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Talk The Talk #9: CM Punk - egoistische Diva oder menschlicher Rebell?

Kolumne

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Published on:
30.01.2014, 19:34 
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Die Meldung schockte am Mittwochmorgen deutscher Zeit die gesamte Wrestlingwelt: CM Punk hat genug von seiner Arbeit bei World Wrestling Entertainment und verlässt die Arena in Cleveland noch vor der Live-Ausstrahlung von Monday Night RAW. Er will nicht mehr zurück kommen, die WWE selbst streicht Punk aus allen Planungen bis mindestens WrestleMania und wohl auch darüber hinaus. Punk wird seinen im Juli auslaufenden Vertrag wohl nicht verlängern, es ist unklar, ob wir ihn jemals wieder vor den Kameras der WWE sehen werden.

Und auch im Internet, in diversen Foren, auf Dirtsheets, Social Media und Co. schlug die Nachricht natürlich ihre Wellen. Und dabei spaltete man die Anhänger teilweise in zwei Fraktionen. Die eine Seite – pro Punk – sah Phil Brooks als denjenigen, der endlich das ausspricht, was man der Liga lange vorwirft. Der ein Zeichen setzt, wenn etwas verkehrt läuft, der sich nicht damit zufrieden gibt, nur die sechste Geige zu spielen. Er bleibt in ihren Augen die Stimme der Stimmlosen. Auf der anderen Seite steht die Fraktion, die Punk Unprofessionalität vorwirft. Schließlich hat er immer noch einen gültigen Vertrag mit der WWE und es wird nicht wenige Fans geben, die wegen ihm Tickets für eine der kommenden Veranstaltungen gekauft haben und sich darauf gefreut haben, ihr großes Idol endlich einmal live zu sehen. Diese Fans – so die Argumentation der Gegenseite – werden nun hintergangen, enttäuscht, zurück gelassen. Was ist CM Punk also letztendlich? Rebell oder Diva?

Vorweg: für uns Fans wird es immer schwer sein, eine Meldung wie diese zu beleuchten, zu verstehen und objektiv zu bewerten. Auch wenn in Zeiten des Internets viele Nachrichten durchsickern, es genug Insider gibt, die sich im Geschäft auskennen und darüber berichten, ja sogar Geld damit verdienen, exklusive Informationen weiterzugeben, so werden wir nur in den seltensten Fällen die ganze Wahrheit kennen. Und so ist es auch hier. Wir wissen nicht, was genau im Gespräch zwischen Vince McMahon und CM Punk zur Sprache gekommen ist – wenn es denn überhaupt dieses Gespräch gab. Wir kennen nicht die endgültigen Beweggründe, die Phil Brooks dazu gebracht haben, nach Hause zu fahren. Wir kennen mögliche Gründe und Motive und nur diese können wir bewerten. Als das, was sie sind, eben Möglichkeiten, letztlich zu großen Teilen sogar nur Gerüchte. Daher stelle ich in diese Meldung eine Art Disclaimer. Wenn ich hier darüber berichte, wie ich zu Punks Abgang stehe, so berufe ich mich auf diese Erklärungen und gehe davon aus, dass sie der Wahrheit entsprechen, auch wenn ich letztlich nicht weiß, ob sie vollends zutreffen oder es noch weitere oder gar völlig andere Ursachen gibt.

Auf der einen Seite kann ich jeden Fan verstehen, der Punk eine gewisse Unprofessionalität unterstellt. Schließlich ist es einfach nicht von der Hand zu weisen, dass Punk noch immer einen aktuellen Arbeitgeber hat, der ihm in den letzten Jahren viel Geld bezahlt hat, dem er auch einiges zu verdanken hat und den er nun hängen lässt. Nun einfach zu Hause zu bleiben, ist sicherlich nicht unbedingt die Königslösung für das Problem, was Phil Brooks mit der WWE zu haben scheint. Und ich kann mir schon denken, dass viele Fans traurig sein werden, wenn sie sich monatelang auf CM Punk bei einer TV-Show, einem Pay Per View oder auch nur einer Houseshow gefreut haben und dieser dann zu Hause bleibt, weil er die Schnauze voll hat. Aber ist dies am Ende auf der anderen Seite wirklich purer und unangebrachter Egoismus?

Ich muss sagen: Nein, denn auch Punks Seite selbst ist natürlich mehr als nur nachvollziehbar. CM Punk bestritt sein erstes TV-Match in der WWE im August 2006. Bis heute hat er (inklusive House Shows) in diesen knapp neun Jahren 1156 in unserer Datenbank erfasste Matches bestritten. Das sind mal locker 154 Matches pro Jahr, an jedem zweiten bis dritten Tag des Jahres ein Match. Die einen mehr, die anderen weniger intensiv. Und viele Pausen hat Punk sich nicht genommen, auch wenn er wegen mancher Verletzung sicherlich mal eine Pause hätte vertragen können. Er hat häufig auf die Zähne gebissen, sich durch den Schmerz gekämpft. Sicherlich auch für das Geld, das er bezahlt bekam, aber auch für die Fans, für seine Leidenschaft, für seinen Traum. Die WWE dankte es ihm mit mehreren großen Matches, beispielsweise gegen den Undertaker bei WrestleMania, und zahlreichen Titelregentschaften, nicht zuletzt der längsten Regentschaft eines WWE Champions in den letzten 25 Jahren.

Und dennoch: das unangefochtene Gesicht der Liga war Punk zu keinem Zeitpunkt. Stattdessen musste er in den letzten beiden Jahren mit ansehen, wie mit The Rock ein Superstar aus der früheren Zeit zurück kam und mit John Cena die Main Events der letzten beiden WrestleManias bestritt. Und auch in diesem Jahr kehrte mit Batista ein ehemaliger WWE Superstar zurück und gewann sofort den Royal Rumble und damit den Spot im WrestleMania Main Event. Das ist ohne Frage ein Schlag in den Magen für jeden Superstar, der sich an fast jedem Tag dafür zerrissen hat, der Company zu helfen. Und wenn man dann auch noch mitgeteilt bekommt, dass das geplante Match gegen Triple H – und damit eine große Rolle für WrestleMania – auf einmal wegfällt und man stattdessen in der Midcard auf Kane treffen soll, dann kann man – bei aller Freude für die Reaktionen für Daniel Bryan, der Punks Platz gegen HHH einnehmen soll – auch mal durchaus angepisst sein. Ob es dann die richtige Entscheidung ist, einfach abzuhauen und damit auch viele Fans zu enttäuschen, sei mal dahin gestellt. Es ist aber eine menschliche Entscheidung eines engagierten Menschen, der sich immer wieder verbessern wollte, sich nie mit seiner Situation zufrieden gegeben hat und immer nach höherem strebte.

Denn so hat man Punk in Interviews, Dokumentationen und Podcast-Auftritten kennen gelernt. Phil Brooks scheint ein Mann zu sein, der das Wrestling liebt. Dessen Traum es schon immer war, mit dem, was er liebt, Geld zu verdienen. Leute zu begeistern. Punk lebte seinen Traum. Aber er war eben nie zufrieden mit sich. Und anders als manch anderer Superstar äußerte Punk immer wieder seine Meinung, anstatt sich gefügig dem zu geben, was für ihn vorgesehen war. Das war es, was ihm im Jahr 2011 überhaupt zum Durchbruch verholfen hat. Punk vertrat immer seine Meinung, teilte es den Offiziellen mit, wenn er etwas nicht in Ordnung fand oder nicht zufrieden war. Damit verschaffte er sich im Laufe der Zeit Respekt und Anerkennung, auch wenn er sich sicherlich nicht immer Freunde machte. Und nun scheint der Punkt gekommen zu sein, an dem es für Punk nicht mehr auszuhalten ist. Dass er ausgebrannt sein soll, wundert mich bei der schieren Masse an Arbeit, die er im letzten Jahrzehnt abgeliefert hat, nicht. Und auch sein Frust ist aus menschlicher Perspektive absolut zu verstehen. Denn mal Hand aufs Herz: Wer von euch war nicht mal in der Situation, in der er dachte, dass er falsch behandelt wird? Eine schlechtere Zensur in der Deutscharbeit, als einem zusteht. Eine schlechtere Bezahlung im Beruf, als ihr eigentlich verdient hättet, während ein anderer Kollege oder Mitschüler, der nicht unbedingt besser ist, mehr verdient, die bessere Zensur bekommt oder befördert wird? Man kennt diese Momente. Und unterschiedliche Menschen gehen unterschiedlich damit um.

Ich für meinen Teil kann Phil Brooks verstehen – natürlich wie bereits erwähnt nur, soweit ich das überhaupt beurteilen kann. Ich wäre ihm nicht böse und würde ihm auch nicht vorwerfen, unprofessionell gehandelt zu haben, auch wenn ich die Kritik verstehen kann. Aber so setzt Punk eben ein Zeichen, das manche Veränderung in den Köpfen der WWE bewirken kann, aber auch nicht zwangsläufig muss. Es wird abzuwarten bleiben, ob man Punk noch einmal vor den Kameras sehen können wird – ich bezweifle es fast. Wenn nicht, so wird er allerdings auf jeden Fall eine Lücke hinterlassen, die nur schwer zu füllen sein wird. Sowohl vom reinen Unterhaltungsfaktor als auch von seinen Fähigkeiten im Ring und seinen Verdiensten rund um den Ring. Gerade aber weil ich ihn verstehen kann, hoffe ich, dass Punk es ist, der am Ende am besten mit der Entscheidung leben kann. Denn Phil Brooks ist derjenige, dem gegenüber Rechenschaft abgelegt werden muss. Nicht uns Fans gegenüber, nicht der WWE gegenüber. Phil Brooks muss den Weg wählen, der für Phil Brooks der Beste ist. Wenn das der Weg aus der WWE ist, dann wünsche ich ihm viel Erfolg dabei und alles Gute für die Zukunft. Du wirst uns fehlen.

Was ist CM Punk denn nun? Wie steht ihr zu seinen Abgang? Im Cageboard läuft die Diskussion schon heiß und ich würde mich sehr über Kommentare zu meiner Kolumne und auf eure Gedankengänge freuen.