DeutschEnglish
Not logged in or registered. | Log In | Register | Password lost?

My View: Eine klare Meinung zum “Steroidskandal”

Kolumne

Article information
Published on:
24.03.2007, 15:14 
Category:
Author(s):
Das Wrestling-Business hat in diesen Tagen einen neuen Steroidskandal. Wie das Magazin „Sports Illustrated“ aufdeckte, hätten insgesamt 11 Wrestler unerlaubte Chemikalien zu sich genommen. Namentlich genannt wurden dabei Edge, Kurt Angle, Randy Orton, Eddie Guerrero, Gregory Helms und auch Rey Mysterio. Doch sind diese „Aufdeckungen“ wirklich schockierend? Für jeden, der sich ein bisschen näher mit Wrestling beschäftigt, sollte eigentlich klar sein, dass Drogen genauso zum Geschäft gehören wie beim Radsport.

Und davon abgesehen scheint niemand die positiven Seiten der Steroide sehen zu wollen. Da wäre zum Beispiel, dass sie die Wirtschaft ankurbeln. Die Wrestler geben dafür ihr teuer erkämpftes Geld dafür aus und führen es so wieder dem Wirtschaftkreislauf zu. Dankbar sollte man sein! Auch die Nebenwirkungen werden leider zu oft ins schlechte Licht gerückt. Steroide sorgen für „Verweiblichung“? Hätte ein Vito nur ordentlich Steroide geschluckt! Etwas besser als ein schönes paar Frauenbrüste hätte seinem Damenkleid-Gimmick doch gar nicht passieren können. Tja, und natürlich muss man auch den psychologischen Aspekt berücksichtigen. Ein Bobby Lashley würde sich ohne seine überproportionalen Muskelmassen doch gar nicht in seinem hautengen Plastikhöschen vor die Menschenmassen trauen! Wem stört es da schon, dass einem alle Haare ausfallen?

Zu sarkastisch? Vielleicht…

Dann reden wir mal Klartext. Steroide sind mit das übelste, womit sich ein Wrestler (und andere Sportler) dopen kann. Wer es nicht glauben möchte, der kann ja gerne einmal Superstar Billy Graham fragen. Die Nebenwirkungen sind verheerend, die Wirkung an sich nur von kurzfristiger Dauer – und das zu einem sehr hohen Preis. Doch warum nehmen Wrestler Steroide? Wie kann sich ein gesunder Menschenverstand nur dazu entscheiden, sich selbst so zu vergiften und damit zu zerstören? Die Antwort geben die Wrestler im Zuge der Aufdeckungen durch Sports Illustrated in diesen Tagen selbst:

“I took them when coming back from my spinal fusion neck surgery when I was told by doctors that it would help the bones grow back around the screws and plate that were now inserted in my neck. I'm not glorifying. I'm not condoning. Just telling you why I decided to take them.”
(…)
“To those, like that columnist and any other naysayers that will hold my past against me? I've made mistakes. Will do so again in the future I'm sure.”
- Edge

”If you get hurt and a doctor prescribes you a medicine/drug and therapy to help you and you take it, did that become wrong somewhere? Did I miss a meeting? No need to answer because apparently the answer is yes. Apparently pro wrestlers never get hurt and if they do they aren't allowed to get treatment. So anyway, here's the story, several years ago I had hurt my knee and was advised by 2 different doctors to undergo this particular therapy. I didn't ask for it, hell, I didn't even know about it, all I knew is that I didn't want to have to have surgery. Not to mention that I would like for my life after wrestling to be as painless as possible.”
(…)
“I would like to think that it's well in my human rights to take whatever a doctor tells me to if it helps my condition and relieves my pain. Isn't that what everyone goes to a doctor for? Shane Helms committed no crime and did absolutely nothing illegal.”
- Gregory Helms

Die Aussagen von Edge und Gregory Helms sind klar: Sie waren verletzt, haben Steroide verschrieben bekommen und sie daher genommen. Für sie war es eine Therapie, eine Medizin, wie Aspirin auch eine für Kopfschmerzen ist. Also alles in Butter? Viel Wirbel um nichts? Für mich auf keinen Fall. Während Edge wenigstens selbst gesteht, einen Fehler gemacht zu haben, weiß Helms gar nicht, was die Welt von ihm will. Er ist sich keiner Schuld bewusst – und das glaube ich ihm sogar. Nur ist es traurig. Denn in seinen Aussagen finde ich eine erschreckende Einstellung wieder: Was der Doktor mir verschreibt, ist das richtige für mich. Der Gott in Weiß rechtfertigt die Mittel. Helms sagte auch, alles was er wollte, war keine Operation benötigen zu müssen. Der Doktor hatte eine Alternative auf Lager: Steroide. Doch glaubt wirklich jemand, Gregory Helms habe hinterfragt, was er da verschrieben bekommen hat? Wie es angehen könnte, dass ein paar Pillen eine Operation ersparen? Gregory Helms hat das bekommen, was er unbedingt wollte. Der Zweck heiligt die Mittel. Dass ein Doktor ihm Steroide verschreibt, ist eine Sache, dass Helms aber keine Probleme damit hat, sie auch einzunehmen, ist ganz allein die Entscheidung von ihm selbst gewesen. Er ist dafür verantwortlich. Die Entschuldigung, es sei sein Menschenrecht, zu nehmen, was immer ihm ein Doktor verschreibe, ist doch nur eine Ausrede, um sich selbst vor der Verantwortung zu drücken.

So viel also zum Thema Gesundheit, was eine Ironie in sich ist: Steroide nehmen, um gesund zu werden, wo doch bekannt ist, wie ungesund sie sind. Als würde man Gift mit Gift bekämpfen. Doch es gibt noch andere Gründe, warum Wrestler Steroide nehmen. Einige davon nannte Diamond Dallas Page in einem Interview mit ESPN Radio.

DDP gab zu, selbst Steroide genommen zu haben. Und dafür hatte er gleich eine handvoll guter Argumente. Wrestler zu sein, bedeute viele Bumps hinzunehmen, was unweigerlich zu Schmerzen führe. Zeit zum Ausheilen gebe es aber nicht, da man ständig auf Tour sei. Wer aber trotzdem immer gute Leistungen abrufen wolle (was gerade als Maineventer wichtig sei), der tue eben, was man tun müsste. Außerdem würden die Fans einen immensen Druck auf die Worker ausüben, da sie immer bessere Leistungen fordern würden. Und zu guter Letzt wusste DDP zu sagen, seine Karriere habe immer dann an Schwung verloren, wenn er „leichter“ geworden und damit näher an seinem echten Körperbau gekommen sei.

Viele Gründe also und – so scheint es – gute Gründe, um Steroide zu nehmen. Doch egal, was gesagt wird, letztendlich entscheidet jeder selbst, ob er sie nimmt oder nicht. Wenn man eine ehrliche Umfrage im WWE-Lockerroom machen würde, wer von den Wrestler tatsächlich ganz ohne Drogen auskomme, möchte ich denjenigen sehen, der wirklich mit gutem Gewissen seine Hand heben kann. Es müssen ja auch nicht immer Steroide sein. Mir kann niemand erzählen, dass z.B. ein Jeff Hardy über Wochen, Monate und Jahre aus 2, 3, 4 oder sogar 5 Metern Höhe auf die Matte (oder sogar den Boden außerhalb des Ringes) fallen kann, ohne dass sein Körper irgendwann dagegen rebelliert. Schmerzpillen – und das regelmäßig – sind die Konsequenz. Doch wieder: Ob man das mit sich machen lässt, die eigene Entscheidung. Die eigene Verantwortung. Auch Argumente wie „wenn ich kneife und die Drogen nicht nehme, stehen zehn Männer hinter mir, die bereit sind, es zu tun“, zählt für mich nicht. Jeder muss mit sich selbst ausmachen, ob es das wert ist. Für einen Gregory Helms, der seine Steroideinnahme damit gerechtfertigt sieht, weil er ein Rezept von einem Doktor ausgeschrieben bekommen hat, habe ich daher kein Verständnis. Denn eingenommen hat er sie am Ende doch selbst. Also muss er auch die Konsequenzen dafür tragen.

Einzig eine Teilverantwortung sehe ich bei Promotern wie Vince McMahon, jedoch auch nur dahin gehend, dass sie ihre Worker davor schützen sollten, Drogen zu nehmen (verhindern können auch sie es nicht). Tests, wie sie die WWE durchführt, sind der richtige Weg. Dass ein Vince McMahon mit dieser Verantwortung aber trotzdem eher lapidar umgeht, ist nicht nur aus Gerüchten zu erfahren. Das folgende Statement gab der CBS-Sportreporter Todd Lewis ab, nachdem er den WWE-Boss in einem Interview vor laufender Kamera auf den Steroidskandal angesprochen hatte:

“Now off-camera after the interview, McMahon said bringing up this topical segment of performance enhancing drugs today was in poor taste. Vince, you have your employees dying prematurely due to health problems from steroid abuse, you send women out to wrestle in dental floss with more silicon in their body than a Tupperware convention, and you are going to lecture folks about poor taste? Make sure you Windex that glass house you live in before throwing those stones, my friend.”
Number of comments: 0
Your Options:
    Other: