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Phils WWE-Blog #51: Armageddon, einer der besten Pay Per Views des WWE-Jahres

Kolumne

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Published on:
15.12.2008, 22:57 
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Disclaimer: Meine Arbeit lässt regelmäßige Blogs zu Veranstaltungen nicht mehr zu, daher wird das Blog in seiner Form umgewandelt, um dem Namen gerechter zu werden. Unter diesem Namen entstehen in Zukunft unregelmäßige, nicht unbedingt nur auf eine Veranstaltung zugeschnittene Kolumnen zum aktuellen Geschehen in der WWE. Ich hoffe, es gefällt euch trotzdem.



Die WWE beendete ihr PPV-Jahr am gestrigen Sonntag mit einer der besten Veranstaltungen des Jahres, welche den Unkenrufen im Vorfeld zum Trotz über fast 180 Minuten Mainstream-Wrestling der Spitzenklasse bieten konnte. Nach einem soliden Opener nutzten CM Punk und Rey Mysterio die ihnen zugeteilte Zeit, um die Messlatte für die nachfolgenden Matches hoch zu setzen und die Fans so richtig anzuheizen. Das von ihnen zelebrierte Niveau hielt sich mit wenigen Ausnahmen über den Rest des Abends, von einem "besser als gedachten" Belfast Brawl und dem wegen der Kommentatoren teils skurilen, teils amüsanten Divenmatch bis zu den drei Main Events, die sich von Match zu Match steigerten, um schließlich am Ende des Abends die Rakete auf dem Rücken von Jeff Hardy in einem wahren Feuerwerk aufgehen zu lassen. Die Leistung der Wrestler und das herausragende Booking mit ausschließlich klaren Siegern ließen den begeisterungsfreudigen Zuschauern gar keine andere Wahl, als die Atmosphäre zu einem Erlebnis auch am Bildschirm zu machen. Daher meine eindeutige Empfehlung, bevor ich auf die einzelnen Matches eingehe: Anschauen.

Das Eröffnungsmatch bewies meiner Meinung nach meine These aus dem Roundtable, dass Matt Hardy wegen seines Stils ein besseres Match aus Vladimir Kozlov würde ziehen können als Triple H oder der Undertaker. Kozlov braucht einen Gegner, den er dominieren kann, da er gegen andere Powerhouses wie die genannten Stars hoffnungslos untergeht. Dass der Ukrainer noch mächtig grün hinter den Ohren ist, wurde auch in diesem Match deutlich, das größtenteils von Hardys Fähigkeit lebte, nahezu 80% eines Matches damit zu verbringen, den Gegner gut aussehen zu lassen. Am Ende stand der Sieger genauso fest wie vor dem Match, allen Versuchen Matt Strikers zum Trotz, die Non-Title-Matchbedingung in einem logischen Licht erscheinen zu lassen. Es war ein solider, bedenkenloser Opener, den wir alle in einem Monat vergessen haben werden.

Das Finale um die Chance auf ein Intercontinental-Titelmatch, so absurd diese Premisse angesichts der Dutzenden Intercontinental-Titelmatches alleine im letzten halben Jahr auch gewesen sein mag, stellte meine Erwartungen komplett in den Schatten. Rey Mysterio war gesund und munter und beide Wrestler bekamen nicht nur die Zeit, um ein hochkarätiges Match aufzustellen, sondern auch die Freiheit, es nicht bloß mit Restholds zu füllen. Der sportliche Beginn steigerte sich zu einem spannenden Verlauf, was das aufmerksame Publikum bemerkte und mehr und mehr für die Wrestler und für das Match begeisterte. Das Ende, gefüllt mit einem Haufen starker und knapper Nearfalls, überraschte durch die Klarheit. Weder Mike Knox noch William Regal griffen ein, so dass CM Punks deutlicher Sieg einen dicken Unterstrich unter die Tatsache zeichnete, dass Punk noch eine große Zukunft in der Liga bevorsteht. Die Parallelen mit Chris Jericho, Rob Van Dam und Edge, die einige Jahre zuvor genau zur selben Zeit mit William Regal um den selben Titel fehdeten, sind unverkennbar.

Was mir bei dem Segment mit JBL und Shawn Michaels als erstes auffiel, war, wie schmal und schlank JBL geworden ist. Sein Gewichtsverlust stellt fast den von Randy Orton in den Schatten. Als nächstes fiel mir auf, wie mir dieser Charakter von JBL tatsächlich gefiel, seine Art und sein Auftreten. Shawn Michaels auf der anderen Seite hatte zunächst offensichtlich inhaltliche Probleme mit seiner Promo. Es ist schwer, ihm abzukaufen, dass er trotz der Wirtschaftskrise in irgendeiner Form von Geldnot stecken könnte. Das Ergebnis war, dass das Publikum - mehr als von Michaels offensichtlich erhofft, weswegen er gegen Ende der Promo etwas frustriert wirkte - den Heartbreak Kid mit "You sold out"-Sprechchören verabschiedete, obwohl er in dieser Situation als Mann ohne Optionen präsentiert wird. Es ist zu früh zu sagen, ob die Fehde in dieser Form noch funktionieren kann, doch es wird weitere Überzeugungsarbeit notwendig sein, um die Fans von Michaels' Alternativlosigkeit zu überzeugen und sie wieder mit ihm gegen JBL sympathisieren zu lassen. Ungeachtet dessen finde ich diese Fehde klasse, weil es ein erwachsenes Thema bedient, was man nicht von allen WWE-Storylines sagen kann.

Der Belfast Brawl zwischen Finlay und Mark Henry war besser als alles, was ich erhofft hatte. Ich hatte auf einen kurzen, harmlosen Plunderbrawl gehofft, stattdessen bekam ich eine etwas längere, spaßige Plunderschlacht zu sehen. Mark Henry sah gut aus und Finlay wurde durch die initiale Abwesenheit von Hornswoggle nicht durch Kinderspielzeuge abgelenkt und konnte seinen inneren harten Hund herauslassen, wie ich ihn einst vor sieben Jahren einen Meter vor mir auf Terry Funk habe herniedergehen sehen. Insgesamt ein unterhaltsamer Brawl, der das zu dem Zeitpunkt aufgewühlte und laute Publikum bei der Stange halten konnte.

Das Aufeinandertreffen der ehemaligen Evolution-Mitglieder Batista und Randy Orton enttäuschte für meine Verhältnisse minimal, was aber ganz ehrlich auf Grund der überzogenen Erwartungen im Vorfeld meinerseits kein Wunder ist. Das Match selbst war Standardkost auf gutem Niveau beider Beteiligten, doch der Reiz des Neuen, diese beiden gegeneinander kämpfen zu sehen, sorgte dafür, dass es trotzdem nicht langweilig wurde. Spätestens als Randy Orton die Schlange auspackte - übrigens nicht im Sinne von Jake Roberts bei Heroes of Wrestling, vielen Dank - und sich Vipernhaft auf den RKO vorbereitete, wurde klar, dass Orton in wenigen Jahren der Superstar sein würde, den sich die WWE von Anfang an erhofft hatte. Das Raunen und die Aufregung des Publikums alleine bei einer eigentlich so normalen Sache wie der Vorbereitung auf ein Manöver zeigen, dass sich rund um Orton derzeit etwas bewegt, was man in ein paar Monaten vielleicht als den Beginn einer Kultbewegung bezeichnen wird. Ich hätte Orton den Sieg gegeben, aber letzten Endes hätte eine Niederlage keinem der beiden wirklich geschadet, denn ihre Position an der Spitze ist gefestigt. Guter Beginn der Main Event-Matches, wenngleich nicht so gut wie Punk gegen Mysterio.

Das Divenmatch war wrestlerisch so unwichtig wie eine Scheibe Toastbrot in der Ostsee. Ich sah es mir an, um Maryse zu sehen, doch ich ließ den Ton an, weil sich das Sechsergespann an den Kommentatorenpulten auf einmal wie zuhause vor dem Fernseher benahm. 70er-Jahre-Witze wechselten sich ab mit Spitzen von Tazz gegen Matt Striker und Lieblingsdiven-Erklärungen, so dass das Match komplett in den Hintergrund geriet. Es wäre gelogen, wenn ich behauptete, dass es darum schade wäre, denn mehr als Puffer und Fleischbeschau war das hier nicht. Die Perversion des Gezeigten erreichte ihren Höhepunkt mit der Kisscam und natürlich Mae Young, die selbst den zwischen Genie und Wahnsinn wechselnden Backstageskit mit Santino Marella, dem Boogeyman und Goldust überbot. Manchmal frage ich mich, warum ich das eigentlich gucke. Zum Glück bin ich wenigstens keine Frau, so dass nicht alle Fortschritte meines Geschlechts im letzten Jahrhundert hinsichtlich der Emanzipation durch einen Haufen quiekender Softpornobimbos mit Silikonbrüsten zerquetscht werden.

Das Match um den World Heavyweight Championship brachte mich wieder zum Wrestling zurück und zu meinem persönlichen und zum WWE-offiziellen Wrestler des Jahres, Chris Jericho. Szene des Matches war übrigens Matt Striker, der seinen Slammy vor Jericho schützte, doch das nur nebenbei. Ich habe zu meiner Schande das Match der beiden bei den Survivor Series nicht gesehen, doch wenn es so gut war wie dieses Match, dann war sicherlich richtig gut. Cena bleibt künstlich limitiert in seinen Offensivattacken, doch seine Intensität und sein Mimenspiel machen dies wieder wett. Jericho bewies, dass kaum ein anderer besser "um seinen Gegner herum" arbeiten und dessen Schwächen kaschieren kann wie er (mit Ausnahme von Shawn Michaels), weswegen sich das Match in den hohen Standard der Main Event-Kämpfe in diesem WWE-Jahr nahtlos einpasste. Ich hätte mir persönlich einen Sieg von Jericho und ein Rückmatch beim Royal Rumble gewünscht, doch man soll ja bescheiden bleiben. Jerichos nächster Gegner dürfte laut Gerüchten Rey Mysterio lauten, was eine neue Gelegenheit für den interessantesten Charakter des Jahres sein dürfte, seine misanthropischen Promos zu halten und mich zu unterhalten. Der nächste Gegner für Cena ist mir noch unklar, doch so sehr interessiert bin ich daran im Moment auch noch nicht.

Das letzte Match des Abends deutete durch seine Positionierung auf der Card bereits im Vorfeld an, dass es etwas Besonderes sein würde. Dass Jeff Hardy als einziger Teilnehmer eine Promo halten durfte, eine Storylinefokussierung bekam und letztendlich auch Triple H und Edge im Match oftmals nach Belieben dominierte, war fast mehr als nur ein Andeuten, doch all dies konnte mich und die Tausenden Fans in der Halle nicht auf den tatsächlichen Moment vorbereiten, als die Hand des Ringrichters zum Sieg für Hardy zum dritten Mal die Matte berührte. Eine Überraschung, die sich in Cenas plötzliche Rückkehr beim Rumble und CM Punks Koffereinlösung gegen Edge einreihte und das Abend und das PPV-Jahr auf einem dramatischen Höhepunkt beendete. Es gibt sie immer noch, die Zweifel und Unkenrufe über Jeff Hardy, doch für mich persönlich war das einer der schönsten und erfüllendsten Momente des Wrestlingjahres. Anfang des Jahres habe ich begonnen, in Jeff Hardy mehr zu sehen als einen Wrestler, der mich einfach in seinen Matches unterhält. Ich bin ein Fan geworden von Jeff Hardy. Und ich bin übrigens männlich, hetero, begeisterter Anhänger von Bryan Danielson und nicht erst seit diesem Jahr Wrestlingfan. Hut ab vor Hardys Entwicklung in diesem Jahr, Hut ab vor Triple H, der sich in diesem Match komplett selbstlos in den Dienst der Liga stellte und Hut ab vor Edge, der in allem, was er in diesem Jahr und auch in diesem Match machte, einfach "awesometastic" war. Ein saustarker Main Event und ein perfektes, emotionales Ende für das Match, den Pay Per View und das WWE-Wrestlingjahr 2008.

Vielen Dank, WWE, für diese Erinnerung daran, warum ich Wrestling liebe.