DeutschEnglish
Not logged in or registered. | Log In | Register | Password lost?

Wrestling und Musik: Entrance Themes - Der Wert der Musik

Kolumne

Article information
Published on:
30.07.2011, 14:15 
Category:
Series:
Author(s):
Der große Moment ist da. Nur Sekunden dauert die Stille an, doch mir erscheint sie wie Stunden. Man kann die Luft förmlich schneiden, so deutlich ist die Spannung zu spüren. Und dann, wie das Wasser einen zerberstenden Damm, zerreißt der erste Ton die Ruhe, und es beginnt...

Die Ankunft der Schurken & Helden

Auch wenn dies obige Beschreibung vielleicht ein wenig pathetisch daherkommt, so trifft sie es doch ziemlich genau, wenn es darum geht, den Einzug eines - seines - Superstars in den Ring zu beschreiben. Wen kribbelte es nicht, wenn nach quälender Stille ein lautes "If you smell..." das Eintreffen The Rocks verkündete, Steve Austins zerspringendes Glas den Weg für die Rattlesnake ebnete oder wenn bis heute die dumpfen Glockenschläge des Undertaker die Halle ins Dunkel tauchen.

Dabei muss man einen großen Teil der Lorbeeren für die Weiterentwicklung der Einzugsmusik im Allgemeinen sicherlich der WWE überlassen. Nicht zuletzt durch ihre Rolle als Marktführer im kommerziellen Wrestling hat sie das Konzept von seinem Ursprung in den 50er Jahren über die selbstkomponierten, meist sehr rock-lastigen Tracks der 80er und 90er in einen völlig eigenständigen Geschäftszweig überführt. Wo andere Ligen auf bestehende Musikstücke bekannter Künstler zurückgreifen, engagiert die WWE eben diese Künstler als Gastmusiker für teils eigens auf die Wrestler zugeschnittene Songs. Eines der bekanntesten Beispiele hierfür dürfte sicherlich "The Game" sein, den Motörhead bereits im Januar 2001 als Entrance für Triple H einspielten.

Die universelle Sprache

Faszinierend ist, wie sehr man doch diese kurze Zeitspanne vor Beginn eines Matches nutzen kann, um über die Musik einem Akteur die entsprechende Grundstimmung zu verleihen. Nehmen wir als Beispiel die "Viper" Randy Orton. Kam der Sohn von "Cowboy" Bob Orton in seiner Zeit als arroganter Third Generation-Superstar noch zum nicht minder arroganten Indy-Rocksong "Burn In my Light" von Mercy Drive ('I’m gonna take what’s mine / while you’re burning inside my light') zum Ring, unterstrich Rev Theorys "Voices" mit seinem psychedelischen Unterton und den deutlichen Lyrics ('I have a voice that is my savior / Hates to love and loves to hate') sein Gimmick des bedrohlichen, unberechenbaren Raubtieres äußerst wirkungsvoll. Und dieses Spiel beherrscht die WWE wie kaum eine andere Promotion. Über die Kollaboration mit realen Künstlern hat sie es außerdem möglich gemacht, Themes von Wrestlern auch außerhalb des Wrestling-Kontextes zu platzieren. Ich selbst hab schon diversen Clubs die imaginäre Matte zu Killswitch Engages "This Fire Burns" kreisen lassen und mich dabei mitten in eine WWE-veranstaltung versetzt gefühlt, während andere - völlig ohne Bezug zum Wrestling - genauso feiern konnten. Und wenn man sich dann doch "outet" und laut "CM Punk!" durch die Disse brüllt, trifft man so sogar auf Fans des Sports, die man nie als solche vermutet hätte.

Zeige mir wie Du klingst, und ich sage Dir wer Du bist

Die Musik verbindet also auch im Wrestling. Und sie bietet einer Promotion viele Möglichkeiten des Gestaltens. Das eine passende Einzugsmusik mittlerweile so zwingend notwendig ist wie ein einprägsames Gimmick und ein außergewöhnlicher Finisher, belegt auch ein Kommentar Daniel Bryans, der zu seiner WWE-Anfangszeit gezwungen war, zu verhältnismäßig gesichtslosem 08/15-Instrumentalrock zum Ring zu schreiten. Und prompt bezeichnete er sich selbst "anti superstar" ('I just came out to generic rock music, that even I can't identify'). Da ist durchaus etwas dran. Wer heute in der WWE keinen griffigen Entrance spendiert bekommt, wirkt automatisch "kleiner". Und so durfte auch Bryan auf etwas anderes zurückgreifen - in seinem Fall zwar der relativ ausgelatschte "Walkürenritt", der aber (und hier schließt sich der Kreis) perfekt zu seinem Quasi-Gimmick des Internet-Nerds passt.

Sicherlich trifft die WWE nicht immer ins Schwarze. Der Versuch, Cody Rhodes und sein Image des Entstellten über einen langsameren Remix seiner Ursprungstheme zu fördern, ging aus meiner Sicht ziemlich schief. Aber in den meisten Fällen haben die Verantwortlichen hier ein glückliches Händchen. Stilistisch gibt man sich hier in letzter Zeit ziemlich open-minded. Man engagierte bekannte Coverbands wie Age Against The Machine (Jack Swagger) oder Stonefree Experience (John Morrison), die eigene Songs im bekannten Sound ihrer Vorbilder ablieferten, gab jungen Rockbands wie Adelitas Way (The Legacy), Mutiny Within (Evan Bourne) oder Downstait (The Miz und Alex Riley) eine weltweite Bühne oder organisierte sich Features bekannterer Rap-Künstler wie der Three 6 Mafia (Mark Henry), Evan Jones (Ezekiel Jackson) oder Lil' Kim (Trish Stratus). Und auch für poppige Tracks wie Zack Ryders "Radio" ist man sich nicht zuschade, solange es nur den Charakter des Inhabers unterstreicht.

Ein echtes Glanzstück hat man in meinen Augen mit der Einführung von Johnny Cashs "Ain't No Grave" als Theme des Undertaker abgeliefert. Der Deadman steht mehr denn je vorm Ende seiner Karriere und sein alljährliches Aufbäumen zu WrestleMania wird durch Cashs brüchige Stimme ('There ain't no grave / can hold my body down') und die schwer klirrenden Ketten perfekt umrissen. Sicherlich ist die Absetzung der seit mittlerweile fast zwanzig Jahren genutzten "Graveyard Symphony" umstritten, eine gewisse Genialität in der Schaffung von Flair und Atmosphäre kann man der WWE aber nicht absprechen.

Und was mag der Autor selbst am liebsten?

In meinen gut 15 Jahren als Wrestling-Fan (ein paar Jahre Pause zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht mitgerechnet) habe ich ein gewissen Hang zu Entrance Themes entwickelt. Die Nutzung bekannterer Künstler sowie die Entwcklung weg von der reinen Einmarschmusik hin zu echten Songs hat da sicherlich ihren Teil zu beigetragen. Mit iPod oder anderem mobilen Gerät bewaffnet kann man so immer sein kleines Stück Arena-Feeling dabei haben. Die nachfolgenden zehn Stücke haben mich dabei am meisten mitgerissen.

10. The Brood ("Blood" von Jim Johnston)
09. The Steiner Brothers ("The Victors" (University of Michigan Fight Song))
08. Batista ("I Walk Alone" von Saliva)
07. Kings Of Wrestling ("KoW (Kings)" von Cody B. Ware, Emilio Sparks & J. Glaze)
06. Edge ("Metalingus" von Alter Bridge)
05. Raven ("End of Everything" von Stereomud)
04. Rob Van Dam ("One Of A Kind" von Breaking Point)
03. Chris Benoit ("Whatever" von Our Lady Peace)
02. Chris Jericho ("Break the Walls Down" von Adam Morenoff)
01. CM Punk ("This Fire Burns" von Killswitch Engage)