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Die Wolfshöhle #3: Don't call it Schnitz... Wrestling

Kolumne

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Published on:
22.03.2011, 04:29 
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Man stelle sich einmal folgendes Szenario vor: Da sitzt ein Online-Journalist vor seinem Rechner und bekommt eine Pressemitteilung, in der steht, dass der Comedian Drew Carey dieses Jahr in die WWE Hall of Fame eingeführt wird. Was macht er also? Klar, er verfasst daraus eine Newsmeldung und stellt sie auf die Seite, für die er arbeitet, wobei er in der Überschrift schreibt, dass Carey in eine "pro wrestling Hall of Fame“ eingeführt wird. Als er den Begriff "Wrestling“ schreibt, wird der Mann aus seinem Stuhl katapultiert, schießt durch die Betondecke und landet auf dem Rasen vor dem Bürogebäude, wo die Belegschaft den armen Tor auslacht.

So weit, so abwegig. Oder eben auch nicht, denn dieser Tage veröffentlichte die US-Seite TVWeek.com genau solch eine Meldung mit eben jener Schlagzeile. Und was danach geschah, zeigt doch ganz schön, welch Geistes Kind man in Stamford in gewisser Hinsicht ist.

Kurze Zeit nach Veröffentlichung dieser Schlagzeile erreicht den Autor eine E-Mail von WWE-Pressesprecherin Kellie Baldyga, in der diese verlangt, dass die veröffentlichte News abgeändert wird. Die Begründung ist Folgende:

"We are no longer a wrestling company but rather a global entertainment company with a movie studio, international licensing deals, publisher of three magazines, consumer good distributor and more."
(“Wir sind kein Wrestling-Unternehmen mehr, sondern vielmehr ein globales Unternehmen der Unterhaltungsbranche mit einem eigenen Filmstudio, internationalen Lizensierungsgeschäften, wir sind Herausgeber dreier Magazine, Vertreiber von Konsumgütern und mehr.“)

Auf telefonische Nachfrage des Redakteurs, dass die Pressemitteilung ja schließlich behaupte, Carey sei in der WWE hauptsächlich für seinen Auftritt beim Royal Rumble 2001 bekannt, und ob dies denn keine Wrestling-Veranstaltung sei, bekam der Redakteur ebenfalls eine aufschlussreiche Antwort:

"No, we don't do wrestling events. They're entertainments. And we don’t call them wrestlers. They’re superstars and divas."
("Nein, wir veranstalten keine Wrestling-Shows. Es sind Unterhaltungssendungen. Und wir nennen sie nicht Wrestler. Es sind Superstars und Diven.")

Der Redakteur weigerte sich, das zu akzeptieren und schlug stattdessen die komplette Löschung des Artikels vor. Er argumentierte noch einmal, dass die WWE aus seiner Sicht ein Wrestling-Unternehmen sei und er aus diesem Grund den Artikel lieber lösche. Dem stimmte Kellie Baldyga auch zu. In einer weiteren E-Mail ergänzte sie dann noch:

"I know the perception is that we are a wrestling company but we are actually much more than that--we are a global media company which is how our Chairman and CEO, Vince McMahon, positions us."
("Ich weiß, dass man uns als Wrestling-Unternehmen wahrnimmt, aber eigentlich sind wir viel mehr als das – wir sind ein globales Medienunternehmen, und genau so positioniert uns unser Chairman und CEO, Vince McMahon.")

Really?

Man möchte einfach nur The Miz zitieren und fragen: Really? Meint die WWE das wirklich ernst? Der Begriff "Wrestling“ ist so untrennbar mit der WWE (oder noch eher mit der Abkürzung WWF) verknüpft, da kann Vince McMahon nackt einen Handstand machen und mit dem Allerwertesten die Fliegen fangen, das würde nichts daran ändern, dass die meisten bei dem Begriff "Wrestling“ sofort an die WWE denken. Jeder kennt Hulk Hogan, jeder kennt den Undertaker, und mittlerweile kennt auch jeder John Cena. Allein diese 3 Namen sind für diejenigen, die sich nicht intensiv mit Wrestling beschäftigen, mit der WWE verbunden.

Offensichtlich wird der Irrsinn natürlich erst recht, wenn man sich anschaut, wie der größte Entertainment-Event der WWE heißt, der uns in einigen Tagen ja wieder ins Haus steht. Im Kronjuwel der ganzen Firma steckt das böse W-Wort. WrestleMania. Wahrscheinlich wird man in Stamford jetzt bereits panisch und überlegt fieberhaft, wie man diese Scharte auswetzen kann und wie man das nur 27 Jahre lang übersehen konnte.

Ganz im Ernst: Ich bin sonst eher ein Fan der angenehmen Sorte. Ich meckere nicht viel, ich schlucke relativ viel dessen, was mir die WWE vorsetzt und muss ihnen auch zugestehen, dass sie ab und an doch nochmal geniale Einfälle haben. Aber dieses ewige Gehabe mit "Wir sind in der Unterhaltungsindustrie tätig und keine Wrestling-Firma, mimimi“ geht mir auf gewisse Körperteile, auf deren genauere Beschreibung ich zum Wohle der jüngeren Leser verzichte. Der ganze Verein leugnet im Prinzip das, was sie sind und wo sie herkamen und setzt damit ein nettes, kleines Stoffwechselprodukt auf das Vermächtnis der Leute, die die WWE überhaupt erst soweit gebracht haben.

Nun gut, außer im Firmennamen und bei WrestleMania kommt das böse W-Wort ja nicht mehr vor. Das kann man auch noch irgendwie ausmerzen. WrestleMania wird zu EntertainaMania und World Wrestling Entertainment zu World Entertainment Entertainment. Dann kauft man noch für dreifuffzig und einen Teebeutel den Slogan eines deutschen Privatsenders ein und dann kann man – wenn auch grammatikalisch nicht korrekt – mit diesem Slogan werben:

"WEE love to entertain you."