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Re-Reaktion zum Royal Rumble 2012

Kolumne

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Published on:
30.01.2012, 19:50 
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Denjenigen unter euch, die sich nicht regelmäßig auf dem Cageboard rumtreiben (Schande über euch), wird weder diese kleine Kolumne noch meine Person bekannt vorkommen. In purer Arroganz beginne ich damit mich vorzustellen. Mein Name ist (ravishing) Ray, ich bin zarte 24 Jahre alt, Student und ich bin seit einigen Jahren auf dem Cageboard unter dem Namen Ray (kreativ, hm?) zu finden. Inzwischen bekleide ich den Posten des Leiters des Teams Cageboard, weswegen sich auf der Hauptseite nur selten Beiträge von meiner Person finden werden! Die vielerorts zu hörenden Reaktionen auf den gestrigen Royal Rumble haben mich nun aber dazu gebracht, ein paar Worte über die Großveranstaltung und das Aftermath zu verlieren. Vorher sei gesagt, dass dies nur meine subjektive Meinung wiederspiegelt, man also Nachsicht mit mir üben soll. Ich freue mich über jede Form von konstruktiver Kritik und bitte darum, dass man mir mein Verhältnis zu von Gedankenstrichen oder Klammern eingerahmten Einschüben verzeiht.

Ich verstehe die Erwartungshaltung beim Rumble jedes Jahr aufs Neue nicht (grandioser Eröffnungssatz, hm?). Die Fans verhalten sich, als hätten sie den berechtigten Anspruch, jährlich etwas Großes, Spektakuläres, Weltbewegendes und Weltenveränderndes präsentiert zu bekommen. Was habe ich alles in den wenigen Stunden seit Ende des PPVs gelesen: "Da muss noch eine Nummer 31 kommen!", "Oh wie blöd, kein Lesnar auf 30!", "Oh wie blöd, Jericho hat nicht gewonnen!", "Sheamus hat keinen Aufbau!", "Jericho hat falsche Werbung gemacht!", "Dem Rumble fehlte die Starpower, wo waren Kane, Undertaker, HHH, Christian und Cena?!"... da frage ich mich (einmal mehr) nach der Erwartungshaltung diverser Fans. War dies der beste Rumble-PPV aller Zeiten? Nein, selbstverständlich nicht! War dies das beste Rumble-Match aller Zeiten? Nein, auch das kann man nicht sagen. Aber keinesfalls waren es die jeweils schlechtesten ihrer Art, wie manch einer propagieren will. Warum aber kochen die Gefühle so hoch und warum fallen die Meinungen so sehr ins Extreme? Das wollen wir hier gemeinsam ein wenig beleuchten.

Ich habe die Angewohnheit direkt nach einem PPV - sollte ich ihn live verfolgt haben – bei den Kollegen von anderen Wrestlingboards die diversen, sofort nach PPV-Ende auftauchenden Benotungsthreads einzusehen, geben diese doch meist ein halbwegs akkurates Bild der vorherrschenden Fanmeinung wieder, wenn man die Benotungen zum Ende des Spektrums hin ignoriert. Nur wenige Momente nach dem Ende des Rumbles allerdings war die Note 6 (oder eine dem gleichkommende Bewertung) die am meisten vergebene, was mich doch sehr überrascht hat, denn auf diesen PPV trifft die folgende Beschreibung nicht zu: "Wenn die Leistung den Anforderungen nicht entspricht und selbst die Grundkenntnisse so lückenhaft sind, dass die Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben werden können." (von Wiki entnommene Ausformulierung der Note 6). Nun ist eine Wiki-Definition absolut nicht als der zwingende Maßstab zu sehen, den der jeweilige bewertende User angesetzt hat, aber formuliert er am Besten aus, wie ich persönlich eine von einer anderen Person gegebene 6 verstehe. Das mag nicht immer richtig sein, aber wenn man schon versucht das Schulnotensystem anzuwenden, dann ist es hoffentlich verständlich, wenn ich die Bedeutung der Bewertung auch am Schulnotensystem definiere.

Der letzte Part des Satzes ist derjenige, der einem zu denken geben sollte. Sind die aufgetretenen Mängel (die zweifelsohne vorhanden waren, ich selbst würde dem PPV eine glatte 3 geben) nicht in absehbarer Zeit zu beheben? Ist WrestleMania also jetzt schon verflucht, immerhin findet es in absehbarer Zeit statt? Hat die WWE heute Dinge getan, die sie noch auf lange Zeit hin verfolgen werden und den zukünftigen Shows schaden werden? Woher will man bei der Benotung wenige Minuten nachdem Sheamus den Rumble gewann sich dieses Vorwissen nehmen? Wieso wird nicht abgewartet, was die WWE aus der sich grad selbst vorgegebenen Situation macht? Mein mir sehr am Herzen liegender Kollege Vanni hat bereits im Juli 2011 eine Kolumne geschrieben, die sich mit den Erwartungshaltungen der Fans befasste (Expect the unexpected) und einen großen Teil der von ihm angesprochenen Punkte könnte ich nun an selber Stelle nahezu unverändert wiederholen! Wenn Fans Überraschungen fordern und sogar so weit gehen, dass sie ihre Benotung des PPVs ins Extreme herunterschrauben, wenn eine bestimmte Überraschung nicht eintrifft, dann gehe ich persönlich davon aus, dass weder die Begriffe "Überraschung" oder "angebrachte Erwartungshaltung" verstanden wurden, eine Leistung, die ich persönlich mit einer schlechten Schulnote bewerten würde!

Aber gehen wir chronologisch durch den Rumble, um herauszufinden, wie schlecht der PPV - subjektiv - wirklich war. Der Opener war ein nett gewähltes Match, in welchem man Mark Henry leider seine Verletzung anmerkte. Der Kampf war natürlich kurz und schmerzlos und Bryan wurde auf genau die richtige Weise dargestellt, um das aktuelle Thema seines Runs weiter zu verstärken. Dieses Match war natürlich keine Offenbarung, aber wer eine ebensolche an dieser Stelle, mit diesen Teilnehmern und zu dieser Zeit erwartet hat, fällt in meinen Augen wieder in die Kategorie der falschen Erwartungshaltung zurück. Wir haben einen soliden und intelligent gebookten Fight gesehen, der - besonders in der Retrospektive - den richtigen Gewinner hatte.

Danach folgten die Damen, die für die zugestandene Zeit und die ihnen in der WWE gesetzten Grenzen ein absolut vertretbares Match workten. Ich werde nicht allzu viele Worte darüber verlieren, denn ein WWE-Damenmatch hat selten große Einflüsse auf das Gesamtbild einer Veranstaltung und dieses hier war da keine großartige Ausnahme. Allgemein sehe ich bei vielen das Verhalten aufkommen, Damenmatches nur dann ernsthaft mit zu bewerten, wenn sie ein übertrieben negatives Bild des PPVs zeichnen wollen. Wenn ihnen der "männliche Teil" der Großveranstaltung gefallen hat, so wird wohlwollend über die Damen hinweggesehen!

Auf die Damen folgten dann Kane und Cena, welche ein Match workten, das absolut ihren Limitierungen (und damit auch ihren Möglichkeiten) entsprach. Keiner der beiden ist eine Offenbarung im Ring oder wird dies je sein, trotzdem haben sie das Beste aus ihren Möglichkeiten gemacht, ich habe vorher schlimme und unendlich langweilige Sequenzen erwartet, aber davon wurde ich glücklicherweise größtenteils verschont. Das Aftermath war logisch, der Story entsprechend und Eve ist eine um Längen bessere Schauspielerin als Cena. Vor Allem wurde die Story auf passende Weise weitergeführt und die WWE hält sich die Option für mehrere Entwicklungen offen, die natürlich unterschiedlich wahrscheinlich sind. Im Endeffekt kann man sagen, dass auch dieses Match keiner Katastrophe gleich kam und absolut die von mir gestellten Erwartungen erfüllte.

Brodus Clays Squash war natürlich nicht schön anzusehen, ist ein großer Teil der IWC (da war es, das schlimme Wort!) doch geschlossen Fan von Drew McIntyre. Dieses Match erfüllte keinen wirklichen Zweck, wie ich zugeben muss, fungierte es doch lediglich - ähnlich dem Damenmatch - als Bumper zwischen den als hochkarätig angesehenen Matches des Abends. Natürlich kann man argumentieren, dass beide auf der Linie weiter präsentiert wurden, die schon in den Weeklys jeweils für sie eingeschlagen wurde, aber trotzdem hebt oder senkt das den PPV nicht wirklich.

Und genauso ein hochkarätiges Match wie oben genannt sollte jetzt folgen. Der Heavyweight-Gürtel stand auf dem Spiel und CM Punk und Dolph Ziggler sollten um diesen unter der direkten Aufsicht von John Laurinaitis kämpfen. Nun hypten die Vorkommnisse in diesem Match vorrangig das kommende RAW, ein Verhalten welches bei TNA oft kritisiert wird. Allerdings wurde die Geschichte auch hier intelligent fortgeführt und weckt eine gewisse Spannung auf kommende Geschehnisse beim heutigen RAW. Fans des #Showoff - zu denen ich mich zähle - werden sich nun vielleicht beschweren, dass dieser im Prinzip 4 Mal besiegt wurde, aber man sollte sich vor Augen führen, dass Ziggler immer noch nicht auf dem Stellenwert eines Punk angekommen ist und ich persönlich bin froh, dass die WWE hier eine langsame aber stetige Entwicklung forciert.

Kommen wir nun endlich zum Höhepunkt und Dreh- und Angelpunkt des gleichnamigen PPVs. Dem Royal Rumble! Ich werde nun nicht komplett durch den Rumble gehen, die von mir angesprochene Klientel hat ihn offenkundigerweise gesehen, ich muss euch nichts erzählen, was ihr selber sehen könnt. Das Match war durchgehend sehr crowd-pleasing und bis zur Nummer 22 (die des späteren Gewinners Sheamus) fast – nicht ausschließlich – mit Undercardern und/oder diversen Comedy-Spots gefüllt. Das mag etwas lang und nach etwas wenig Starpower klingen, aber entspricht durchaus den vorhergehenden Rumbles.

Grad zum Punkt der fehlenden Starpower möchte ich etwas sagen, beziehungsweise einen Vergleich aufführen. Der Royal Rumble 2001 wird bis heute als einer der besten Rumbles aller Zeiten gesehen, also habe ich mir gewagt einen Vergleich zum gestrigen Rumble zu ziehen. Beginnen wir mit der Anzahl der - von mir als solche gesehenen- Topstars: 2001 kann dort Kane, The Rock, Big Show, Undertaker und Steve Austin verbuchen. 2012 hat Randy Orton, Chris Jericho und Big Show aufzuweisen. Es sieht also nach einem Sieg für 2001 aus, wenn man nur zu dem Zeitpunkt etablierte Superstars einrechnen will. Nun muss ich aber zu Protokoll geben, dass ich genau das eben nicht will. Ich würde es für treffender empfinden, auch Leute einzuberechnen, die sich mit kleinerem Abstand unter dieser Stufe bewegen, immerhin hat ein solcher sogar den diesjährigen Rumble gewonnen. 2001 kann 3 (Test, Billy Gunn, Rikishi) Teilnehmer dieses Kalibers aufweisen, die Hardys fielen in meinen Augen 2001 noch nicht in diese Kategorie, bei manch anderen kommenden Star (Bradshaw) war das 2001 nicht vorauszusehen und sogar über Gunn könnte man diskutieren. 2012 kann hier allerdings 6 (Miz, Truth, Sheamus, Cody Rhodes, Dolph Ziggler und Wade Barrett) Protagonisten dieser Art aufweisen (streitbar wären noch Khali, Booker T, Foley, Kingston und Swagger, aber mein Bauchgefühl zählt diese Herren nicht zu der gesuchten Riege). Nun gilt – wie für diese ganze Kolumne – dass dieser Text lediglich meine persönliche Meinung beinhaltet, aber ich denke, dass aufgezeigt wird, dass der grandiose Rumble 2001 in Starpower nicht um Welten über dem gestrigen Fight stand. Starpower ist also nicht das Alleinstellungsmerkmal, dass einen Rumble auszeichnet. Sie kann helfen, wie man am - ebenfalls grandiosen - 2007er Rumble sehen kann, über den mein Kollege Babus sagte: "Damals war in etwa jeder zweite Teilnehmer schon einmal World Champion geworden - von den zukünftigen Stars mal ganz zu schweigen.". Da hat er durchaus Recht, aber geht es mir hier darum aufzuzeigen, dass es nicht unbedingt einer gigantischen Starpower benötigt, um einen guten Rumble auf die Beine zu stellen.

Wieso also die Verurteilung des grade erst gesehenen Matches? Ein Punkt den ich zu kritisieren habe, ist die Reihenfolge der Stars. Alle 3 von mir als Topstar deklarierten Kämpfer hatten die Nummern 27-30. Nicht nur, dass die wahren Stars damit zu kurz im Ring waren, sondern ihr spätes Auftreten ließ natürlich auch das vorher Geschehene relativ sinnlos und fad wirken. Dies war in meinen Augen eine falsche Entscheidung der WWE, aber auch kein Grund das Match derart zu verdammen, wie es geschehen ist. Die Darstellung der einzelnen Stars im Match war ihrem jeweiligen aktuellen Status entsprechend, die diversen Comedy-Spots waren unterhaltsam und kurzweilig, die Starpower nicht unterirdisch, wie so manch einer behauptet.

Ich möchte 2 (zusammenhängende) Gründe nennen, die ich für die in großen Teilen der IWC (schon wieder) vorherrschende Enttäuschung verantwortlich mache. Jerichos Nicht-Sieg in Verbindung mit seinem vorhergehenden Aufbau und die im Internet herrschende Newshetze.

Aber lasst uns (mich) die Punkte noch etwas näher beleuchten. Wir alle haben die mysteriösen Ankunftsvideos gesehen und was wurde nicht alles gerätselt. Manschettenknöpfe wurden vergrößert, im Video gezeigte Pfützen analysiert, Bibelpassagen ausgewertet… die WWE zeigte unkommentiert eine Reihe von kurzen Videos und das Internet stürzte sich wie Geier drauf und in wenigen Wochen machte sich die IWC so scharf auf die Enthüllung, dass jede Auflösung nur eine Enttäuschung sein konnte. Immer wird die außergewöhnlichste, neuste, spannendste aber auch sinnvollste Auflösung verlangt. Jedes Mal soll ein großer Knall ertönen und ein noch nie dagewesenes Ende soll geschehen. Immer und immer wieder will das Internet überrascht werden mit Geschehnissen, die die absolut übertriebenen Erwartungen noch übertrifft! Das ist nicht menschenmöglich, wie ich leider sagen muss. Jericho als Enthüllung war zwar noch zu vertreten, aber von nun an wurde jede seiner Gesten und jedes seiner (sehr seltenen) Worte auf die Goldwaage gelegt. Nicht weniger als das Größte war gut genug für die Auflösung der Videos, mit denen so manch Fan anscheinend mehr Zeit als mit allem Anderen verbrachte. Seitenlange Diskussionen, ob er Heel, Face oder Tweener ist brachen aus (Die Antwort: Nix von alledem, er ist Chris Jericho). Als Jericho dann mit einem – sehr schönen - Brogue Kick unsanft auf den Hallenboden befördert wurde, starb für viele Fans die (ungerechtfertigte) Hoffnung darauf, etwas von unbekannten Ausmaßen erleben zu dürfen. Leider war aus dieser Hoffnung inzwischen für so manchen Fan ein Anspruch geworden.

Der zweite von mir angesprochene Punkt ist die Newsmache, die im Internet geschieht. Diverse „Insider“ übertreffen sich mit abstrusen Theorien, welche sie im Dutzend unter die Menschen bringen, nur um danach die zutreffenden Prognosen zu unterstreichen und die Vorhersagen, welche absolut falsch waren zu ignorieren. Als kleines Beispiel habe ich hier ein Gerücht, welches eine Seite (rajah.com) am sonntäglichen Nachmittag unters Volk bringen wollte: Die WWE wolle Mason Ryan pushen und er würde eine große Rolle beim kommenden Rumble spielen! In diversen Foren kochte die Diskussion hoch, Szenarien wurden überlegt, Interaktionen mit dem dazu gedichteten Batista wurden gesponnen und natürlich wurde auch hier nur im größten Maßstab gedacht. Über Mason Ryans tatsächliche Rolle beim gestrigen Rumble muss ich keine Worte verlieren, denn es gab sie nicht. Nun muss ich zugeben, dass dies ein mir grad sehr passendes Beispiel ist, welches ich hier gewählt habe, aber ich hoffe, dass es aufzeigt, dass die IWC zu Überreaktionen neigt, welche dann leider die Folge haben, dass nichts unter dem Niveau dieser ausgemalten Szenarien akzeptiert wird.

Abschließend möchte ich sagen, dass mit Sheamus einer der wenigen Superstars gewonnen hat, der in den letzten Wochen auch aktiv am Rumble-Aufbau teilgenommen hat, dass die WWE bei WrestleMania ruhig Matches mit geringerem Profile booken darf, da eh kein Match an Cena-Rocky herankommt und (Effektpause) dass Chris Jericho Recht hatte, wenn man sich so manchen Beitrag durchliest. Für mehr als einen Internetfan passierte nämlich anscheinend exakt das, was Jericho ankündigte, wenn man die Extremreaktionen betrachtet: "This Sunday at the Royal Rumble, it will be the end of the world as you know it!"

Damit wäre das Ende dieses kleinen Textes erreicht, zu dem ich nochmal sagen möchte, dass er nur meine Meinung zu und Überraschung über die aufgekommen Reaktionen zum Rumble wiederspiegelt. Ich schreibe selten bis nie Kolumnen, wie man vielleicht beim Lesen gemerkt hat. Ich bin mir bewusst, dass ich natürlich größtenteils die Fakten beleuchte, die mein Argument stützen und dass ein Text wie dieser niemanden von seiner Meinung zum Rumble abbringen wird. Aber vielleicht schafft er es ja, den ein oder anderen seine Erwartungshaltung zu hinterfragen, bevor er alles was unter der selbigen liegt verurteilt. Andere Meinungen sind natürlich immer gern gesehen, wenn sie fundiert vorgebracht werden, nutzt am Besten dazu das Cageboard.