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Gastkolumne: Wrestling in Bolivien

Sonstiges

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Published on:
13.09.2015, 18:30 
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Wir berichten nicht sehr häufig über Wrestling in Bolivien. Aus dem Grund kam es gerade Recht, dass CAGEMATCH-Nutzer Thomas derzeit einige Zeit in dem südamerikanischen Land verbringt und in seinem Blog seine Eindrücke schildert, wie Wrestling in Bolivien so abläuft und wie es aufgenommen wird. Wir haben ihn gebeten, doch ein bisschen mehr darüber zu erzählen, wonach die folgende Gastkolumne entstanden ist. Wir hoffen, dass sie euch gefällt.

Wrestling in Bolivien

Hallo liebe Cagematch-Insassen,
mein Name ist Thomas, ich bin seit Ende April diesen Jahres für insgesamt ein Jahr in Bolivien und ich darf Euch ein wenig über die Wrestlingszene in diesem Land und insbesondere in der Stadt von La Paz, in der ich lebe, schreiben.

Läuft man hier die Calle Sagarnaga ab, welche die für Touristen in La Paz wohl wichtigste Straße ist, gibt es hier doch Angebote zum Abfahren der ehemals gefährlichsten Straße der Welt (auf welcher ich als Guide arbeiten darf) per MTB, zum Besteigen von um La Paz umliegenden 6000ern oder eben auch zum Besuch einer Wrestling-Show. Besonders populär, nicht zuletzt durch Berichte im internationalen Fernsehen, ist das Wrestling mit Cholitas, also Frauen in typisch bolivianischer Landestracht. Diese sind in Berührung mit dem Wrestling gekommen, als das Männerwrestling stark vor sich hin siechte und nach neuen Quellen gesucht wurde, um Zuschauer, insbesondere Touristen zu generieren. Hat geklappt, jeden Sonntag fahren mehrere Busladungen von Touristen ins von La Paz benachbarte El Alto zu mittlerweile 2 Shows verschiedener Promotionen, um sich eine Show anzusehen. Selbst donnerstags wird noch wöchentlich eine Show angeboten.

Nach einer Phase des Einlebens in La Paz war es dann auch für mich so weit. Für schlanke 70 Bolivianos, also etwa 9 Euros konnte ich in der Calle Sagarnaga das komplette Paket für mich buchen. Neben dem Transport per Bus nach El Alto beinhaltete dies Getränk, Snack und am Wichtigsten einen Platz in der ersten Reihe am Ring beim berühmten Cholitas-Wrestling. An der Halle angekommen, konnte man dann auch die Preise für die Einheimischen sehen: Sie zahlen 15 Bolivianos, also etwa 2 Euro, sitzen dafür aber auf den Rängen an der Seite. Das Ganze auf den ersten Blick also schon eine reine Touristenveranstaltung?

Nein! Die Ränge gut gefüllt mit Einheimischen, die sich auch voll mitreißen lassen und auch jeden Sonntag am Start sind (bei meinem zweiten Besuch sind mir direkt "bekannte Gesichter" aufgefallen). Pro Show, die etwa 2,5 Stunden dauert, gibt es mehrere Kämpfe der Männer, bis dann die Cholitas ins Geschehen eingreifen. Mal kämpfen diese unter sich, aber auch gemischte Matches, sei es als Tag Teams oder auch Cholita gegen Luchador sind im Programm der wirklich kurzweiligen, unterhaltsamen Show vorhanden. Ein wenig gewöhnungsbedürftig ist, dass die Referees oft zu den Heels halten und auch gerne mal etwas nachhelfen, indem sie auf den am Boden liegenden Face eintreten, was natürlich ordentlich Publikumsreaktionen nachzieht. Überhaupt die Zuschauer, so es denn die Einheimischen sind, gehen ordentlich mit, insbesondere wenn sie von den Heels oder den besagten Refs beleidigt werden. Da kann es schon mal passieren, dass man von hinten als "VIP" geworfene Orangenschalen an den Kopf bekommt und kann eigentlich froh sein, wenn es nur das ist, es fliegen auch mal gerne leere Plastikflaschen gen Ring. Was man von hinten nicht abbekommt, dann auch mal gerne von vorne. Insbesondere die Heels geizen nicht damit, einem direkt Beleidigungen in Angesicht zu Angesicht zukommen zu lassen oder rotzen einem vor die Füße. Wrestling hautnah! Sehr interaktiv!

Die Luchadores sind zum Großteil, wie soll es anders sein, von mittel- und südamerikanischer Prägung, will heißen, die im mexikanischen Masken sind vorhanden und es wird vorwiegend sich mit Highflying-Aktionen in Szene gesetzt. Wo wir schon beim Interaktiven sind, zu nah am Absperrgitter sitzen ist zwar zum Einen schön, die Show hautnah zu erleben, aber wenn man nicht aufpasst, gibt es auch für den Zuschauer blaue Flecken, wenn dann mal der Luchador gegen das Gitter fliegt und dieses dann gegen das eigene Schienbein weiter rutscht.

Sind es bei den Luchadores vom Niveau her viele in etwa gleich gute Akteure vorhanden, so sticht bei den Cholitas eine besonders heraus: Teresa, genannt " La Loca". Das glänzendste Lächeln in ganz Bolivien, was nicht zuletzt am komplett mit Goldzähnen besetzten Mund liegt, gibt es erstmal einen dicken Schmatzer für den erstbesten Erstreiher beim Einzug. Die Matches meistens gegen Männer, denen sie dann in schier aussichtsloser Lage, ihre Spezialwaffe, ein Blechtablett mit einer Minnie Mouse überzieht. Natürlich bleibt auch der Heel-Ringrichter nicht verschont, so dass dieser dann bewusstlos liegen bleibt und ein herbeigerufener Tourist aus der ersten Reihe den Three Count vollziehen darf. Die Choreographie zum Schluss stets gleich, doch den Einheimischen und Stammzuschauern in der ersten Reihe gefällt's. ; Teresa ist echt eine Berühmtheit in El Alto und La Paz, nahezu jedem, dem ich privat oder auf der Arbeit von ihr erzählt habe, kennt sie. Sie ist ein echter Local Hero.

Die Show ist zu Ende, die Luchadores und Cholitas stehen für die Touristen für Erinnerungsfotos bereit. Ein wirklich gelungener Event. Im nächsten Teil erzähle ich Euch vom Besuch bei der LLB, der Lucha Libre Boliviana. Hier geht es etwas professioneller, aber nicht weniger unterhaltsam und chaotisch zu. Wenn Ihr bis dahin mehr über mein Leben in Bolivien wissen möchtet, schaut rein unter www.vamosabolivia.wordpress.com.

Bis dann,
Thomas