Extreme Championship Wrestling
geschrieben von
manès, veröffentlicht im Juli 2003
Die "ECW" begann ihren Betrieb im Jahre 1992, damals stand das mittlerweile legendäre Kürzel noch für Eastern Championship Wrestling. Der damalige Besitzer von ECW war Tod Gordon. Erster World Champion wurde am 25. April "Superfly" Jimmy Snuka, der Mann, der Mick Foley zum Start einer Wrestlingkarriere inspirierte. Aber nur einen Tag später krönte sich Johnny Hot Body zum nächsten Champion. Dieser Titelwechsel fand in der späteren "Heimat" der ECW statt - in Philadelphia. Zwei Jahre später, am 27. Oktober 1994, wurde, während Shane Douglas seinen 2. World Champion Title Run hatte, der Name der Federation geändert: Aus Eastern wurde Extreme - die Federation begann rund um Philadelphia, im Bundesstaat Pennsylvania, ihren Siegeszug. 1995 kaufte Paul Heyman Ted Gordon die Company ab und ein Jahr später entdeckte die ECW die PPV Plattform und startete zunächst mit 3 Shows in diesem Jahr - Gegen Ende der ECW konnte man sogar höhere Buyrates als die frühere Nummer 1 Liga der USA, World Championship Wrestling, einfahren.
Die traditionelle Face/Heel-Struktur kam in der ECW kaum zur Geltung - stattdessen versuchte die Liga ihre Worker durch großartiges Wrestling mit viel Action und harten Bumps over zu bekommen. Unter anderem bestritten in der Laufzeit der ECW Rob Van Dam, Jerry Lynn, Tommy Dreamer, Cactus Jack, Terry Funk, The Sandman oder Sabu, der sich in einem Match gegen Chris Benoit nach einem Missverständnis das Genick brach, entweder großartige technische, besonders brutale Kämpfe - oder gar beides. Dieses Konzept hatte Erfolg - soviel Erfolg, dass es - zumindestens wird es ihm vorgeworfen - Vince McMahon Jr. kopierte und seine World Wrestling Federation-Sendungen auf dieses Konzept - nur etwas softer und mainstream-geeigneter - einstellte. Das führte zu einer Feindschaft zwischen Vince McMahon Jr. und Paul Heyman. Dieser rief sogar bei einer Live-Sendung der WWF an und ließ seiner Wut freien Lauf - vor den Augen Vince McMahons und Millionen von Zusehern. Bis auf den Wrestlingstil der Liga gab es noch ein weiteres - temporäres - Kennzeichen der Company: einige Zeit lang verzichtete die ECW im Gegensatz zu vielen anderen Ligen auf eigene Musik bzw. Einzugsthemen und benutzte kommerzielle und bekannte Musik - die Eröffnungsmusik der Show enthielt zum Beispiel Teile von "Closer", einem Lied von Trent Reznors "Nine Inch Nails", und Teile von White Zombies "Thunderkiss 65".
Ein weiteres Merkmal einer erfolgreichen Company: Die meisten Wrestler liebten es in der ECW zu arbeiten, da sie hier sehr viel kreativen Freiraum genossen und sie ihr Können vor den - um etwas zu übertreiben - "fanatischen" Fans unter Beweiß stellen konnten. Letztere würdigten die Leistungen der Aktiven auch oft mit "standing ovations" und lauten ECW-Chants ( die zum "Kult" wurden ).
In den Blütejahren, Mitte und Ende der Neunziger, "regierten" Leute wie Rob Van Dam, Shane Douglas, Cactus Jack, Raven, Tommy Dreamer, The Sandman, Tazz, Terry Funk oder Steve Corino die Liga. Die bekanntesten jährlichen Veranstaltungen waren "Guilty As Charged", "November To Remember", "Anarchy Rulz" oder auch "Hardcore Heaven". Einige der bekanntesten Fehden waren Shane Douglas gegen Tazz, Tommy Dreamer gegen Raven, Tanaka gegen Mike Awesome, Rob Van Dam gegen Jerry Lynn oder auch Tajiri gegen Super Crazy.
Die ECW war in den 9 Jahren mittlerweile weltbekannt geworden, wurde als Nr. 3 der USA hinter WWF & WCW angesehen, hatte dort mittlerweile landesweit bei der wöchentlichen TV Show auf TNN ein Stammpublikum von an die 1 Million Zuseher, konnte auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz via Premiere gesehen werden und hatte selbst eigene Videospiele. Doch nach und nach verlor die Liga ihre Stars an die größeren Companys wie WWF ( z.B.: Raven, Tazz ) und WCW ( z.B.: Mike Awesome, Lance Storm ) und am 11. April musste die Company nach finanziellen Problemen zum Trauer vieler Fans Konkurs anmelden. Die ECW war somit "gestorben".
Noch in der selben Woche begann der ehemalige Besitzer und dadurch hoch verschuldete Paul Heyman seinen neuen Job - Kommentator an Stelle von Jerry "The King" Lawler bei den WWF Shows. Sein Arbeitgeber: Vince McMahon Jr. - Nichts ist unmöglich im Wrestlingbusiness.
Am 9. Juli 2001 erlebte die ECW eine wundersame Wiederauferstehung an einem Ort, wo man es Jahre zuvor wohl nie für möglich gehalten hätte: Live bei "WWF RAW is WAR". Die WWF versuchte erfolglos mit einer Fehde zwischen ihren WWF Wrestlern und den unter Vertrag genommenen WCW Wrestlern ( Zuvor hatte man die WCW gekauft ) neue Höchstratings zu erzielen. Während eines Tag Team Matches zwischen WWFs Chris Jericho & Kane gegen WCWs Mike Awesome & Lance Storm eilten plötzlich mit Tommy Dreamer und Rob Van Dam zwei ECW-Urgesteine in den Ring und taten sich mit Storm und Awesome zusammen. Scheinbar als Gegenaktion hierzu kam daraufhin eine Gruppe WWF Wrestler ebenfalls ins Seilgeviert: The Dudley Boyz, Justin Credible, Tazz, Rhyno & Raven - alle in früheren Zeiten bei der ECW unter Vertrag - täuschten vor, die vier Invasoren - die früher eben auch in der ECW arbeiteten - angreifen zu wollen, verbündeten sich aber mit diesen und griffen gemeinsam Kane und Jericho an. Kommentator Paul Heyman stieg vom Kommentatorentisch in den Ring und kündigte die Rückkehr der ECW an. Noch in der selben Show sollte ein Match zwischen WWF, WCW und der ECW stattfinden, doch die ECW und die WCW verbündeten sich zur "Alliance" und wollten die WWF stürzen. Doch so gut sie anfing - auch diese Storyline brachte nicht, was sie versprach: Stephanie McMahon wurde als neue Besitzerin der ECW vorgestellt und es kam wieder zum alten McMahon-Familienstreit zwischen Vince McMahon Jr., Besitzer der WWF, seinem Sohn Shane McMahon, Besitzer der WCW und eben Stephanie McMahon.
Nachdem auch diese Storyline zu Ende ging und nicht den gewünschten Erfolg versprachen, hatten die meisten ECW Urgesteine keine Toppositionen in den Wrestlingligen. Rob Van Dam zählt im WWE RAW Roster zu den Uppercardern, The Dudley Boyz zu den führenden Tag Teams im selben Roster, Raven steht - nach einer erfolglosen Zeit bei World Wrestling Entertainment - bei NWA:TNA im Main Event. Der Rest konnte großteils unter anderem im WWE-Roster nicht das zeigen, was sie könnten. Das liegt unter anderem an der anderen Ausrichtung und somit auch Anforderungen von World Wrestling Entertainment, an Backstagepolitik und an dem überfüllten Roster. Im Jahre 2003 wurde das Videomaterial der ECW - spät aber doch - von World Wrestling Entertainment gekauft - bleibt für viele Fans zu hoffen, dass neue DVDs erscheinen werden.
Alles in allem: Hätte es die ECW nicht gegeben, würde das Wrestlingbusiness möglicherweise nicht so aussehen, wie es derzeit aussieht. Ab und zu wird man bei Wrestlingshows noch an diese großartige Liga erinnert, wenn frühere ECW Wrestler ECW Chants zu hören bekommen.