Wie dem auch sei: Bradshaw verlor seinen lukrativen Nebenjob als Börsenfachmann bei CNBC – da half auch die eiligst von der WWE-Website veröffentlichte Entschuldigung nicht mehr. Einige Experten sahen das Totenglöckchen für JBLs Push, wenn nicht sogar für seine Karriere geläutet. WWE-Boss Vince McMahon hielt jedoch an JBL fest und stärkte ihm sogar den Rücken, indem er ihm ein Forum für eine äußerst intensive Promo bei SmackDown am 17. Juni 2004 gab.

Wie zu besten Attitude-Zeiten verschwammen hier die Grenzen zwischen der Kunstfigur JBL mit dem Privatmenschen John Layfield: Er schoss gegen CNBC, Sean Penn und die Irakkriegsgegner. Er meinte, dass Mutter Teresa eine Prostituierte sei, wenn JBL kein großer Amerikaner ist. Erst am Ende spann er den Bogen zu seiner Fehde gegen Eddie Guerrero, der ihn schlussendlich auch attackierte.

Auch außerhalb des Rings fand John Layfield harsche Worte für die Kritiker seiner Aktion in München: Er beharrte auf der Sichtweise, dass alles erlaubt sei, wenn man eine Rolle spielt. In der Howard-Stern-Show gab er zu Protokoll: „Das mag euch jetzt schockieren, aber Fred Feuerstein ist nicht real. Auch Al Pacino ist nicht der Teufel, er hat ihn nur gespielt. Bradshaw ist ein Schurke, ich bin es nicht!“ In derselben Sendung hatte Layfield auch eine freudigere Ankündigung zu machen: Seine Verlobung mit Meredith Whitney, Nachrichtensprecherin bei Fox News. Es wäre nach der gescheiterten Ehe mit Cindy die zweite Hochzeit Layfields.

Was Vince McMahon letztlich bewog, JBL den Championtitel zu geben, weiß niemand genau: War es eine Trotzreaktion auf das verheerende Medienecho, das JBL auslöste? Eine notwendige Maßnahme, um den nervlich angeschlagenen Eddie Guerrero aus dem Rampenlicht zu nehmen? Oder trieb ihn doch die schlichte Erkenntnis an, dass ein Heelchamp, der von den Guten gejagt wird die Show interessanter macht? Vielleicht war es auch eine Kombination aller drei Faktoren, jedenfalls siegte JBL beim Great American Bash in einem Bullrope Match gegen Eddie Guerrero. Um ein solches Match zu gewinnen, muss man aller vier Ringecken hintereinander berühren, ohne dass einen der Gegner, mit dem man über ein Seil verbunden ist, daran hindert. Als beide Kontrahenten drei Ringecken berührt hatten verpasste Eddie dem blutig geschlagenen JBL einen Clothesline in die umkämpfte vierte Ringecke. General Manager Kurt Angle entschied, dass JBL so die vierte Ecke als erster berührte und erkannte ihm den Titel zu.

Beobachter sahen in JBL zu Beginn allenfalls einen Übergangschamp, doch sie sahen sich getäuscht. Er behauptete sich gegen Herausforderer wie Eddie Guerrero, den Undertaker, Booker T und Kurt Angle – fast immer auf unfaire Weise, versteht sich. Behilflich war ihm zumeist sein „Kabinett“, dass ihm nach und nach zur Seite gestellt wurde: Der viel versprechende Jungstar Orlando Jordan als „Chief of Staff“, das Divasearch-Nebenprodukt Amy Weber als Imageberaterin und zuletzt die Basham Brothers als „Secretaries of Defense“.

Inzwischen ist JBL Langzeitchamp, Garant für unterhaltsame Sequenzen und der unumstrittene Top-Heel des SmackDown-Rosters. Es sieht alles danach aus, als ob er seinen Titel bis WrestleMania behält. Wer John Layfield das vor Jahresfrist prophezeit hätte, wäre wohl für verrückt erklärt worden – auch von ihm selbst. Doch es zeigte sich, dass Vince McMahon jahrelange Loyalität und konstante Leistungen auch mit höheren Weihen zu würdigen weiß – obwohl Bradshaws Fähigkeiten im Ring limitiert sind. Man kann sagen: John Layfield hat das Beste aus den Karten gemacht, die das Leben ihm zuteilte.
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