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Inside The Cage Classics #88: Great American Bash 1996 – Mit zwei Outsidern Richtung Zukunft

Kolumne

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Published on:
02.06.2015, 23:10 
Category:
Series:
Inside The Cage Classics (All entries of this article series)
Author(s):
Inside The Cage Classics #88: Great American Bash 1996 – Mit zwei Outsidern Richtung Zukunft

Der Great American Bash 1996 ist nicht nur Teil einer PPV-Reihe mit großer Historie, er dürfte auch eines der wegweisendsten PPVs der WCW Geschichte sein. Aquifel und WCWler führen euch durch den PPV

Die Outsider attackieren Eric Bischoff:

Aquifel: Am 27. Mai 1996 leitete die WCW vor den Kameras etwas ein, das das Wrestling und wie wir es verstehen bedeutend beeinflusst hat. Razor Ramon, fortan Scott Hall genannt, tauchte auf. Die Fans erkannten ihn sofort als den, vermeintlich, bei der WWF unter Vertrag stehenden Superstar. Ein Krieg zwischen den Promotions wurde angeteased und durch die Art, wie Hall sich gab, wurde der Eindruck vermittelt, hier stünde eine echte Person, kein Wrestler, der ein Gimmick spielt. Verstärkt wurde es später durch den Big Guy Diesel alias Kevin Nash. Ihr erklärtes Ziel: Die WCW übernehmen. Beim Great American Bash ging es dann in einem Interview darum, ob beide denn bei der WWF seien und dass sie ihr Match beim Bash at the Beach bekommen sollten. Bischoff wollte die drei WCW-Vertreter erst bei Nitro nennen. Das brachte ihm eine Jackknife Powerbomb durch einen Tisch ein. So ein Verhalten war in der Wrestlingwelt bis dato Neuland. Ein Interviewer/Kommentator wird von Wrestlern angegriffen. Die Message: beide scheren sich nicht um Regeln, und sie und ihr sagenumwobener dritter Partner wollen Krieg. Das kann man zu diesem Zeitpunkt schon als bahnbrechend bezeichnen, denn heutzutage ist sowas ja fast schon Gang und Gebe.
Damit ging die WCW neue Wege, weg von den öden Cartoon-Gimmicks und Dummfug wie "The Yeti" oder dem "Dungeon of Doom" und legte einen weiteren Grundstein für den wohl schockierendsten Turn der Wrestlinggeschichte. Ausserdem gibt es einige Seitehiebe in Richtung WWF mit ihren schwachsinnigen "Billionaire Ted"-Spots. Hier wurde schon klargestellt, dass die WCW in naher Zukunft der "Place to be" sein würde, auch wenn man das erst im Nachhinein mit dieser Leichtigkeit behaupten kann. Aber die Zuschauerreaktionen sprechen schon Bände. SO musste die Zukunft aussehen.

WCWler: Was da bei der erste zweistündige Ausgabe von WCW Monday Nitro statt im Match zwischen Mike Enos und Steve Doll begann, hat eindeutig Wrestlinggeschichte geschrieben. Nachdem ein drei viertel Jahr zuvor schon der Wechsel von Lex Luger beim Debüt von Nitro schockte, was diese Geschichte hier noch eine Stufe höher. Bis zum Bash wurde alles perfekt aufgebaut und die Attacke gegen Bischoff war etwas noch nie da gewesenes. Ein fantastisches Segment, dass auch dadurch verstärkt wurde, dass Tony Schiavone und Lex Luger nach Bischoff schauten.

Große und kleine Highlights...

Aquifel: Neben diesem kurzen, aber wegweisenden, Segment gibt es natürlich auch so einige Matches, von denen nicht wenige auch überzeugen können. Den Anfang der Highlights macht das Cruiserweight Title Match zwischen Dean Malenko und Rey Mysterio Jr. . Dieses Match ist dann auch ein Fingerzeig in die Zukunft, denn die WCW fing zu dieser Zeit so langsam an in der Under- und Midcard noch mehr Wrestler einzusetzen, die in Mexiko, Japan und der ECW einen neuen aufregenden Stil auf die Matte zauberten. So holte Dean Malenko einige seiner 1000 Holds raus, zeigte starke Bodypart-Bearbeitung und Rey hielt mit seinem Highflying-Stil dagegen. Für die damalige Zeit ein atemberaubendes Match, das wrestlerisch all die alten Hasen in WCW und WWF auf die hinteren Ränge verweist. Auch nach heutigen Maßstäben ist das Match sehr ordentliche Cruiserweight-Kost.

Highlight Nummer zwei ist das Falls Count Anywhere Match zwischen Chris Benoit und Kevin Sullivan. Wild, verbissen, hart geführt und eine nette Mainstream Version des Wahnsinns, den die ECW teilweise abzog. Bringt Abwechslung rein und reißt in der kurzen Zeit richtig mit.
Sting gegen Lord Steven Regal ist im Endeffekt zwar recht spannungsarm, da es um wenig ging, aber durchaus unterhaltsam. Sting wird bei Zeiten sehr stark von Regals europäischen Stil mit Submissions gebremst, was auch in kleineren Längen resultiert, aber im Gesamtpaket stimmt es. Man merkt, dass hier zwei Veteranen im Ring standen, die solide unterhalten können.

Letztes Highlight war das Match der Footballer Steve McMichael und Kevin Greene gegen die Horsemen Ric Flair und Arn Anderson. Man musste befürchten, dass Anderson und Flair hier alle Hände voll damit zu tun haben die Footballer halbwegs passabel aussehen zu lassen. Aber außer ihrem klassischen Heel-Work mussten sie das gar nicht, da die beiden "Non-Wrestler" positiv überraschen konnten. Klar ist das keine "Wrestle-Clinic", aber die simple Heel-/Face-Dynamik funktioniert hervorragend und am Ende gibt es einen überraschenden Turn, der die Sache sauber beendet.

WCWler: Das Match um den WCW World Cruiserweight Title fand ich fantastisch. Beide verwöhnten das Publikum mit einem schnellen Match mit beeindruckenden Movefolgen. Malenko verfolgte hier klar die Taktik auf den Arm des Mexikaners zu gehen und setzt viele Holds gegen diesen ein. Allgemein durfte Mysterio hier durchaus schon was zeigen, aber Malenko als "Veteran" und Champion konnte sich den Aktionen wie einem Frankensteiner vom obersten Seil oder einem schön gesprungenen Dropkick jeweils nach einem Nearfall erwehren. Das Ende kam nach einem gekonterten Move in eine Powerbomb und der Titelverteidigung von Malenko. Allerdings hatte er hier die Beine auf dem Seil.

Die Fehde zwischen Chris Benoit und Kevin Sullivan ist wohl einer der realsten Fehden, die die WCW je hatte. Diesen Monat trafen beide in einem Falls Count Anywhere Match aufeinander und nutzten diese Stipulation auch sehr großzügig aus. Benoit attackierte den Mann seiner Freundin schon auf dem Weg zum Ring und der Brawl führte beide durch das Publikum auf ein Männerklo der Baltimore Arena. Dort bekam Benoit dreimal eine Klotür gegen den Kopf, wurde mit einer Tüte voller Papierhandtücher verprügelt und wurde auf dem Weg zurück zum Ring eine Treppe runter gestoßen. Am Ring baute der Kanadier dann einen Ring auf den obersten Seilen auf und zeigte allen Ernstes einen Superplex vom Tisch. Danach war der Pin nur noch Formsache. Nach dem Match attackierte Benoit Sullivan weiter, wurde aber von Arn Anderson, der sich in den Wochen zuvor mit Sullivan verbündet hatte, gebremst. Aber dann turnte er gegen den Taskmaster und die wiedervereinigten Horseman traten weiter auf ihn ein, bevor Sullivan vom Dungeon gerettet wurde. Kein Wrestling, aber ein fantastischer Brawl.

In den Wochen vor dem PPV hatte Regal sich mit dem Stinger angelegt und ihn bei der Vertragsunterzeichnung sogar geschlagen. Das Match hier hatte zwei dominante Phasen. Zu Beginn durfte Sting Regal dominieren und zum Ende hin konnte der Brite einige Griffe und Würfe zeigen. Aber auch einen schönen Dropkick direkt ins Stings Gesicht anbringen. Dazu interagierte er sehr viel mit dem Publikum und der Kamera. Am Ende des tollen Kampfes konnte Regal zwar den Stinger Splash verhindern, musste aber sehr schnell im Scorpion abklopfen. Trotzdem ein super Match.

Bei Slamboree legten sich Ric Flair und Arn Anderson mit den Footballspielern McMichael und Green an. Die beiden sehr bekannten NFL-Spieler, die beide mehrere Auszeichnungen bekommen hatten, wollten es hier den Wrestlern zeigen. Am Ende wurden sie vom zwischenzeitlich suspendierten Randy Savage trainiert, während Flair und Anderson sich als Headcoach die Managerlegende und derzeitigen Kommentator Bobby Heenan aussuchten. Das Match war recht durchschnittlich. Die Footballer durften dominieren und zeigten auch einige Wrestlingmoves. Einmal hatten Green und McMichael ihre Gegner im Figure Four Leglock, aber die Begleitungen der Wrestler, Woman und Elizabeth griffen ein. Diese Damen jagten dann die Ehefrauen der Footballer nach hinten. Nachdem Savage zwischenzeitlich von Benoit attackiert wurde, kam Debra McMichael mit Woman und Elizabeth wieder zum Ring. Sie zeigte ihrem Mann den Inhalt eines Koffers: Viel Geld und ein Horsemanshirt. Die Horseman kauften McMichael, der schlug Greene mit dem Koffer, Flair pinnte ihn und am Ende attackierten die nun vollständigen Horseman alle den Macho Man. Von der Storyline her ein sehr gutes Match. Allerdings hat Steve McMichael noch weniger bei den Horseman zu suchen als damals Paul Roma...

...und einige Filler

Aquifel: Natürlich kann nicht alles geschichtsträchtig oder klasse sein. Fire And Ice gegen die Steiner Brothers ist ein sauberer Opener ohne viel Brimborium. Nettes Tag Match, das seine Aufgabe durchaus erfüllt.
Das US Title Match zwischen El Gato und Konnan kann natürlich nicht mit Rey gegen Malenko mithalten, schlägt aber vom Geist her in die selbe Kerbe: Dem Publikum etwas Neues, Spektakuläres bieten. Auch wenn das Match dies nur bedingt erfüllt, ist es durchaus kurzweilig.
Der frisch gekührte Lord of the Ring Diamond Dallas Page verteidigt seinen "Titel" von äusserst fragwürdigem Wert gegen Marcus Alexander Bagwell. Eine etwas undankbare Aufgabe, denn auch wenn Bagwell zu diesem Zeitpunkt durchaus noch vielversprechend war, ist er kein Gegner für Klassiker, vor allem nicht für Page. Naja, zieht sich so bei Zeiten etwas, ist aber noch relativ solide.

John Tenta, ein (durchaus sympathisches) Überbleibsel alter WWF Tage und als Shark natürlich wenig erfolgreich gewesen, schlägt sich dann mit dem ehemaligen Big Boss Man "Big Bubba herum. Beide Männer sind an sich sympathisch, können in knapp 5 Minuten natürlich keinerlei Akzente setzen. Hätte man sich durchaus schenken können. Aber irgendwann muss man ja auf Klo und zwischen zwei Highlights muss das Publikum auch runterkommen.
Und dann bleibt noch der Main Event um den World Title zwischen Lex Luger und The Giant. Der reiht sich da nahtlos ein. Er ist bei Leibe nicht schlecht, aber schnell vergessen und nicht gerade der würdigste Abschluss für einen PPV mit 2 sehr starken und 2 sehr ordentlichen Matches.

WCWler: In den Vorwochen hatten sich die Steiner Brothers und Fire & Ice in den TV-Shows zwei Matches geliefert, die beide durch Count-Out endeten. So gab es beim PPV ein abschließendes Match der beiden Teams, wo es einen Sieger geben musste. Es wurde dann ein Match mit zum Teil sehr harten Aktionen, aber auch eindrucksvolle Aktionen wie der Frankensteiner von Scott Steiner gegen Scott Norton, der am Ende auch zum Sieg führte.
Das Match um den United States Title zwischen Konnan und dem angeblich debütierenden El Gato war überraschend offen geführt. El Gato, Pat Tanaka unter einer Maske, konnte vor allem zu Beginn des Kampfes einige schöne Moves zeigen und hatte den Champion auch einmal am Rand einer Niederlage. Am Ende konnte Konnan aber den Titel in einem annehmbaren Match verteidigen.

DDP hatte seinen Ring ja im Vormonat beim BattleBowl gewonnen. Mit diesem Ring sollte er eigentlich eine Chance auf den WCW World Title haben, aber findige WCW Offizielle haben bei der Sichtung des Bandes festgestellt, dass DDP eigentlich schon eliminiert war. Darum wurde ihm das Titelmatch aberkannt, aber inkonsequenterweise der Ring gelassen. Bagwell nahm dann eine Open Challenge an und so durften beide ein Match beim PPV zeigen, in dem sie zwar einige gute Aktionen zeigten, aber viel zu viel Zeit verschwendeten. Beide gingen nicht wirklich dem Sieg nach. Am Ende konnte DDP nach seinem Diamond Cutter "out of nowhere" gewinnen.
Der Kampf zwischen Bubba und Tenta war einer der schlechtesten Matches, die ich je bei einer Großveranstaltung gesehen habe. Im Vorfeld wurde Tenta aus dem Dungeon of Doom geworfen und bekam die Haare von Big Bubba geschnitten. So schlecht dieser Fehdenaufbau klingt, so schlimm war das Match. Bubba siegt nach einem Schlag mit einem Schlagring.

Nachdem DDP das Titelmatch nicht bekam, bekam Lex Luger den Titleshot. Dieser wollte dann seiner Titelsammlung (Tag Team und World Television) noch den World Title hinzufügen. Der Giant hatte da aber natürlich was dagegen. Das Match ging hin und her und beide konnten sich keinen Vorteil verschaffen. Das Ende kam als Luger den Giant nicht zum Torture Rack hochbekam und der Giant auf ihn krachte. Nach einem Chokeslam war die Titelverteidigung perfekt.

Fazit

Aquifel: Endlich geht es bergauf und endlich müssen WCWler und ich uns nicht mehr durch Gurken quälen (vorerst). Mit dem Segment um die Outsider, dem FCA und dem Cruiserweight Title Match werden wegweisende Momente/Ideen und klasse Wrestling geboten, Regal/Sting und der positiv überraschende Zusammenstoß zwischen zwei Footballprofis und den Horsemen (der tausend Mal besser funktioniert als das gammelige Taylor/Bam Bam Match bei Wrestlemania im Jahr zuvor) machen auch Laune und der Rest erfüllt seine Funktion bzw. ist in Ordnung. Gebe da mal knappe 8 Punkte.

WCWler: Zum Großteil fand ich diese Show klasse. Das Cruiswerweight Title Match war richtig super, der Brawl zwischen Sullivan und Benoit ebenso und für mich war Sting gegen Regal ein richtiger Leckerbissen. Dazu eben noch das wegweisende Segment mit Hall und Nash, sowie die Auferstehung der Horseman. Einziges richtiges Lowlight war Big Bubba gegen Tenta. Ich gebe 7 Punkte.