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Talk The Talk #6: Wie man aus einer guten Idee eine Katastrophe macht

Kolumne

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Published on:
08.09.2011, 20:01 
Category:
Series:
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12 Wrestler treten in einem Turnier über drei Monate gegeneinander an. Für Siege gibt es Punkte, für den Wrestler, der am Ende die meisten Punkte auf seinem Konto hat, gibt es ein World Heavyweight Title Match bei Bound For Glory, dem größten Pay Per View von Total Nonstop Action Wrestling. Das Teilnehmerfeld ist bunt gemischt und kombiniert erfahrene Veteranen wie Samoa Joe, AJ Styles und Rob Van Dam mit jungen Nachwuchsstars wie James Storm, Bobby Roode oder Crimson, die noch nicht im Main Event angekommen sind. Klingt auf dem Papier in der Ausgangslage nach einer interessanten Angelegenheit und einer guten Idee. Trotzdem hat es TNA mal wieder geschafft, eine gute Idee zu einer absoluten Katastrophe in der Umsetzung zu verwandeln. Bei No Surrender stehen die letzten Matches der Bound For Glory Series auf dem Programm, der No. 1 Contender wird also am Sonntag ermittelt. Auf dem Weg zu No Surrender hat man dabei verdammt viele Fehler gemacht, die am Ende dafür sorgten, dass die Series nicht wie zunächst angedacht den neuen Herausforderer formt, mit massig Momentum versieht und ihn als heißes Eisen in das World Title Match steckt, sondern genau das Gegenteil bewirkt.

Transparenz ist was anderes

Das fängt schon alleine beim Aufbau der Series an. Wenn ich so ein Turnier starte, muss ich eigentlich am Ende sicher stellen, dass jeder der Teilnehmer dieselben Chancen hatten. Dies erreiche ich zum Beispiel dadurch, dass jeder Wrestler die gleiche Anzahl an Matches auf der Habenseite hat. Nimmt man die mittlerweile von der Series ausgeschlossenen Beispiele wie Matt Morgan oder Crimson aus dem Ranking, findet sich vieles, aber keine einheitliche Behandlung. Auf Platz 1 rangiert derzeit Bully Ray, der aus seinen 14 Matches 49 Punkte machen konnte. Auf Platz 7 steht Scott Steiner, der hingegen nur 9 Matches in der Series bestritten und es in diesen auf 21 Punkte gebracht hat. Zwischen Beiden liegen also fünf Matches. Bei einer Höchstpunktzahl von 10 Punkten für einen Sieg durch Submission, der bei Steiner ja noch nicht einmal so abwegig ist wie bei anderen Teilnehmern, ergeben sich also noch 50 Punkte, die Steiner noch holen könnte. Steiner könnte also alleine in den Matches, die ihn noch bis zum Gleichstand mit Bully Ray fehlen, die Gesamtführung an sich reißen. Warum er sich nicht beschwert, weil er diese Chance nicht bekommt? Nicht logisch erklärbar. Und Steiner ist natürlich noch nicht mal das einzige Beispiel. Rob Van Dam hat als Fünftplatzierter die Finalmatches bei No Surrender hauchdünn verpasst und 35 Punkte aus 13 Matches geholt. Den zweiten Platz gerade mal sieben Punkte – also einen Sieg durch Pinfall - vor RVD teilen sich Gunner und James Storm. RVD hat aber nie die Chance bekommen, seine zwei Matches Rückstand auf Storm aufzuholen. Und bei Gunner, der im selben Zeitraum 19 Matches bestritt, wird die Situation noch viel grotesker. Natürlich wird in den Shows aber nicht erwähnt, wer viele Matches bestritten hat. Die Punktzahl ist die einzige Information, die die Zuschauer bekommen. Ein Schelm, wer hier denkt, dass man diesen ganz bewusst verarschen möchte.

Der Punkt der Transparenz lässt sich auch noch auf die Matchzusammenstellungen übertragen. In einer Rangliste wäre es doch eigentlich sinnvoll gewesen, im Modus „Jeder gegen Jeden“ anzutreten. Quasi wie in der Fußball-Bundesliga oder in nahezu jedem anderen Sport auch. Ob nun mit Hin- oder Rückmatch, sei mal dahin gestellt. So hätte man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Man hätte einen Spielplan aufstellen können, jeder hätte gewusst, warum Wrestler A nun gegen Wrestler B kämpft und am Ende hätte man tatsächlich alle Wrestler mit einer gleichen Zahl an Matches im Ranking stehen. So viel zur Theorie. Die zündet bei TNA aber so gut wie nie. Stattdessen bekommt man Woche für Woche – und auch noch bei House Shows (!) – die Matches hin geklatscht und niemand weiß, warum. Verfeinert soll das Ganze dann noch mit Tag Team Matches oder gar einem Ladder Match werden, dabei verdirbt man hier die Suppe eigentlich ganz gewaltig. Alleine in diesem Punkt hat man also schon genug getan, um den Karren voll in die braune Masse zu fahren. Mit anderen Punkten hat man zudem aber nun auch noch dafür gesorgt, dass man ihn auch mit einem Lamborgini Gallardo nicht wieder rausreißen kann.

Die Punkteaufteilung und eine ungenutzte Logiklücke

Auf dem ersten Blick wirkte die Punktevergabe für die verschiedenen Arten eines Siegs in der Bound For Glory Series ja noch recht sinnvoll. Eine Submission bringt mehr Punkte als ein Pinfall, weil es schwerer ist, einen Gegner zum Aufgeben zu bringen. Ein Sieg durch Countout oder Disqualifikation bringt weniger Punkte als ein selbst herbeigeführter Sieg und eine verursachte DQ bringt sogar zehn Minuspunkte. Moment! Wenn ein Wrestler disqualifiziert wird, bekommt er Minuspunkte und davon sogar satte Zehn? Wie leicht wäre es nun also für einen Heel, genau diesen Fakt auszusetzen. Man heuert sich einen kleinen, dreckigen Jobber an und sagt ihm „Ey, stürm mal heute in den Ring und hau dem AJ Styles einen Stuhl über den Kopf. Dann bekommt der dicke Bully Ray zehn Punkte abgezogen und ich ziehe an ihm vorbei, ohne etwas getan zu haben. Gnar Har Har!“. Wäre doch eigentlich logisch für Leute, die eh jede Chance nutzen, um irgendwie oben im Ranking zu stehen, oder? Nicht logisch genug für TNA. Und selbst wenn es bescheuert wäre, diese Möglichkeit komplett totzuschweigen, macht man es noch schlimmer und lässt in Matches von Rob Van Dam Jerry Lynn eingreifen. Seine DQ sorgt dafür, dass RVD Punkte verliert. Spätestens jetzt hätte doch der dümmste Heel merken müssen, dass man hier eigentlich eine gute Möglichkeit hat, das System auszunutzen. Anscheinend hat sich aber darüber niemand Gedanken gemacht. Warum? Ich vermag es nicht zu sagen…

„Verletzungen“ dünnen das Teilnehmerfeld aus, am Ende steht ein lahmer Sieger

Ein Drittel der Teilnehmer wurde nun aus Verletzungsgründen, teils realer Natur, teils aus Storyline-Gründen, aus dem Wettbewerb genommen. Dies ist auf den ersten Blick nicht schlimm, fällt dann aber doch irgendwie negativ ins Gewicht, wenn man sich die Personalie Crimson ansieht. Dieser wird stark gepusht, ist seit Monaten ungeschlagen – so auch in der Bound For Glory Series. Natürlich stand er schnell oben in der Rangliste. Offenbar entschloss man sich bei TNA dann aber aus irgendeinem Grund dazu, ihn doch nicht im Main Event von Bound For Glory zu wollen. Dies kann man verstehen, da auch ich nicht der Meinung wäre, dass er dort gut aufgehoben wäre. Folgerichtig wäre es aber definitiv gewesen und ein Match gegen Kurt Angle wäre glaubwürdig gewesen. Streak vs. Title, da gibt es denkbar schlechtere Konstellationen. Namentlich Beer Money, Gunner und Bully Ray. Egal, wer am Sonntag die Bound For Glory Series gewinnen wird, ich werde ihn nicht als würdigen Herausforderer für Kurt Angle sehen. Erst recht nicht für den größten PPV der Company. Erst recht nicht für den dortigen Main Event. Zwar ist es auf jeden Fall wünschenswert, dass man versucht, hauseigene Superstars zu pushen und auch World Titles gewinnen zu lassen, aber dann muss das anders erfolgen. Bully Ray wäre am ehesten nach seiner Darstellung in den letzten Monaten glaubwürdiger Herausforderer, ein Aufeinandertreffen mit dem frisch Heel geturnten Kurt Angle würde jedoch keinen Sinn ergeben. So wird es wohl einer der drei Jünglinge, vermutlich James Storm werden. Und James Storm vs. Kurt Angle soll mich dann dazu bewegen, Geld für den PPV auszugeben? Interessant… nicht.

Die Personalie Samoa Joe

Abgerundet wird der ganze Quatsch dann schließlich von der Art und Weise, wie man mit Samoa Joe umging. Mit minus zehn Punkten steht er auf dem letzten Platz der Rangliste und hat gar nichts mehr zu melden. Stattdessen schlachtet er sich jetzt durch die Liga und nimmt alles auseinander. Sinn? Gibt es nicht. Außer, er nimmt am Ende noch den Sieger der Series auseinander und nimmt stattdessen den Spot bei Bound For Glory ein. Dann würde es aber keine Worte mehr geben, mit denen ich beschreiben würde, wie tief der Karren in der braunen Masse steckt. Das wäre wirklich das i-Tüpfelchen auf dem riesigen Kot-Berg namens Bound For Glory Series.

Fazit:

Aufmerksamen Lesern wird nicht entgangen sein, dass ich ziemlich angepisst bin und ich mich sehr über den Ablauf der Series aufrege. Und ja, ich bin angepisst, ja, ich rege mich darüber auf. Weil es einfach verdammt mieses Booking ist. TNA war mal auf einem guten Weg, Konkurrenz zum Monopol-Inhaber WWE aufzubauen. Mittlerweile wird da aber so viel Bockmist verzapft, dass man beinahe wöchentlich eine solche Kolumne schreiben könnte. Die Bound For Glory Series war nur der Gipfel des Eisberges. Und gerade die Tatsache, dass man bei der richtigen Durchführung des Turniers am Ende ohne große Probleme einen würdigen Contender auf einen World Heavyweight Title Shot aufgebaut hätte, schmerzt dann. TNA hat es in dieser Situation komplett versaut. Ohne Zweifel.